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  #1  
Alt 03.10.2016, 12:30
monika100 monika100 ist offline
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Registriert seit: 14.10.2009
Beiträge: 1.780
Standard AW: Wie und wie lange "darf" man trauern?

Ich finde Trauer ist eine sehr persönliche Angelegenheit - und so sollte sie auch gelebt werden. Persönlich, wie der Einzelne es fühlt und braucht.

Der Eine braucht Jahre, der andere Monate, der Eine weint ohne Unterlass, der Andere kaum, der Eine geht täglich mehrmals zum Friedhof, der Andere gar nicht, der Eine will immer drüber reden, der Andere kaum.

Wer will denn da entscheiden, was richtig oder falsch ist?? Das was man persönlich fühlt, das soll man leben und leben dürfen.

Unser Nachbar hatte seine Frau verloren und fing schon einen Tag danach - mit ihrer Schürze bekleidet - an, ihre Sachen weg zu werfen.
Ich habe nach dem Tod meines Vaters bestimmt 2 Jahre mehrmals täglich geweint. Meine Familie zuhause konnte das teilweise nicht verstehen. Ist mir aber egal. Meine Trauer ist meine Sache.

Wenn es in eurem Umfeld Menschen gibt, mit denen ihr darüber reden könnt und bei denen ihr weinen könnt, dann macht das auch. Vielleicht könnt ihr gerade in dieser Zeit jetzt auch "neue Menschen" finden, die für euch da sind.
Ansonsten - Ihr müsst euch nicht zurück nehmen, weil es andere belasten oder stören könnte. Es geht hier um Euch.

Was für meine Mutter hilfreich war - sie wollte nach dem Tod meines Vaters gar nicht mehr leben - war eine Trauergruppe. Die Leitung hat ihr sehr geholfen in der ersten schweren Zeit.

Für euch alle hier nur das Beste!

Monika
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  #2  
Alt 03.10.2016, 14:24
Adlumia Adlumia ist offline
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Registriert seit: 10.11.2015
Beiträge: 305
Standard AW: Wie und wie lange "darf" man trauern?

Ich kann euch allen einfach nur zustimmen.
Wenn man es hier so liest, weiß man einfach, dass man mit seinen Empfindungen einfach nicht alleine ist. Hier sind Menschen, die Ähnliches erlebt haben, die trauern, hier braucht man sich nicht zu erklären. Es können die meisten "Außenstehenden" nicht verstehen, noch wollen sie es.
Ich bin auch immer sehr bemüht, niemanden zu belasten etc. Ich bin auch sehr abgeklärt in Bezug auf mein Arbeitsumfeld. Hier wurde und wird von vielen einfach erwartet, dass mein Leben privat ganz normal weiterläuft (beruflich wird eh vorausgesetzt dass man weiter funktioniert) und dass mein Leben eben jetzt wieder in Ordnung ist, da ja eine Last von mir genommen wurde. Nun ja, ich habe gar keine Kraft diesen Menschen zu sagen, dass sie sich irren, wenn sie meinen es sei wie ein Schnupfen und dass es "morgen schon besser sei", oder dass sie sich irren, wenn sie meinen, dass nach 4 Wochen eben noch nicht das Ende der Trauer erreicht sei. Nein ich hab dazu keine Kraft, ich sag den Leuten genau das was sie hören wollen und dann hab ich meine Ruhe. Aber ich bin mir manchmal auch nicht sicher, ob ich mich damit nicht selbst verleugne.

Es ist traurig, dass man mit kaum irgendjemand auch nur ansatzweise darüber reden könnte aber es ist gut, wenn es ein paar wenige Menschen gibt. Und wie Monika schrieb, eventuell ist eine Trauergruppe oder eine Einzelbegleitung das Richtige um sich auszutauschen.

Aber diese Frage, ob wir mit unserer Trauer "normal" sind geht wohl vielen durch den Kopf, wie ich merke...
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  #3  
Alt 03.10.2016, 15:38
Hermine81 Hermine81 ist offline
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Registriert seit: 05.06.2016
Beiträge: 50
Standard AW: Wie und wie lange "darf" man trauern?

Hallo...
ich denke dass das Thema Trauer echt komplex ist.
So wie jeder anders trauert, braucht denk ich auch jeder seine Zeit.
Bei der Arbeit hab ich die Erfahrung gemacht, dass ich zwar dachte, dass die Menschen denken, ich müsste mich jetzt langsam wieder im Griff haben aber ich glaube dass es einfach mein Bauchgefühl war.
Nach wie vor haben sie totales Verständnis und stehen hinter mir, wenn ich doch mal Einbrüche habe.
Ich schätze, da hab ich einfach echt Glück gehabt.
Sicher gibt es auch die anderen mit weniger oder komplett fehlendem Verständnis, die halt echt einfach keine Ahnung haben, wie sich sowas anfühlt.
Trauer ist wichtig und ich denke dass wir uns die Zeit nehmen sollten, die wir brauchen, auf uns selbst achten und uns treu bleiben.
Natürlich passiert so etwas jeden Tag auch bei X anderen, aber hierbei handelt es sich doch um deinen ganz persönlichen Schmerz und niemand hat das Recht dir zu sagen wie du ihn zu fühlen und mit ihm umzugehen hast. Du bist stark aber ich glaube auch wenig streng mit dir selbst, du darfst traurig sein und fühlen.
Jeder einzelne hier trägst sein eigenes, ganz persönliches schweres Schicksal mit sich und jeder hat eine unglaublich schmerzhafte und schwere Zeit hinter sich mit viel Angst und jeder Menge Tränen. Und jeder hat ein Recht auf seine Gefühle, und persönliche Zeit der Trauer...AUCH DU.
3 Wochen ist noch so frisch, bei mir sind es jetzt knapp 2 Monate und ich hab auch noch extrem das Gefühl dass mein Leben und der Alltag kreuz und quer läuft, von "gergelten Bahnen" bin ich glaub ich noch ganz weit entfernt
Auch eine Beratung oder Therapie in der Form einer Trauerbewältigung halte ich für gut und sinnvoll wenn es sich stimmig für einen selbst anfühlt.
Bei uns bietet auch das Hospitz ein Trauer Cafe und Trauerbegleitung an.
Lese momentan "Einen geliebten Menschen verlieren" von Doris Wolf, auch das hilft mir, weil mir das geschriebene immer wieder zeigt, dass das was ich fühle und denke zur "normalen" Trauer gehört und völlig ok ist. Es hilft etwas gegen die Unsicherheit.
Ich denke das schwierigste ist, seinen persönlichen Weg erstmal zu finden.
Ich wünsche dir ganz, ganz viel Kraft und hoffe dass du irgendwie, irgendwo etwas Trost findest!!!
__________________
♡Mama♡
17.01.1963 - 05.08.2016
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  #4  
Alt 04.10.2016, 11:00
Riesenschnuffel Riesenschnuffel ist offline
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Registriert seit: 16.11.2015
Beiträge: 23
Standard AW: Wie und wie lange "darf" man trauern?

Jeder trauert anders und auch unterschiedlich lang. Es braucht seine Zeit und es ist ok- man darf nur nicht den Zeitpunkt verpassen um "loszulassen". Ich kenne eine ältere Dame, für die existiert der Mann (vor 20 Jahren verstorben) immer noch. Sie hat den "Absprung" leider nicht geschafft...zu Hause redet sie mit ihrem Mann, deckt für ihn mit, legt ihm das Bett auseinander- so als wäre er noch hier.

Ich merke zB, dass meine Mutter ganz anders trauert als ich es tue. Sie hat wenige Tage nach dem Tod von meinem Papa angefangen, seine Sachen (Kleidung, Schuhe) wegzugeben- mir hat das sehr wehgetan, es fühlte sich für mich so an als würde sie ihn "rauswerfen". Sie sagt aber, für sie sei es so das beste, wenn sie nicht dauernd an ihn erinnert würde, käme sie besser zurecht. Das ist ihre Entscheidung, die respektiere ich und da rede ich ihr nicht rein.

Im Moment mag sie verständlicherweise nicht weg...wir haben sie mal mitgenommen ins Kino, weil ich sie zumindest im Moment am WE nicht allein sein soll und sich meine Kinder auch immer freuen wenn die Oma da ist, aber so richtig mit den Gedanken da war sie nicht, das hat sogar meine Tochter gemerkt.
Bei uns ist es jetzt 2 Monate her, 2 Monate lasse ich ihr noch Zeit, bevor ich sie wieder unter andere Leute (Sportgruppe etc) bringe, damit sie sich nicht einigelt und die Trauer ihr ganzes Leben bestimmt.

Ich selber funktioniere mehr oder weniger, aber oft sind da solche Momente, da schaue ich auf das Foto meines Vaters und heule los. Oder wenn eins meiner Kinder sagt:" Mama weisst du noch, das haben wir mit Opa auch gemacht..." Mein Mann, der seine Eltern vor wenigen Jahren verloren hat, versteht mich aber und hat mir auch schon gesagt, dass dieser Zustand noch eine ganze Weile andauert und dass man die Gefühle auch zulassen muss, sonst frisst einem die Sache auf.

Trauer ist gut und wichtig- nur sollte sie nicht dauerhaft das Leben des Hinterbliebenen bestimmen.
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  #5  
Alt 04.10.2016, 12:16
Adlumia Adlumia ist offline
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Beiträge: 305
Standard AW: Wie und wie lange "darf" man trauern?

Ja, jeder trauert anders, unterschiedlich lange etc. aber genau das ist doch der Punkt: Wer sagt: So ab jetzt musst du wieder unter Leute, weil es sonst nicht ok ist?
Denkst du nicht, dass deine Mama diesen Zeitpunkt vielleicht sogar selbst wählt, bestimmt? Klar kann eine Trauer auch schnell in eine behandlungsbedürftige Depression, ich denke hier gibt es schon Unterschiede. Z.B. ob man überhaupt keine Momente der Freude hat, wenn auch nur kurze, einem alles nur noch sinnlos erscheint. Vielleicht ist es auch manchmal ein Mischmasch aus Trauer und Depression aber grundsätzlich gehe ich bei meiner Mama nun einfach davon aus, dass sie weiß was nun für sich gut ist. Und wenn ich mir Sorgen machen würde, würde ich es ansprechen aber letztendlich entscheidet auch sie über ihren Weg der Trauer und wenn ihr nicht danach ist in 4 Monaten mit mir dieses oder jenes zu unternehmen, dann ist es so. Klar gab es auch schon Momente wo ich enttäuscht war, weil sie zunächst gesagt hatte, dass sie zu einer bestimmten Sache mit mir mit kommt, dann aber doch nicht. Aber dann hab ich eingesehen, wie schwer das alles für sie sein muss: ohne ihren geliebten Mann zu funktionieren, es ist alles so neu, plötzlich alleine im Haus etc.

Und für mich habe ich erkannt: Ich darf meine Trauer und meine Art der Trauer nicht auf sie oder jmd anderes aus der Familie projezieren. Der eine möchte drüber reden, der andere nicht. Der eine möchte gleich rausgehen, der andere nicht. So lange ein Vertrauensverhältnis da ist, so dass man weiß, dass man füreinander da ist, darüber reden kann (wenn es von beiden gewünscht ist) mache ich mir keine Sorgen, ob sie jetzt schon unter Leute will oder nicht. Aber das war mir von Anfang so nicht klar, muss ich zugeben.

Dennoch Riesenschnuffel hast du Recht, wenn du sagst, es sollte nicht das ganze Leben bestimmen aber es wird ein Teil des Lebens sein, diesen Verlust trägt man für immer - wahrscheinlich ändert sich nur mit dem Jahren der Umgang mit diesem Verlust.
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  #6  
Alt 04.10.2016, 16:46
Riesenschnuffel Riesenschnuffel ist offline
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Beiträge: 23
Standard AW: Wie und wie lange "darf" man trauern?

Adlumia, grundsätzlich gebe ich dir ja recht.
Aber meine Mama hat vor 40 Jahren ihr erstes Kind am plötzlichen Kindstod verloren und seitdem mehr oder weniger einen psychischen Knacks, sie hat das bis heute noch nicht wirklich verarbeitet. Ich möchte nicht, dass sie sich komplett zurückzieht und das wird passieren, wenn ich sie machen lasse.
Normalerweise gestehe ich jedem zu, dass er weiss was gut für einen ist. Nur bei meiner Mama sehe ich das halt nicht so. Die Gründe dafür zu erläutern würde jetzt den Rahmen sprengen.
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  #7  
Alt 04.10.2016, 17:35
Adlumia Adlumia ist offline
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Beiträge: 305
Standard AW: Wie und wie lange "darf" man trauern?

Ok, ja das sind Hintergründe die man als Außenstehender nicht beurteilen kann und du kennst deine Mama am besten. Hilft es denn deiner Mama darüber zu sprechen oder macht die den kompletten Rückzug?
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