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#1
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AW: Ein Jahr...
Hallo Stefan,
vieles, was du schreibst, kann ich nur unterstreichen. Morgens, wenn ich aufstehe, wer begrüsst mich? Meine Katzen. Wer sitzt neben mir auf dem Sofa? Meine Katzen. Was die Trauer betrifft, so hab ich festgestellt, dass sie sich ändert, wandelt. Wünscht man sich zu Anfang die Partnerin wieder zurück, betrauert man ihren Tod, so kommt mit der Zeit eine neue, verblüffende Komponente hinzu: die Wut, welche fragt "Warum hast du mich verlassen?" im Gegensatz zu "Warum bist du gestorben?". Ich glaube, das ist die Zeit, in der man langsam realisiert, wie absolut die Trennung ist. Der Kopf beginnt langsam zu begreifen, was passiert ist. Die Einsamkeit wird fühlbar. Schmerzhaft fühlbar. Nicht der Tod der Partnerin verursacht diese Schmerzen, sondern die eigene Einsamkeit. Der Wunsch nach neuer Zweisamkeit wird wach. Nicht bei allen, jedoch bei vielen. Wobei wiederum dieser Wunsch auch Ängste hervorruft. Die Angst, einen Ersatz zu suchen. Die Angst, wie geht das? Geht es überhaupt? Kann man je wieder so lieben? Kann ich mich in diesem Zustand überhaupt jemandem zumuten? Stelle ich Vergleiche an? Die Angst, nie mehr jemanden zu finden. Die Angst, weil man nicht mehr richtig weiss, mit einer anderen Frau umzugehen, um sie zu werben. Schliesslich ankerte man in einem relativ sicheren Hafen, all die Jahre. Fast 35 waren es bei mir. Und dann erste tappsige Versuche, bei denen man danebenliegt. Was einen nicht gerade aufbaut. Ich glaube, nicht verzweifelt suchen ist die Lösung, sondern sich aktiv finden lassen. Seltsame Wortwahl. Doch mir scheint sie die Lösung zu sein. 'Sich finden lassen' bedeutet Passivität. Wieso dann aktiv? Kann das auch nicht so ganz erklären. Vielleicht sowas wie Aufmerksamkeit verschenken oder einfach nur zeigen, wie auch immer, dass man wieder gewillt ist, sich auf dieses Abenteuer einer neuen Partnerschaft einzulassen ohne x-beliebig zu werden. Ich habe jetzt bald 2 Jahre hinter mir. Einige Zeit dachte ich, ich hätte es geschafft. Pustekuchen! Wie du selber schreibst, werden die Abstände grösser. Eine zeitlang waren sie auch nicht mehr so tief, die Löcher. Das ist ein Irrtum. Sie sind zwar seltener geworden, jedoch auch wieder härter, schmerzhafter aber anders eben. Womit das zusammen hängt? Ich weiss es nicht. Alles Gute Helmut Was vergessen: Was mir an deinen Postings auffällt, ist dein aufblitzender Humor. Ohne diesen Humor, den ich auch für mich reklamiere, wäre es einfach unerträglich. OK, lachen ist gesund also üben wir uns darin!
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Zeit zum Weinen, Zeit zum Lachen.
http://www.krebs-kompass.org/howthread.php?t=31376 http://www.krebs-kompass.de/showthread.php?t=48070 Die von mir im Krebs-Kompass verfassten Texte dürfen auf anderen Homepages und in anderen Foren ohne meine ausdrückliche Zustimmung weder verwendet noch veröffentlicht werden. Auch nicht auszugsweise. Geändert von HelmutL (10.01.2010 um 23:44 Uhr) Grund: Was vergessen....... |
#2
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AW: Ein Jahr...
Hallo,
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Früher hatte ich das gar nicht registriert, ich war ja nicht betroffen. Habe keinen Gedanken daran verschwendet, wie es für andere ist, lange Zeit allein zu leben. Dann aber habe ich Freunde "ausgefragt", wie sie damit umgehen. Und es gibt fast keine(n), die/der gern allein lebt. Ich glaube, dafür ist der Mensch als "soziales Tier" auch nicht geschaffen. Das kann auf Dauer nicht gut sein. Zitat:
Für mich sehe ich zwei "Probleme". Das eine ist, dass ich sehr misstrauisch bin und lange brauche, um Menschen zu vertrauen. Ich habe mich nie spontan verliebt, sondern in Frauen, die ich schon lange kannte und mit denen ich schon lange im Alltag zusammen war. Meine Frau kannte ich an der Uni anderthalb Jahre, fast täglich gesehen, auch in der Freizeit, bis es dann "funkte". Meine jetzige (die nicht will) kenne ich seit fast 10 Jahren. Und es hat auch bei der fast 2 Jahre gedauert, bis ich der völlig vertraut habe. Das Problem dabei ist natürlich, dass wir alle nicht jünger werden und in einem "eingefahrenen" Leben die Wahrscheinlichkeit, jemanden über eine so lange Zeit kennenzulernen, ziemlich gering ist. Wenn Leute im "Mittelalter" eingebunden sind in Beruf, "Restfamilie", Dorfgemeinschaft usw. - da sieht man halt immer die gleichen Leute, hat auch viel weniger Zeit. Nicht so wie damals in der Jugendzeit, wo man an Schule oder uni hunderte von Leuten gesehen hat und bei Bedarf immer spontan Zeit hatte und viel unternehmen konnte. Das andere ist, dass meine Frau und ich mit dem "sicheren Hafen" natürlich etwas hatten, was lange und hart erarbeitet war. Meine Frau wollte mich erst nach 12 gemeinsamen Jahren heiraten. Erst da hatten wir so viele Krisen durch, dass auch sie gedacht hat: ja, das hält für's Leben. Also liegt die "Messlatte" für eine "würdige" Nachfolgerin sehr hoch. Und natürlich stelle ich Vergleiche an. Und zwar sehr kritische. Weil ich mir sage: wenn ich in meinem Alter nochmal soviel "Beziehungsarbeit" leisten soll wie meine Frau und ich damals, dann nicht für irgendjemanden. Sprich: ich bin da nicht besonders "kompromissbereit". Und auch viel andspruchsvoller als früher, was die nötige Toleranz einer Partnerin gegenüber meinen vielen Macken betirfft. He, ich bin Mitte 40, ich habe meine guten und schlechten Eigenschaften, und im großen Ganzen bin ich mit mir meist so halbwegs im Reinen. Da habe ich lange für gebraucht, und das gebe ich nicht auf. Und ich will gar nicht mehr so flexibel sein, mich um einer Partnerschaft willen "umkrempeln" zu lassen. Simples Beispiel: ich werde mein Zuhause, den kleinen Bauernhof am Arsch der Welt, nicht aufgeben. Absolut unvorstellbar, in eine Stadtwohnung zu ziehen. Oder Hündchen abzugeben. Für niemanden. Weil ich genau hier hingehöre. Wenn das nicht akzeptiert wird, dann lieber allein mit Haustieren oder Rentner-WG statt 2er-Beziehung. Oder Fern- / Wochenendbeziehung. Solche Ansprüche engen die Auswahl natürlich ziemlich ein Auch sonst stehe ich nicht besonders unter Druck. Sex interessiert mich gar nicht (Libidoverlust ist halt die klassische Nebenwirkung von Antidepressiva). Körperliche Nähe vermisse ich schon mitunter, aber auch nicht allzu oft. Ich bin eher "unnahbar" - "unkörperlich", darüber hat meine Frau sich all die Jahre beschwert, war unser größtes und chronisches Partnerschaftsproblem. Gemeinsames Schlafzimmer ist mit mir nicht, soviel Nähe macht mich nervös, dann werde ich unerträglich. Wenn ausser mir einer jede Nacht in meinem Bett schlafen darf, dann ist es die Katze. Und sonst niemand. OK, der Hund dürfte auch, wenn er nicht so groß (40 kg Klasse), dreckig und haarig wäre... Zitat:
"Ich glaube nicht an ein Leben nach dem Tod. Aber ich habe vorsichtshalber immer frische Unterwäsche zum Wechseln dabei." Ich bin also vorbereitet, falls das Unglaubliche eintreten sollte Viele Grüße, Stefan Viele Grüße, Stefan Geändert von Stefans (13.01.2010 um 15:01 Uhr) Grund: was vergessen |
#3
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AW: Ein Jahr...
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Hallo Stefan, auch ich liebe den schwarzen...vor allem den Galgenhumor. Woody Allen und ich und Bette Middler haben jährlich den Geburtstag gemeinsam...das hat wohl auf mich abgefärbt Humor ist der Schwimmgürtel auf dem Strom des Lebens (k.A. von wem das ist) Nach dem Untergang der Titanic laß' uns jeder eine Holzplanke schnappen und einfach mal übers Meer schippern....gibt bestimmt was zu gucken...und wenn uns nur ne Möwe auf den Kopf schxxt....ich glaube HelmutL würde bestimmt mit-paddeln und mit einer Hand photographieren.... Grüß mir Katz und Hund! LG Morgana
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Die Seele hätte keinen Regenbogen, wenn die Augen nicht weinen könnten. [Indianische Weisheit] |
#4
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AW: Ein Jahr...
Hallo Morgana,
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Mit Hündchen habe ich vorhin im Schnee (er _liebt_ Schnee, wie wohl alle Hunde) sein Lieblingsspiel gespielt: Klau mir doch den Ball, wenn du kannst! Natürlich kann ich nicht, schließlich ist Hündchen viel schneller als ich und hat die bessere Kondition. Deswegen ist es ja sein Lieblingsspiel, weil da gewinnt er immer. Ich pfeife nach 10 Min. auf dem letzten Loch, und er guckt mich (aus sicherer Entfernung natürlich) erwartungsvoll wedelnd an und fragt "was ist los, Weichei, wieso gibst du schon auf ???" Natürlich könnte ich ihn zu mir rufen und ihm befehlen, den Ball fallen zu lassen... aber ich bin doch kein Spielverderber Zitat:
Aber das ging doch nicht. Ich musste sie allein lassen, hatte ja "nebenher" noch einiges zu tun und musste auchmal schlafen Jedenfalls, da habe ich versagt, ich konnte ihr diese schlimmste Angst nicht nehmen, und das beschäftigt mich nachhaltig. Ich weiss aber auch nicht, wie ich es anders / besser hätte machen können ?!?! Viele Grüße, Stefan |
#5
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AW: Ein Jahr...
Hallo Stefan,
Ach ja.... mit den Planken meinte ich ja ...auch: Egal, was kommt...Absaufen...ein bißchen plätschern...der Horizont ist weit...und dahinter...vieleicht wartet ja (doch) jemand.... Allerdings ist gegen ein letztes Getränk im Salon - gerne Champagner oder ein guter Roter nix einzuwenden...wenn die Wellen zusammenschlagen...der Kellner längst das Weite gesucht hat...dann rollen uns die Flaschen mit samt Kübel entgegen.... "Schiffbruch erleiden"...hat man wirklich verloren? Nö, ich denke, wie auch immer, ein Prost auf den Untergang oder ein Prost auf das was noch kommt = Prosit (lat. es möge nützen ). Meine Katze (klein-knappdreifarbiggemustert-gut durchorganisiert) lebt ja ausschließlich häuslich. Sie ist der Typ für "Reich mir mal nen Schraubenzieher, die Schranktür krieg ich auf". Sie findet alles, was sie haben möchte! Wohingegen der Kater (wesentlich grösser-weißgrau-Sensibelchen) seinen Charme mit Mandel-förmigen Augen und herzerweichendem Miauen verbreitet. "Ach ist der süüüß" - so ein Typ ist das! Respekt, dass Du so ein guter Verlierer bist mit Hündchem im Schnee. Ich glaube Hund liebt Dich dafür! Schnee...das ist für mich sowas Grausliches. Ich mag den Winter so gar nicht. Es ist kalt - und es ist weiß...und ich mag die Farbe Weiß nicht. Sie strengt mich an, weil ich da irgendwie nix mehr sehe außer Weiß und ich mag kein Weiß! Wenn erst die ersten lila Krokusse rauskommen, dann...könnte ich heulen vor Freude! Ja....die Angst Deiner Frau, die Du beschreibst...da habe ich ähnliche Erfahrungen mit meinem Mann, die mir auch im Gedächtnis herumspuken... Ich konnte ihm seine Angst auch nicht nehmen! Ich habe ihn in den Armen gehalten...."unser" Lied vorgesungen...ihm gesagt, dass es ok ist, wenn er gehen will...Ich glaube, diese Angst ist so archaisch, dass die Weiterlebenden an ihre Grenze geraten. Ich habe ja Deine Geschichte gelesen und ich bin überzeugt, dass Du es so richtig gemacht hast. Du hättest nicht mehr tun können, Du hättest nichts anders machen können. Ja, es schmerzt daran zu denken. Doch Du darfst stolz auf Dich sein...wenn Du mal in Gedanken alle Momente durchgehst, die Du mit Deiner sterbenden Frau gelebt hast...da wird es "rund" und dieser nagende Gedanke, der wird schwächer vor dem Liebesdienst den Du an ihr geleistet hast! LG Morgana
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Die Seele hätte keinen Regenbogen, wenn die Augen nicht weinen könnten. [Indianische Weisheit] |
#6
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AW: Ein Jahr...
Zitat:
ich habe schon oft bei Dir gelesen, aber noch nie geschrieben... glaube ich. Das was Du da beschreibst, ja... genauso geht es mir auch. Meine Mama hat vom Tag der Diagnose an JEDEN Tag geweint dass sie nicht sterben will, dass sie solche Angst davor hat. Einmal bat sie mich sogar ihr zu versprechen dass sie nicht sterben muss. Ich dachte manchmal ich werde verrückt. Als es ihr immer schlechter ging sah sie, unter anderem, meinen Vater. Sie waren schon lange bevor er starb geschieden, und diese Scheidung war der klassische Rosenkrieg. Bevor er auszog gab es oft Streit, er demütigte sie, er schlug sie... Kurz vor ihrem Tod sagte sie, dass er da gewesen sei... er habe überall weisse Tücher ausgelegt. Ich interpretierte das spontan als Friedensflaggen... Sie weinte dass sie Angst habe dass er sie "da oben" weiter quälen würde. Als ich ihr antwortete dass er das sicherlich nicht tun würde, ich sei sicher dass, wenn er sich "da oben" nicht benimmt, er eh rausfliegt. "Meinst Du?!?!?" "Na klar, wenn er da rumstreitet fliegt er raus" Ich glaube dieser Gedanke hat ihr ein bisschen gefallen, zumindest entlockte es ihr ein Lächeln. Trotzdem... gute zwei Wochen bevor sie starb schaute sie mich nicht mehr an... starrte nur ins Leere. Wenn ich mich in ihren Blick stellte... weinte sie wieder... weinte dass sie nicht sterben will, dass sie so entsetzliche Angst hätte. Und ich? Ich konnte ihr nicht helfen... ich konnte es nicht verhindern. Ich war hilflos,.... und dadurch auch manchmal taktlos. Einmal sagte ich: "Ich weiss Mami, aber irgendwann müssen wir alle sterben... es ist die einzige Garantie im Leben die wir haben" Ich fand es etwas taktlos, kaum dass ich es ausgesprochen hatte... sie aber fand es fast beruhigend. Wir haben getan was wir konnten... ich habe den Palliativdienst gefeuert und war wild entschlossen das auch alleine mit dem Hausarzt zu schaffen... 36 Std. hatte sie Ruhe... leider nur 36 Std. ich wünschte heute ich hätte den Dienst viel viel früher gefeuert... oder am besten gar nicht erst dazugeholt... Aber... 36 Std. hatte sie Ruhe... immerhin. Und als sie dann ging... hatte ich sie feste im Arm... eine Hand hielt mein Mann, die andere hielt Julia, meine Tochter. Mehr ging nicht, und obwohl ich auch etwas Angst vor dem "danach" habe... ich hätte ihr diesen Weg gerne abgenommen. Sterben ist in den seltensten Fällen wie im amerikanischen Spielfilm... ein gütiges Lächeln des Sterbenden,... in blütenweisser Bettwäsche... leichtes Make-Up und ein gehauchtes "Ich danke Dir, für alles"... und dann werden die Augen geschlossen und das war es. Schön wäre es,wenn es so wäre... war es aber nicht... Ich kann nur hoffen dass ich sie mit meiner Hilflosigkeit nicht noch mehr gequält habe als die Krankheit es schon tat... und dass sie in Frieden gehen konnte. Ich hoffe es... Lieber Stefan, lieber Helmut... ich drück euch jetzt einfach mal ungefragt... Alles Liebe Jasmin Und jetzt... wünsche ich mir nur noch einmal 5 min. mit ihr...
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Meine Mama: ED 12.11.2008 Kleinzelliges Bronchialkarzinom, T4 N3 M1 (multiple Hirnfiliae) 4 Zyklen Cisplatin und Etoposit, Ganzhirnbestrahlung, dann Tumorprogression, April 09 neue Lungenmetastasen und obere Einflussstauung. Keine weitere Kontrolle, keine Chemo mehr... nur Hoffen auf ein kleines bisschen mehr Lebensqualität...Am 28.07.2009 um 11:26 Uhr Meine Mama ist in meinen Armen für immer eingeschlafen... |
#7
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AW: Ein Jahr...
ein stiller gruß stefan
lg gitti
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mein Mann: Adenokarzinom man sieht die Sonne langsam untergehen und erschrickt trotzdem wenn es dunkel ist - Kafka |
#8
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AW: Ein Jahr...
Hallo Gitti,
Das freut mich,danke! Schon deshalb, weil du einen fast (aber nur fast ) so schönen Wauzi wie ich hast. Auch so ein Knickohr? Ich bitte dringend um ein größeres Foto. Viele Grüße, Stefan |
#9
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AW: Ein Jahr...
Hallo,
Der liebt mich sowieso - genau so sehr wie ich ihn - seit den etwa 5 Sekunden, die wir im Tierheim brauchten... vom ersten Blickkontakt bis zum Pakt: "Wir gehören lebenslang zusammen" Unser Killerkätzchen sprüht vor Charme. Ist eine ganz kleine zierliche, ein Karthäuser-Mischling, blaugrau mit weissen Socken und grünen Augen. Kann aber auch ganz böse gucken (siehe unten) und Hündchen, wenn er zu aufdringlich an ihr rumschnüffelt, mit einem Tatzenhieb eine blutige Nase verpassen. Zu der hatte ich bis wenige Monate vor dem Tod meiner Frau nie richtig Kontakt, weil das Fenster, das für sie offen war, halt im Schlafzimmer meiner Frau war. Seither ist es das Fenster in meinem Zimmer, und nach und nach habe ich die lieben gelernt. Obwohl sie eine echte Dorfkatze ist. Im Sommer, wenn ihr Fenster immer auf ist, sehe ich die oft tagelang nicht. Irgendwann kommt sie aber schon mal vorbei, das merke ich spätestens daran, dass frische Mäuse auf meinem Bett liegen (wenn ich Glück habe, leben sie nicht mehr, sind aber noch nicht halb aufgefressen) oder das Futter im Napf etwas weniger geworden ist... Im September ging's mir nicht so gut, da war ich mit Hündchen recht kurzfristig eine Woche im Urlaub am Meer. Killerkätzchen habe ich da mit etwas schlechtem Gewissen einfach für 7 Tage ausgesperrt. Aber kaum war ich wieder da, saß sie schon auf der Fensterbank und wartete auf Einlaß. Auch eine treue Seele Zitat:
Im Ernst: ich denke, ich kann mit dem Tod meiner Frau auch deshalb im Großen Ganzen recht "selbstzufrieden" leben, weil ich da (und die Zeit vorher) eben nicht versagt habe. Und mit Versagen und Schuldgefühlen kenne ich mich als Depri schon lange gut aus. Zitat:
Zitat:
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Zitat:
Ja, wir hier auch. Was du beschreibst, diese Verwirrtheit (wie mit den weissen Tüchern vom Ex bei deiner Mutter), das hatte meine Frau nur ganz kurz vor ihrem Tod. Nachmittags war sie noch geistig fit, abends nicht mehr, und früh um 4 ist sie gestorben. Mit die letzten Worte, die sie zu mir gesprochen hat, waren: "Onkel Heinz". Da war ich ratlos, weil ich in 23 Jahren mit meiner Frau noch nie von diesem Onkel gehört hatte. Nachher hat sich das aufgelöst, da habe ich meine Schwägerin gefragt. Onkel Heinz war der, der (eher zufällig) beim Tod des Vaters meiner Frau im Krankenhaus dabei war, weil er halt gerade auf Besuch kam... Wie meine Frau darauf kam, keine Ahnung. Sie hat ihren Vater immer gehasst, der hat sie von klein auf verprügelt und auch später als Erwachsene immer wie den letzten Dreck behandelt. Aber was weiss ich. Vielleicht sind die letzten "nebligen" Gedanken beim Sterben so wie Träume - da weiss man ja auch meist nicht, warum einem gerade das oder das in den Sinn kommt. Jedenfalls machte im nachhinein diese letzte Ansprache meiner Frau durchaus Sinn. War ich halt _ihr_ "Onkel Heinz", der dabei war, als sie die letzten Atemzüge tat. Viele Grüße, Stefan Viele Grüße, Stefan Geändert von Stefans (14.01.2010 um 14:13 Uhr) |
#10
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AW: Ein Jahr...
Bin ich anders?
Ihr schreibt hier so frei und offen über Eure Empfindungen, den Umgang mit der Trauer, der Verarbeitung des Verlustes, ich hab mich bisher nie getraut, auch nur ein Wörtchen darüber zu sagen, gechweige zu schreiben, vielleicht wirds mir besser gehen, wenn ich mal etwas loswerde. Eigentlich gehöre ich ja nicht hierher, bin zwar selbst Betroffene, auch Hinterbliebene, denn mein Mann starb vor 20 Jahren ohne Abschied, beiderseits ohne einen Gedanken an einen evtl. Tod (er war im KH wegen starker Luftnot aufgrund einer Bronchitis) innerhalb von 3 Tagen. Diesen Schock hab ich bis heute nicht überwunden, habe ihn nur verdrängt, tief in mir vergraben und lebe mit dem Gedanken... er ist nicht da, nun gut...war ja früher auch so wenn er auf Dienstreise war. Mein Problem nach lesen all Eurer Beiträge ist die Feststellung, zwar mit meinem ganzen Wesen Anteil am Geschick anderer zu nehmen, am Schmerz, der Verzweiflung und der Hoffnung, die in Euren Beiträgen ausgedrückt wird, empfinde genau wie Ihr die Leere in der Wohnung, das Fehlen der Gemeinsamkeit die Gespräche, die Gefühle, das gegenseitige Verständnis und doch ist in mir etwas, das für meine eigene Person alles abblockt, es wie einen fernen Traum erscheinen läßt und die Wirklichkeit negiert Seit dem Tode meines Mannes, als ich in dieses Loch fiel, spiele ich wohl nur noch Theater, zeige nach außen Mut, Kraft und Zuversicht, drum wird auch gesagt, ich vermittle Zuversicht, Mut und Kraft (stimmt es so wirklich, vielleicht nach außen ja, daß ist auch meine Absicht anderen zu helfen, aber ist es so für mich richtig?) Ich stürzte und stürze mich immer noch in viel ehrenamtliche Arbeit, packe mich voll mit Aufgaben, betreue soweit es mir möglich ist Alte, Kranke und Verzweifelte (in einer Selbsthilfegruppe und bei den Senioren im Club) sodaß ich nicht oder nur selten zu mir selbst kommen kann. Bin ich innerlich versteinert? Gegenüber meiner Person bin ich gleichgültig geworden, kleide mich, putze jmich sogar, alles für die Öffentlichkeit... weil es sich so gehört..., aber alles bringt mich nicht zur Ruhe, nur Zufriedenheit, hin und wieder ein gutes Werk vollbracht zu haben Zu Anfang war es, um Ablenkung zu bekommen, inzwischen ist mir diese ehrenamtliche Arbeit zum Bedürfnis geworden...auch wenn das ständige "Abschiednehmen" in der Krebsgruppe mich an die eigenen Erkrankungen erinnert . Ja, ich habe viel schweres erlebt, unsere Mutter starb mit 51 Jahen an Brustkrebs, der Bruder starb an Krebs, meine ältere Schwester hat Hautkrebs, aber andere Menschen doch auch, warum kann ich mit meinen Erinnerungen nicht leben, verdränge sie, nehme nicht mal meine eigenen Schmerzen, Unruhe, ja Unrast ernst? Dabei bin ich wahrlich kein Held, bei jedem Zipperlein erschlägt mich fast die Angst, aber dann zwinge ich mich zu der Überlegung...stell dich nicht so an, ist nicht schon wieder ein Krebs, vergeht auch wieder... und hinterher verhöhne ich mich selbst und denke dann an meine Mitmenschen, stelle sie in den Vordergrund, ihre Leiden, Ängste und Sorgen. Und- mein Mann begleitet mich bei all meinem Tun - er, der immer sagte... nicht der Einzelne ist wichtig sondern das Ganze, die Menschheit...,ist deshalb meine Seele, mein Inneres so allein oder hab ich mich verschlossen und zeige nach außen ein frohes Gesicht um ja nicht zu zeigen, wies in mir aussieht? Am Abend, wenn die Ablenkung vorbei ist, ich allein hier sitze dann laufen die Gedanken, was für einen Sinn hat dein Leben eigentlich noch, für andere da zu sein - schön und gut - was bleibt für dich? Die Einsamkeit. Ist das der Sinn der Lebens, die Zeit, die mir hier noch vergönnt ist für die Allgemeinheit einzubringen? Manchmal denke ich mach Schluß, was solls noch, aber ich hab mir das Leben nicht selbst gegeben, kanns mir also auch nicht nehmen. Ein Teufelskreis - find einfach keinen Ausweg aus all diesen meinen Gedanken. Falsch oder richtig, ich weiß es nicht, weiß nur, daß ich alles was ich hier geschrieben habe wohl wieder tief in mir vergraben muß. Es ist nicht meine Art, vor mir selbst davonzulaufen, aber mir bleibt wohl keine anderer Weg oder fliehe ich vor der Wahrheit und der Wirklichkeit des Lebens oder ist es "man kann nicht immer stark sein"? Meine Krebserkrankungen sind vorbei, meine Einstellung ist... du bist operiert, die Krebse sind raus, also bis du gesund - und - ich denke auch nicht mehr oft daran, versuche die schönen Momente des Lebens zu erhaschen durch Theater, Konzerte, Bücher, aber nicht mehr durch private Kontakte. |
#11
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AW: Ein Jahr...
Liebe Esmiralda,
Du hast Schweres erlebt. Du bist sehr wahrscheinlich älter als ich (52). Deine Zeilen haben mich sehr angesprochen. Auch wenn ich so zurück denke, da waren Abschiede...meine Mutter starb mit fast 49 Jahren an einem Hirntumor, mein Lebensgefährte mit 44 an Bronchialkrebs, meine gute Freundin mit 89 an Darmkrebs...mein Schwiegervater mit 90 schwer dement...und dann...der Mann mit dem ich alt werden wollte mit 56 Jahren.... Ja...ich habe mit 25, mit 33 Jahren...eben weitergemacht... War ja auch nicht gerade ein Thema was mein Umfeld verstanden hätte... Erziehung spielte da auch eine große Rolle: MeinGroßmutter sagte, unbekanntes Zitat: "Zeige der Welt ein lachend' Gesicht - Tränen im Augen verstehen sie nicht. Wenn Dir das Herze auch brechen will: Lache, Lache und sei still". Ich habe lange gebraucht um für mich einzugestehen, dass ICH ein Recht darauf habe, zu trauern, nicht die "Starke" sein zu müssen. Oh ja - auch ich habe mich ehrenamtlich engagiert - das war so etwas, wie die Lücke auszufüllen. Viel gegeben...doch letztlich...habe ich eingesehen, dass das nicht mein Leben sein kann; die Verlassenheit ließ sich nicht länger verdrängen. Du hast selbst als Betroffene den Krebs erlebt. Ich finde es ganz toll, dass Du den Mut hattest, Dich "zu Wort zu melden". Denn genau dazu soll der Austausch im KKF dienen! Ja, es ist gut im Leben Bilanz zu ziehen - und ganz wichtig sich zu fragen: "Tut mir das gut, was ich mache?" Die Erinnerungen an das Abschiednehmen, werden uns immer begleiten - immer wieder wenn es eine solche schwere Situation gibt, werden wir "zurückgreifen" auf das Erlebte. Vielleicht...greift bei Dir der Satz: "Anderen geht es doch viel schlechter!" Puh - mach dich mehr und mehr frei davon. Du hast Deinen eigenen Schmerz und ein Recht darauf! Ich kenne das Gefühl, abends nach getaner Arbeit, diese besondere "Ruhe" zu ertragen, wo keiner mehr mit mir auf der Couch sitzt und über den Tag redet; keiner mehr da ist, der mich einfach in den Arm nimmt...mit mir Salzstangen kaut und irgendeinen Film im Fernsehen schaut. Es sind ja nicht die großen Erlebnisse die fehlen, sondern diese einzigartige Zweisamkeit... Nix von dem was Du geschrieben hast solltest Du in Dir vergraben! Im Gegenteil: Durch Deine ehrliche Schilderung kannst Du anderen Menschen Mut machen, dass sie mit ihren Gefühlen nicht alleine stehen! Nein - es gibt keinen Grund immer stark zu sein! Ich finde das Leben ist irgendwie nicht gerecht...stets eine Herausforderung, was wohl "morgen" wieder passieren wird. Dennoch: Neuer Tag neue Chance! Ich gestehe es mir ein, dass es mich langweilt, wenn sich andere Menschen über die Erhöhung von Lebensmittelpreisen, Benzinkosten oder "Na ja...nach 20 Jahen Ehe, da ist das nicht mehr so...wie am Anfang" beklagen. Oh... jaa - deren Sorgen...sind nicht meine. Ich möchte Dich gern bestärken, dass Du, indem Du hier Dir ein Herz fasstest Deinen Lebensweg zu reflektieren, Dir vielleicht schon selbst eine Antwort gegeben hast. Du bist wichtig - erstmal für Dich und dann...gerne für andere! "Theater, Konzerte, Bücher"...das ist doch was - und was die privaten Kontakte betrifft: Das kann kommen, wenn Du dann bereit bist. Es gibt Hoffnung! LG Morgana
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Die Seele hätte keinen Regenbogen, wenn die Augen nicht weinen könnten. [Indianische Weisheit] |
#12
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AW: Ein Jahr...
Zitat:
Stefan, dein Hund ist ein schlaues Kerlchen. Er weiss genau, dass, wenn du rufst, er gehorchen muss. Gerade deshalb steht er so auf deiner Seite, wenns drauf ankommt. Warum Hunde allerdings den Schnee lieben ist mir ein Rätsel. Obwohl ich bereits oft ebensolches beobachten konnte. Ein grosses Problem mit neuer Partnerschaft ist ja auch das: der/die Andere hat genau wie wir ihre Eigenarten, Ecken und Kanten, Gewohnheiten, die er/sie nicht aufgeben möchte/kann. Wir alle sind nicht mehr so biegsam wie vor vielen Jahren. Sah man in der Jugend über so manche Eigenart der Partnerin oder des Partners hinweg oder gewöhnte sich eben daran, so wird das mit zunehmendem Alter immer schwieriger. Auch in der Hinsicht wird man müde und will nicht mehr. Ich z.B. liebe es meine Socken vors Bett auf den Boden zu werfen, was für andere bereits ein Scheidungsgrund ist . Die Sexualität, das ist ein zweischneidiges Schwert. Sie bekommt mit zumehmendem Alter einen ganz anderen Stellenwert als in der Jugend. Nicht mehr der "Arterhaltungstrieb" steht im Vordergrund sondern eher der Spass an der Freude. Ich konnte feststellen, dass sie sogar viel intensiver wird, weil gänzlich ohne Zwänge. Was ich allerdings am meisten vermisse ist einfach Körperwärme. Dass jemand da ist, an den man sich anlehnen kann. Nicht nur körperlich sondern auch mental. Genau so wichtig ist, dass man jemand in die eigenen Arme nehmen kann, wenn er/sie es möchte. Nicht mehr gegen die Wand reden und mein Echo hören und gegen ein bisschen kribbeln im Bauch hätte ich auch nichts einzuwenden. Dazu braucht es nicht unbedingt ein ständiges, räumliches Zusammensein. Jeder sollte seinen Freiraum haben. Den brauchen wir, die Narben sind zu tief bei allen Beteiligten. Deiner Frau hättest du diese Angst auch nicht nehmen können, wenn du tatsächlich an ihrem Bett geblieben wärst. Es war ihre Angst, ihr ureigenstes Gefühl. Das kann man teilen, gemeinsam erleben, jedoch nicht abnehmen. Das geht nicht, nicht in dieser Situation. Sie hatte diese Angst auch, als du ihre Hand hielst. Eure Wege hatten sich da bereits getrennt. war schon lange kein gemeinsamer Weg mehr. Du konntest den ein oder anderen Stein aus ihrem Weg räumen. Gehen musste sie ihn alleine, letztendlich. Diese Steine hast du beseitigt, mehr konntest du nicht tun, mehr stand nicht in deiner Macht. Sie hatte nur noch ein einziges, grosses Ziel, du hattest Verantwortung für dich und andere. Also mach dir deswegen keinen Kopf. Ich weiss, dass diese Gedanken immer wieder kommen, der Kasten da oben zwischen den Ohren lässt sich nicht abschalten. Nur, irgendwann findet man ehrliche, stichhaltige Gegenargumente. Tja, die lieben Haustiere. Meine beiden Katzen sind eher von dem Typ: "Ich mag dich, weil du den Dosenöffner bedienen kannst." oder "Ich mag dich, weil, wenn du auf der Couch liegst, man so schön weich und warm auf deinem Bauch schnurren kann." . Alles Liebe Helmut
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Zeit zum Weinen, Zeit zum Lachen.
http://www.krebs-kompass.org/howthread.php?t=31376 http://www.krebs-kompass.de/showthread.php?t=48070 Die von mir im Krebs-Kompass verfassten Texte dürfen auf anderen Homepages und in anderen Foren ohne meine ausdrückliche Zustimmung weder verwendet noch veröffentlicht werden. Auch nicht auszugsweise. |
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