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  #1  
Alt 08.04.2006, 01:08
achimmaryweyhe achimmaryweyhe ist offline
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Standard AW: ist Krebs ansteckend, oder warum.......

hallo thomas,
was du geschrieben hast, muß ich erstmal verdauen......................
es ist schön, das du dich mit elisabeth kübler-ross auseinandergesetzt hast, sie hat sehr viele bemerkenswerte werke herausgebracht, die einem viel ruhe, zufriedenheit und frieden bringen.
es ist aber nicht der frieden (sehnsucht) gemeint, den du angesprochen hast, den findest du erst viel später, wenn du dich zu deiner letzten ruhe begeben hast.
bis dahin ist es noch (hoffentlich) viel zeit.
dazu möchte ich dir persönlich etwas mitteilen:
als angehöriger einer schwerstkranken frau mit krebs habe ich seit über einem jahr sehr viel mitgemacht und auch viele schlimme augenblicke mit ihr erlebt.
sie wäre fast an der chemo und an den nebenwirkungen einer studie gestorben. sie hat den kampf bis jetzt nicht aufgegeben, liest e.k.r. und versteht sie auch.

ich selber habe mehrere nahtoderlebnisse hinter mir, bin fast ertrunken und habe dabei die "engel" schon gesehen, war nach meinem herzinfarkt klinisch tot, wurde widerbelebt und habe das mitbekommen und als krönung habe ich mich selber nach einer missglückten op von der zimmerdecke aus gesehen und den gesprächen der chirurgen und schwestern gelauscht, diese konnte ich dann wörtlich wiedergeben..........................
also..........................
nicht aufgeben, irgendwie geht es manchmal weiter, wobei die betonung auf dem wort "manchmal" liegt.
das schlimme ist, das es "manchmal" auch nicht klappt..............................

lg

achim
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  #2  
Alt 12.04.2006, 13:39
Benutzerbild von sywal
sywal sywal ist offline
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Standard AW: ist Krebs ansteckend, oder warum.......

Vielleicht ist es dann besser zu verstehen:
Meinen ersten tumor habe ich 1991 entdeckt, die 1. OP war 1992.
1995, bereits 3 OP hinter mir rief mich eine nachbarin an, dass ihre schwester unterleibskrebs hat und ob ich vielleicht helfen könnte. Selbstverständlich, ich kannte die schwester auch sehr gut, fuhr ich sofort mit in das KH.
Wir halfen uns gegenseitig - gemeinsam waren wir stark. Prinzipiell gingen wir nur mehr zu zweit zum arzt, zu ihrer strahlentherapie, selbst das mittagessen danach (1 portion mit 2 teller) teilten wir. Als ich 1995 von der OP aufwachte, hielt sie meine hand, auch sie war im gleichen krankenhaus untergebracht. Da das Leintuch nass war regte sie sich so lange auf, bis ich wieder im trockenen lag. Als ich keinen "galgen" zum bett bekam, nahm sie kurzer hand einen aus ihrer abteilung mit (nach fragen ob dies erlaubt sei). Dann hatte sie einen tiefpunkt, es hatten sich metas gebildet, so vermittelte ich zwischen ihrem chirurgen und ihr - sie glaubte, dass dieser böse auf sie sei.
Gegenüber ihren kindern half ich ihr sich durchzusetzen, oft saßen wir in der nacht im auto und weinten. Wenn wir beide konnten, gingen wir gemeinsam zu freiluftkonzerten, zur musik die wir beide liebten.
Als sie sich immer mehr in die hinterste ecke von ihrem hochbett zurückzog, musste ich auch dies akzeptieren - bis sie nur mehr ein bündel schmerzen war. Da war sie einverstanden, dass ich sie ins KH bringe. Dort wollte man sie, die nicht mehr gehen konnte, zu fuss hin und her schicken. Das konnte ich einstellen. Alleine ist man da verloren.
Sie wurde aufgenommen, wir glaubten beide, dass sie bald wieder nach hause kommt. Fast täglich war ich bei ihr, bis.....
ja bis die morphiumdosis so hoch wurde, dass ich offensichtlich damit nicht mehr klar kam. Mein schlechtes gewissen, dass ich viel länger krebs habe und es ihr so schlecht geht, dass ich älter bin und sie jetzt gehen muss. Aber es ging um sie, meine freundin. Ich unterdrückte alle ängste bis...
ich eines tages ins zimmer kam und ein wunderschönes, friedliches bild vor mir hatte. Ein ganz lieber freund war gekommen, sie hielten sich die hand und waren eingeschlafen. Ich weckte den freund sanft auf, er erholte sich etwas am gang, ging kaffee trinken. Nach einer weile wachte meine freundin auf und ich sah in die "morphinaugen", die leicht als augen voll hass missverstanden werden können. Ich bin sehr erschrocken, wartete sehnlichst dass der gute freund wieder ins zimmer kommt und flüchtete.
Ich glaubte sie zu verstehen, wenn sie meinen "gesunden" anblick nicht verträgt und sie so leidet. Nach einiger zeit war mir aber klar, dass dies nicht hass sondern morphin ist. Aber es war sehr schwer mit diesen blicken umzugehen.
Sie starb, mit dem guten freund konnte ich über meine empfindungen sprechen - das schlechte gewissen war noch nicht abgebaut.

Will sagen: es ist sehr schwer richtig (wenn angebracht, gar nicht) zu reagieren. Aber kann ich den gesunden einen vorwurf machen, wenn sie sich, wie in den beiträgen beschrieben benehmen, wenn ich als betroffene selbst schwierigkeiten habe?

Eine sehr nachdenkliche sywal
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  #3  
Alt 13.04.2006, 23:27
achimmaryweyhe achimmaryweyhe ist offline
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Standard AW: ist Krebs ansteckend, oder warum.......

hallo sywal,
es ist wohl schlimm, was du durchgemacht hast, aber wenn du auf eine solche freundin zählen konntest, dann glückwunsch. auch sie konnte wohl stolz auf dich sein und sich freuen, so jemanden wie dich an ihrer seite gehabt zu haben.
das mit den morphinen kommt mir bekannt vor, meine "kleine" hat personen die wand lang laufen sehen wo keine waren, ihrer meinung nach haben sich bett und zimmer unkontrolliert bewegt..................
ein schlechtes gewissen solltest du nicht haben, auch wenn du länger krank warst und sie es nicht geschafft hat.
nimm es einfach hin, das du hier in diesem, deinem jetzigen leben noch etwas anfangen oder etwas angefangenes weiterführen sollst.
wenn du das zulässt, dann wirst du vielleicht erkennen, warum einige betroffene bzw. angehörige so reagieren und sie es gar nicht so meinen, wie sie es ausgedrückt haben.

liebe grüße

achim
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  #4  
Alt 14.04.2006, 01:38
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Geli-Emilie Geli-Emilie ist offline
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Hallo Sywal,

zunächst einmal meine Bewunderung für Deine Haltung gegenüber Deiner Freundin. Du hast wirklich keinen Grund für ein schlechtes Gewissen.

Als ich Deinen Beitrag las, stand mir plötzlich wieder das Bild meiner Mutter, die 2002 an Bauchspeicheldrüsenkrebs starb, vor Augen. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie es mir eiskalt den Rücken runterlief, als ich plötzlich in ihre völlig schwarzen Augen sah, die mich in vermeintlichem Hass anstarrten. Zuerst wusste ich nicht, dass es an den riesigen Pupillen lag, die sich nicht mehr zusammenziehen konnten. Ich brauchte wirklich eine gewisse Zeit, mich daran zu gewöhnen.

Ich bekomme selbst Morphium-Pflaster, allerdings zum Glück nicht in einer solch hohen Dosis, dass andere dadurch irritiert werden.

Dir wünsche ich noch ein langes, gesundes, schmerzfreies Leben, wie auch allen anderen hier im Forum.

Liebe Grüße
Geli
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  #5  
Alt 14.04.2006, 12:47
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sywal sywal ist offline
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Bitte, bitte nicht bewundern - habe auch nicht's durchgemacht, lieber ACHIM und GELI-EMILIE.
Ich wollte eigentlich den "kranken" vermitteln, dass man als "kranker" selbst, gegenbenheiten mißverstehen oder sich falsch verhalten kann. Wie schwer muß dies erst für die gesunden sein, die da noch etwas solidarität in ihrem herzen haben?
Geli-Emilie, du hast diese blicke auch bei deiner mutter erlebt. Vielleicht liest dies ein liebevoller ehemann, welcher sich gerade kummervolle gedanken macht, warum ihn seine frau so hasserfüllt ansieht! Dass war als botschaft angedacht.

Ich möchte diese solidarische zeit mit meiner verstorbenen freundin nicht missen. So pervers es klingen mag, es war der absolute höhepunkt meines lebens. Dabei geht es nicht um sieg oder niederlage gegen den krebs, sondern um liebe, zuneigung, verlässlichkeit, verantwortung für den anderen übernehmen.......

Ich denke auch, dass ich hier (in diesem leben, auf der erde?) noch etwas, was mit krebs zu tun hat, zu erledigen habe. Dies ruhte etwa 1 1/2 jahre. Ich glaube es ist eine wichtige sache der ich mich nach meiner rezidiv-OP wieder widmen werde. Möglicherweise (ich weiß schon, ich spinn ein bißchen) habe ich den rückfall gebraucht, um mich wieder auf das wesentlich zu verweisen. Ich versuche der unmittelbaren zukunft mit gelassenheit entgegenzusehen, darauf vertrauend, dass ich ja noch was zu erledigen habe.

Danke für euer "ohr"
sywal
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  #6  
Alt 16.04.2006, 22:20
achimmaryweyhe achimmaryweyhe ist offline
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halli sywal,
es ist keine bewunderung, sondern respekt meinerseits, es sollte eigentlich immer so sein, wenn man freunde oder bekannte durch ihre krankheit begleitet, wobei es wohl noch um einiges schwieriger ist, wenn man selber betroffen ist.

lg

achim
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  #7  
Alt 17.04.2006, 16:13
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Hallo Achim, hallo Geli
danke, aber wie geschrieben, es war mir eine Ehre tatsächlich geliebt zu werden, lieben zu dürfen. Es war eine Beziehung ohne Hintergedanken, Zwänge, Kalkulation.
Isa, meine Freundin, ist jetzt 10 Jahre tot. Sie geht mir noch immer ab.
Sie würde jetzt sagen: "Wart Sywal, ich komm schon" und wenn ich über meinen Tod nachdenke: "Bist dumm, denen zeigen's wir noch eine Zeit!"

Und zum Titel dieses Tread würde sie meinen: "Freilich (freilich sagte sie sehr gern) ist Krebs ansteckend. Darum weicht's an der Supermarktkasse schön zurück, wir sind ansteckend und haben eh' keine Zeit für Nichtigkeiten, wir müssen nämlich noch eine Runde leben und Spaß haben!"

Alles Liebe und Gute
Sywal
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