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  #1  
Alt 09.09.2007, 17:14
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monkeponke monkeponke ist offline
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Standard AW: So tun als ob alles o.k. ist!?!?

Hallo ihr Lieben,

ich denke ihr habt alle recht, ich bin viel zu höflich. Ich bin immer so überrascht von der Dreistheit meiner Mitmenschen, dass ich nicht aus meiner Haut kann.
Meine Mitmenschen sind nicht höflich zu mir, also muss ich lernen, meine Höflichkeit mal abzulegen.

Ich habe gerade bei Simmoton gelesen und er beschrieb gerade, dass ...ich mir quasi überlegen sollte, was die Krankheit mir für Vorteile bringt und wie ich diese auch ohne Krebs erreichen könnte....!
Ich glaube, ich muss egoistischer werden und nicht ständig Schuldgefühle habe wegen Nichts und Jedem.

Es geht mir dank Eurer Antworten viel besser. Eure Antworten haben mich von meinem Selbstmitleid abgelenkt und mir neue Aspekte zum Nachdenkengegeben.

Es ist wirklich ein Unding, dass ich vier neue Knoten fühle und meine Gynäkologin mich so lange hinhält. Ich habe ans Krebszentrum in Darmstadt gemailt, an meinen operierenden Arzt und ihm meine Situation geschildert und er hat mir gerade geantwortet und gemeint, dass ich ohne Krankenschein zu ihm kommen kann....!
Allein diese Option ohne sie bereits genutzt zu haben, gibt mir ein sicherers Gefühl. Ich fühl mich viel besser.

Vielen Dank meine lieben Mitkrebsis.....

Ich rufe gleich morgen an und mache einen Termin, also drückt mir die Daumen.
Ich wünsche Euch auch nur das Beste.

Monkeponke
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  #2  
Alt 10.09.2007, 14:10
Stefans Stefans ist offline
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Standard AW: So tun als ob alles o.k. ist!?!?

Hallo Monja,

Zitat:
Zitat von monkeponke Beitrag anzeigen
Eure Antworten haben mich von meinem Selbstmitleid abgelenkt und mir neue Aspekte zum Nachdenkengegeben.
Ich habe diesen threead erst mit einiger Betroffenheit - und mit vielen Parallelen zu meiner Frau (auch BK) und mir - gelesen. Und ganz wichtig vorab: ich finde keineswegs, dass du selbstmitleidig bist. überhaupt nicht!

Vielem, was andere in diesem thread schon geschrieben haben, kann ich nur zustimmen. Z.B. den "Sauger-" oder "Vampir-Persönlichkeiten", die nie etwas geben, sondern nur nehmen. Und dem Typ von Persönlichkeit, zu dem du vielleicht gehörst (musst du selbst wissen, ich will um Gottes willen nicht 'fernpsychologisieren'), und zu dem meine Frau mit Sicherheit gehört: der, der sich schon lange immer hat ausnutzen lassen. Und der das geschafft hat, solange er voll einsatzfähig war. Und dem das vielleicht auch geschmeichelt hat. Als 'power-Mensch' für andere da zu sein, kann ja auch befriedigend und schön sein.

Nur kommt dann in einer Lebenskrise der Punkt, wo mensch merkt: ich schaffe das nicht mehr. Ich war immer für andere da und habe mich um sie gekümmert. Jetzt habe ich keine Kraft mehr - und brauche jemanden, der sich um mich kümmert. Und natürlich ist dann keiner da. Weil du für die anderen 'ganz plötzlich' eine andere Persönlichkeit bist. Und weil natürlich niemand nachvollziehen kann, dass man z.B. Knochenschmerzen nicht sieht und von aussen nicht begreifen kann, wie schlecht es dir geht. Das ist IMHO meist gar nicht böswillig gmeint, sondern liegt in der menschlichen Natur: die eigene Erkältung ist zehnmal schlimmer als der BK eines anderen. Weil be-greifen IMHO nur über persönliches Erleben geht. Und niemand, der deine Erlebnisse nicht teilt, dich wirklich verstehen kann.

Dass dein Umfeld Schwierigkeiten damit hat, dass Monja plötzlich 'anders' ist und (wie böse!) EGOISTISCH wird, ist klar. Und natürlich werden die Menschen versuchen, das so lange wie möglich zu ignorieren - und dich weiterhin so mit allem und jedem zu belasten, wie sie das von früher bei dir gewohnt sind...

Das kenne ich von meiner Frau und mir nur zu gut. Wir sind beide seit ewig "depressive Persönlichkeiten". Auch ich habe meine Frau noch lange, nachdem wir liiert waren, für eine "power-Frau" gehalten. Bis sie darunter zusammengebrochen ist, und klar war: diese 'power' war im Grunde eine 'Persönlichkeitsstörung' (das ist nicht abwertend gemeint, mir fehlt nur gerade der rechte Begriff dafür) oder 'Veranlagung', die sich durch folgendes auszeichnet: dem Wunsch, immer fit zu sein, immer perfekt zu sein, immer Rat zu wissen, sich immer zu kümmern, nie Anlass zur Kritik zu geben, und es möglichst immer allen recht zu machen.

Für das, was du nach deiner Schilderung immer gemacht hast, als du noch konntest, gab es in den guten alten Zeiten der lila-Latzhosen-Emanzipation einen sehr treffenden Begriff: Reproduktionsarbeit. Du hast gearbeitet, damit es anderen gut geht. Für Schwester, Bruder, Eltern... eine Art ehrenamtliches "Familienmanagement", damit sich alle wohl fühlen und es keinen Ärger gibt. Das ist auch genau das, wofür Frauen leider immer noch erziehungsmäßig gedrillt werden: selbstlos dafür sorgen, das andere sich wohl fühlen und möglichst wenig selbst arbeiten und nachdenken müssen. In dem Sinne war schon meine Grossmutter eine 'power-Frau'. Aber honoriert wurde es ihr nie - so wie dir im Moment auch nicht. Du hast in einem posting gesagt, du seist zu "höflich" - sagt meine Frau auch von sich, was mich immer tierisch ärgert: weil für mich diese 'Höflichkeit' eine nebulöse Umschreibung eines sozialisierten Verhaltensmusters des Selbstaufgabe ist. Das ist nicht höflich, sondern - im Sinne der eigenen Gesundheit - letztendlich selbstzerstörerisch :-(

Ich glaube, an dem Punkt, an dem du jetzt bist - und den sicher ganz viele der hier teilnehmenden Frauen (und auch manche Männer) nur zu gut kennen, gibt es nur zwei Möglichkeiten: entweder, unter der Belastung irgendwann zusammenzubrechen. Dann kann verschiedenes passieren: du gehst zum Hausarzt und läßt dich mit Tranquilizern abfüllen, damit du diesen Zustand noch irgendwie ertragen kannst - das ist unter Frauen in D seit Jahrzehnten millionenfach bewährt. Oder du kommst irgendwann in die Klapsmühle. Oder du bringst dich um. Oder fängst das Saufen an (wobei das eher die männliche Variante ist). Oder du entwickelst dich zu einem chronisch unzufriedenen Menschen, der den Rest seines Lebens an allem und jedem herummeckern muss. Oder...

Oder... du stellst dich auf die Hinterbeine und gehst in die Offensive - und lernst, ein kleines, aber ebenso wichtiges wie schwieriges Wort laut auszusprechen: NEIN

NEIN - ich KANN UND WILL NICHT die kostenlose Kita für Schwesters Sohn spielen. NEIN - ich KANN UND WILL NICHT selbstgekochte Menüs für Bruder und Schwägerin zaubern, wenn ich krank bin. NEIN - ich KANN UND WILL NICHT kostenlos Hotel mit Vollpension für irgendwelche Verwandten spielen. NEIN - ich KANN UND WILL NICHT mit einem Pfaffen diskutieren.

Und immer immer wieder: NEIN - ich KANN UND WILL NICHT...

Wenn du das 1000 mal gesagt und getan hast, wird es irgendwann mal jemand aus deiner Familie begreifen. Dass das eine harte Übung ist, gerade weil du im Moment krank und schwach und selbst hilfsbedürftig bist, ist völlig klar. Aber wenn du es jetzt nicht tust... wann dann?

Meine Frau und ich haben (als chronische Depris) ewig gebraucht, das zu erkennen - und Beziehungen neu zu gestalten. Nämlich nur noch mit den Menschen zu tun zu haben, mit denen ein Gleichgewicht zwischen Nehmen und Geben besteht. Und sich gegen die 'Sauger' und 'Vampire' zu wehren. Und sei es mit zeitweisem oder endgültigem Kontaktabbruch. OK, da trennt sich bei den Mitmenschen schnell die Spreu vom Weizen. Aber um die, die dabei aussortiert werden, ist es nicht schade. OK, im Moment schon, und da ist es schmerzhaft - aber langfristig ist es gut und richtig, und man lebt besser damit.

Aber von dem, was du über dich schreibst, habe ich schon den Eindruck, dass du den richtigen Dreh finden wirst. Wir haben hier auch "nichts zu tun" - obwohl unser Garten nur 1 Fussballfeld gross ist, nicht 2 ;- und können da übrigens Schafe empfehlen - uns unterstützen bei der Pflege 4 Skudden recht effektiv :-) Aber unser alter Bauernhof gibt auch Ruhe und Frieden (war unser Lebenstraum, verwirklicht noch vor dem BK meiner Frau), und er ist unser wichtigster "Basispunkt" im Moment - der ruhende Pol, den wir brauchen. Und wie du haben wir auch einen Hund - der im letzten 3/4 Jahr für uns mitunter der einzige Mensch war, der uns verstanden und unterstützt hat.

Viele Grüße,
Stefan

PS: weil ich ein Mensch bin, der nicht ohne Musik leben kann (und ständig 1.500 Audio-CDs auf seinem iPod mit sich rumschleppt), ist mir zu diesem thread natürlich sofort ein 'passendes' Album eingefallen: 'MTV Unplugged 2.0' von Lauryn Hill. Eine musikalische Geschichte weiblicher Emanzipation. Von 'stuck inside a system that sucks my blood' bis zur Erkenntnis 'ME FIRST'. Sehr authentisch, emotional und musikalisch hörenswert. To whom it may concern...

Und wo ich das gerade höre, sagt sie etwas sehr traurig Wahres: "it's emotional warfare - to tell the people that we love most the truth about us" :-(

Geändert von Stefans (10.09.2007 um 15:06 Uhr)
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  #3  
Alt 10.09.2007, 16:46
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monkeponke monkeponke ist offline
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Standard AW: So tun als ob alles o.k. ist!?!?

Hallo Stefan,

ich gebe dir voll und ganz recht. Jetzt wo ich hier alleine vor meinem Laptop sitze und in Ruhe alle Sätze auf wirken lassen kann. Ist alles ganz einfach und ganz logisch.

Die Umsetzung ist mein größtes Problem, vorallem zu erkennen, wann so ein Emotionsvampir seine Zähne nach mir ausstrecken will. Es ist einfach nicht leicht aus der eigenen Haut zu kommen und noch schwerer ist es seinen eigenen Traum bzw. innerlichen Wunsch aufzugeben...den nach Harmonie....!
Ich kapiere jetzt erst ganz langsam, dass nur weil ich alles für meine Familie tue, dass noch lange nicht bedeutet, dass sie die gleichen Ziele und Wünsche haben, ...ja ich bezweifle sogar, dass sie überhaupt bemerken, was ich alles für sie aufgebe....!

Jedoch mache ich da jetzt niemanden meiner Familie einen Vorwurf. Es stimmt schon, dass sie sich nur ändern können, wenn ich mich ändere.

Ich wünschte nur, dass ich diesen Konflikt ohne eine so schlimme Erkrankung durchmachen könnte. Ich fühle mich oft so wehrlos und schwach und hätte einfach gerne ein Happy end, wie im Fernsehen....( ).

Dafür ist ja dieses Forum da, wenn ich mal wieder nicht ein noch aus weiß und auch mit mir selber nicht weiter weiß, dann kann ich hier meine Gedanken äußern und manchmal wird mir beim späteren Lesen dann selber klar, wo ich mich selber blockiere.
Jetzt bin ich schon 39 Jahre und immer noch nicht habe den Umgang mit den lieben Mitmenschen durchschaut. Ich gehe immer davon aus, dass alles so sind wie ich! Dass ist mein größter Fehler.

Was du über Euren Bauernhof sagst, ist natürlich auch wahr, er ist auch Ruhepol, nur ist es bei mir so, dass ich meinen ...sagen wir mal ...natürlichen Rythmus habe, wann welche Arbeit zu erledigen ist, damit hier nicht alles im Kaos versinkt. Ich lerne gerade, dass ich nicht mehr für andere stark sein kann und auch nicht mehr meinem Mann die Handwerker sparen kann oder gar einen Landschaftgärtner. Ich muss umlernen und deligieren lernen.

Doch oft ist es so, dass ich immer noch hoffe, dass es Krebs gar nicht bei mir gibt und ich einfach wieder die Familienglucke sein kann.

Ich denke mein Körper will mir mit dem Krebs die nötige Ruhe aufzwingen, um einfach mal meine ganze Aufmerksamkeit auf mich zu legen! Dass werde ich tun.
Ich habe meinen Arzt geschrieben und meine Angst mitgeteilt. Ich darf nächste Woche Mittwoch ohne Überweisungschein zu ihm die Brustsprechstunde kommen und er wird stanzen in meinen vier neuen Knoten.
Ich bin ganz ruhig und glaube fest, daran dass alles gut ausgehen wird.

Ich finde es übriges ganz toll und bewundernswert, wie du dich mit deiner Frau, dem Krebs und eurer Beziehung auseinandersetzt.
Ich wünschte es gäbe mehr so interessiere und einfühlsame Menschen.

Tschau Monkeponke
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  #4  
Alt 10.09.2007, 19:58
Stefans Stefans ist offline
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Standard AW: So tun als ob alles o.k. ist!?!?

Hallo Monja,

Zitat:
Zitat von monkeponke Beitrag anzeigen
Die Umsetzung ist mein größtes Problem, vorallem zu erkennen, wann so ein Emotionsvampir seine Zähne nach mir ausstrecken will. Es ist einfach nicht leicht aus der eigenen Haut zu kommen und noch schwerer ist es seinen eigenen Traum bzw. innerlichen Wunsch aufzugeben...den nach Harmonie....!
Ja, die Praxis ist immer das Schwierigste - theoretisieren kann jeder :-)
Aber: dass du lernst, dich gegen Menschen zu wehren, die dir schaden, heisst doch nicht, dass du deinen Wunsch nach Harmonie und innerem Frieden aufgeben musst. Wer von uns strebt denn nicht genau danach? Du musst 'nur' lernen zu beurteilen, wer dir dabei hinderlich ist, und von wem du dich im Zweifelsfall einfach trennst. Und keine Sorge: es bleiben genug Menschen übrig, die dich dabei unterstützen.

Zitat:
ich bezweifle sogar, dass sie überhaupt bemerken, was ich alles für sie aufgebe....!

Jedoch mache ich da jetzt niemanden meiner Familie einen Vorwurf. Es stimmt schon, dass sie sich nur ändern können, wenn ich mich ändere.
Hm... Ich kenne deine Verwandtschaft nicht, sondern nur meine - speziell meine Eltern. Und da kann ich nach 25 Jahren hartnäckiger und für mich mitunter lebensgefährlicher Versuche, mit ihnen zu reden, nur sagen: die bemerken nichts, und die ändern sich auch nicht. Mir geht es besser, seit ich das endlich begriffen habe. Und seither kommunizieren wir nur noch auf einem rein formalen Minimalniveau (ab und zu Telefonate übers Wetter usw.), bei dem tunlichst über keinerlei persönliche Dinge gesprochen wird.

Meine Eltern sind nett und freundlich - und sie sind "immer für mich da". Was meint: Geld haben sie genug, und ich kann was davon abkriegen, wenn es nötig ist - ich muss nur Bescheid sagen, schon ist der Scheck unterwegs; damit haben sie sich billig freigekauft. Aber persönlich ist da rein gar nichts. Als ich das letzte mal aus der Klapsmühle kam, von wo aus ich in meiner Not letzmalig verzweifelt versucht hatte, mit ihnen menschlichen Kontakt aufzunehmen (Reaktion: null - bzw. "ja, darüber reden wir später mal"), habe ich meine Frau gefragt: Glaubst du, dass meine Eltern wissen, wie es mir geht? Und meine Frau antwortet ganz selbstverständlich: Natürlich nicht! Das hätte sie mir 20 Jahre früher sagen können, dann wäre mir vieles erspart geblieben.

Nein - die wissen nichts, weil sie nichts wissen wollen. Meine alle paar Jahre wiederkehrenden akut suizidalen Phasen, die Klapsmühle, die ambulante psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung seit ewigen Zeiten... das alles ist für sie nur eine Art "Betriebsunfall", über den man besser nicht redet. Und den sie v.a. unbedingt in ihrem Umfeld auf dem Dorf verheimlichen müssen - es könnte ja auf sie zurück fallen, wenn ihr Sohnemann irre ist. Peinlich, peinlich, das wollen wir doch nicht riskieren. Und deshalb haben wir einen "deal": sie bemängeln zwar immer, dass ich sie nie besuchen komme. Aber sie und ich wissen genau, dass das nur Floskeln sind. Es ist ihnen nur zu recht, dass ich sie nie besuche. Weil dann immer die Gefahr bestünde, dass ich mich vor ihrer Verwandschaft/Bekanntschaft mal dumm verplappere. Schließlich weiss ich nicht im Detail, was sie da über mich erzählen. Ich weiss nur, dass sie mich dort als erfolgreichen Ingenieur und Dr. verkaufen - und nicht als das, was ich bin: psychisch krank, kein Doktor, und seit Jahren arbeitslos.

An der Tatsache, dass meine Eltern mich verleugnen und dass sie sich für sich schämen, hatte ich lange zu knabbern. Mittlerweile ist das abgehakt. Ich störe ihr idyllisches Lügengebäude nicht - im Gegenzug sind sie nicht zimperlich, wenn es um Kohle geht. Tit for tat. Und ich habe dabei die besseren Karten: denn ich kann auch ohne ihr Geld leben. Aber ich kann jederzeit unangemeldet dort auftauchen und auf ihrem Dorf die Wahrheit herum erzählen. Damit wären sie dort ihr Restleben lang gebrandmarkt. Und sie wissen ganz genau, was mein Schweigen wert ist. Das ist gut für meine Frau und mich. Weil wir vorhaben, hier nächstes Jahr ein Stallgebäude behindertengerecht zum Wohnen auszubauen - als Option, falls es meiner Frau in den nächsten Jahren wegen Krebs wirklich schlecht gehen sollte. Und es ist gut zu wissen, dass ich nur kurz mal die Daumenschrauben bei Elterns etwas anziehen muss, um die nötigen hunderttausend dafür locker zu machen.

Egal. Ich gerate mal wieder über meinen Krempel ins Schwafeln. Was ich damit sagen wollte, aus meiner Erfahrung: rechne niemals damit, dass dich deine Verwandschaft irgendwann versteht - und schon gar nicht damit, dass sie sich ändert, nur weil du dich änderst. Es kann gut sein, dass sie dich - so wie du dann 'verändert' bist - völlig ablehnen. Aber das kannst du nur abwarten, und dann irgendwie damit umgehen.

Zitat:
Ich wünschte nur, dass ich diesen Konflikt ohne eine so schlimme Erkrankung durchmachen könnte.
Klar. Aber das geht nicht. An seine Grenzen gelangt mensch erst, wenn eine Lebenskrise da ist. In Zeiten, wo alles locker und easy ist, bemerkt man diese Grenzen halt nicht. Und wenn man sich dann fragt, wieso man sich GERADE JETZT auch noch damit herumschlagen muss... ganz einfach: weil GERADE JETZT der Zeitpunkt da ist, wo man an seine Grenzen kommt und sich damit auseinandersetzen muss. So ist das Leben :-/

Zitat:
Ich fühle mich oft so wehrlos und schwach und hätte einfach gerne ein Happy end, wie im Fernsehen....( ).
Klar, wer hätte das nicht gerne. Aber: ich habe keinerlei Zweifel daran, dass du dein happy end bekommen wirst! Weil du gerade schon intensiv dabei bist, darauf hin zu arbeiten. Sicher wirst du nicht morgen frisch und gesund aus dem Jungbrunnen springen, und sicher wird deine lästige Verwandtschaft sich nicht über Nacht in Luft auflösen. Aber du wirst es schaffen, deine 'Restlebenszeit' (ob das nun 5 oder 50 Jahre sind) mit den Dingen und den Menschen, die dir wichtig sind, positiv zu gestalten. Und: Widerspruch gegen dieses statement ist nicht erlaubt - ich weiss das einfach !!!

Zitat:
Jetzt bin ich schon 39 Jahre und immer noch nicht habe den Umgang mit den lieben Mitmenschen durchschaut.
Wie meine Mutter zu sagen pflegt: man wird alt wie eine Kuh, und lernt immer noch dazu. Und was ich ergänzen würde (schließlich habe ich dir 2 Lebensjahre voraus, da darf ich schonmal die Altersweisheit raushängen lassen ;-): je älter ich werde, desto weniger weiss ich vom Leben. Mit jedem Lebensjahr bröckelt das Fundament von Gewissheiten und Überzeugungen, auf das ich mal gebaut habe, mehr und mehr ab.

Zitat:
nur ist es bei mir so, dass ich meinen ...sagen wir mal ...natürlichen Rythmus habe, wann welche Arbeit zu erledigen ist, damit hier nicht alles im Kaos versinkt.
Klar - und das ist ja auch gut und richtig so! Und jeder, der einen alten Bauernhof (unserer ist gut 100 Jahre alt) zwecks Renovierung als 'Lebensaufgabe' bezieht, weiss, was das heisst. Da hat - auch ohne Krankheit - einfach alles seine Grenzen und braucht seine Zeit.

Bei uns ist u.a. das Dach undicht, die Elektrik in greulichem Zustand (der Durchlauferhitzer läuft seit ewig nur auf 'lauwarm', weil immer eine Sicherung rausfliegt), der Staudengarten ist völlig verkrautet (weil meine Frau es gerade nicht schafft und ich da nicht ran darf - ich kann nunmal Unkraut nicht von Zierkraut unterscheiden), die 2.000 m² Wiese müßte seit mindestens einem Monat dringendst gemäht werden, den Flur müßte ich endlich mal renovieren, die Küche auch, und die neue Sammelgrube ist schon lange fällig, usw...

Aber: was soll's ?!?! Wir tun das, was wir von Zeit, Kraft und Geld her im Moment schaffen - und das, was wir dieses Jahr nicht schaffen, läuft uns auch bis nächstes Jahr nicht weg (schön wär's!). Und es ist schließlich niemand da, der uns dabei hereinreden kann. Wir sind doch - wie ihr - niemandem verpflichtet, ausser uns selbst. Das Klo funktioniert, wir können duschen, die Heizung geht auch... was wollen wir mehr? Dass es mir im OG bei Sturm mal auf die Nase tropft - no problem; da habe ich früher in Studentenwohnungen schon Schlimmeres erlebt ;-)

Zitat:
Ich denke mein Körper will mir mit dem Krebs die nötige Ruhe aufzwingen, um einfach mal meine ganze Aufmerksamkeit auf mich zu legen! Dass werde ich tun.
Ja, sagt meine Frau auch über sich. Fällt so ein bischen in die Kategorie "Krankheit als Chance". Aber: warum muss es dafür Krebs sein? Ich war mal wegen Panikattacken ein Vierteljahr nicht in der Lage, die Wohnung zu verlassen. Das hat mir auch die nötige Ruhe verschafft - aber es war niemals lebensgefährlich...

Zitat:
Ich finde es übriges ganz toll und bewundernswert, wie du dich mit deiner Frau, dem Krebs und eurer Beziehung auseinandersetzt.
Dazu besteht kein Grund. Die Auseinandersetzung mit Lebenskrisen und "Sinnfragen" ist hier auch nicht vom Himmel gefallen oder passiert, weil wir so tolle Persönlichkeiten sind.

Noe, einfach ganz banal so wie bei dir gerade: es gab Krisen, und da ging irgendwann kein Weg mehr daran vorbei, sich damit zu befassen. Freiwillig ist das nicht passiert, es war einfach vom Schicksal aufgezwungen. Dass es letzendlich doch positiv und lehrreich war, will ich incht bestreiten. Aber lieber wäre es uns gewesen, ohne solche Erfahrungen auszukommen.

Viele Grüße,
Stefan
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  #5  
Alt 10.09.2007, 17:15
Micha65 Micha65 ist offline
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Liebe Monkeponke,

Klasse, super, toll. Du bis auf dem richtigen Weg. Mein Beitrag kam ein paar Minuten zu spät.
Das was dich auszeichnet ist, dass du dir über andere Menschen Gedanken machst - bleib dabei, auch mal wieder an dich selbst zu denken.
Während der Reha fragte mich eine liebgewonnene, ebenfalls an BK erkrannkte, neue Freundin: "Warum konnten wir uns nicht einfach ein Bein brechen, mußte es Krebs sein?". Ganz spontan antwortete ich ihr: "Das hätte bei uns nicht gereicht." Sie: "Ja das stimmt. Wir brauchten wohl den Hammer um zu erkennen, dass wir in unserem Leben etwas verändern sollen, wollen und müssen."
Auch ich bin dabei, es klappt nicht immer aber mit Beckenbauer's Worten "Immer öfter".
Bleib dran, wir helfen dir gern.
Alles Liebe
Micha65
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  #6  
Alt 10.09.2007, 17:15
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monkeponke monkeponke ist offline
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Liebe Monika,

du hast vollkommen recht. Mein Problem ist noch, dass ich viel viel viel zu spät erkenne, dass mir etwas nicht gut tut.

Es ist schon ein Fortschritt für mich, dass ich wenn ich mit meinem Neffe alleine bin, merke, dass es mir zuviel ist und ich gar nicht in der Lage bin auf ihn aufzupassen.
Ich müsste jetzt mal langsam anfangen meine Überforderung zu erkennen, bevor ich in der Situation stecke.

Ich übe jetzt vor dem Spiegel das Nein-sagen und werde versuchen die nächste Ausnutzsituation rechtzeitig zu erkennen. (hihi)

Liebe Micha,
ja ich war auch ganz erstaunt, als er mir schrieb auf ohne Krankenschein. Ich hatte nur danach gefragt, was es mich aus eigener Tasche kosten würde.

Ich war sehr froh, dass es unter den vielen Ärzten die ich kennenlernen musste, auch noch einige gibt, die ein Gewissen haben ...! Ich bin darüber so froh, dass ich mich fühle wie vor einer großen Reise. Ich kann das Gefühl gar nicht beschreiben.

Zu meiner Schande muss ich Monika noch gestehen, es war gerade erst heute morgen, als ich wieder meinen Neffen da hatte und ich mir bewusst war, dass es mich überfordert. Als meine Schwester nach den anderen Tagen fragte, habe ich zumindest, nicht wie sonst sofort ohne nachzudenken geantwortet, sondern habe gar nichts gesagt.
Jetzt bin ich vorbereitet, wenn sie es in den nächsten Tagen wieder probiert.
Sie hat übrigens nicht nach meinem Befinden gefragt! (knurr) Hatte ja auch nur meinen Arm von oben bis unten gewickelt wegen eines Ödems....! Du siehst ich lerne, ich versuche es. Ich jammere nicht sondern, steh wieder auf meinen Füßen. Vielen Dank für ´s Rütteln.

Monke
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  #7  
Alt 10.09.2007, 17:24
Micha65 Micha65 ist offline
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Liebe Monke,
wir überschneiden uns, gell.
Nicht zu deiner Schande, nein - du bist gerade ganz prima dabei etwas neues zu lernen und zu erkennen. Das bedarf der Übung - so hast du es auch deinen Kindern beigebracht. Das funktioniert nicht von heut auf morgen.
Liebe Grüße, übe weiter
Micha65
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  #8  
Alt 10.09.2007, 16:53
Micha65 Micha65 ist offline
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Liebe Monkeponke,

in meinen Augen hast du kein Selbstmitleid, du denkst endlich mal an dich! Sehr viele Menschen die fast immer nur geben, anderen helfen, für andere da sind und sich selbst dabei hinten anstellen, erleben genau das gleiche wie du, wenn sie selbst eigentlich Hilfe oder zumindest Verständnis und Rücksichtnahme brauchen.
Stefans hat Recht - wir müssen lernen Nein zu sagen - das braucht Kraft und Übung. Probiere es, wenn man es mal gemacht hat, ist man befreit, Stolz und das innere Selbstbewußtsein wird auch gestärkt - und mir zaubert es auch manchmal ein verschmitztes Lächeln auf die Lippen.
Vor dem Arzt in der Klinik ziehe ich meinen Hut - ohne Krankenschein - ein Arzt für den die Patientin und ihre Gesundheit im Vordergrund stehen, jemand der anscheinend seine Arbeit ernst nimmt und die er gerne macht. Scheue dich nicht seine Hilfe anzunehmen wenn du es willst. So wie er dir etwas gibt, gibst auch du ihm etwas - Bestätigung in seiner Arbeit.

Alles Liebe
Micha65
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