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  #1  
Alt 16.08.2014, 12:08
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Yogi 12 Yogi 12 ist offline
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Standard AW: Episoden und Geschichten

Lieber Hermann!
Der Austausch tut gut, ich danke dir für die schnelle Antwort, will dich aber nicht unter Druck setzen, du musst nicht immer "sofort" antworten.

Heute, einen Tag nach der Beerdigung geht es mir ziemlich mies.
Ich mag gar nicht rausgehen, am liebsten würde ich mich unter der Bettdecke verkriechen und nur noch heulen.

Mein Mann und ich hatten weniger als neun Monate Zeit nach der Diagnose die er im- November 2013 erhielt- uns mit der Krankheit auseinanderzusetzen.
Es kann ja nicht dauernd verdrängt werden, aber zu einer richtigen Krankheitsbewältigung kam es nicht mehr.
Er sollte an dem Morgen an dem er allein gestorben ist auf eine Palliativstation verlegt werden, da hätte ich ihn -wie du weißt- Tag und Nacht besuchen können.
Außerdem haben wir gehofft, das er von dort auch nochmal nach hause ambulant von einem speziellen Pflegedienst versorgt werden kann. Es war alles vorbereitet
die Sauerstofflaschen für hier wären auch noch am selben Tag angekommen.

So wie du es mit deiner Frau erlebt hast wäre es für mich wahrscheinlich auch in Ordnung gewesen. Es kam leider nicht mehr dazu. Alles ist so präsent, noch nicht
lange her!

Meine Schwester kümmert sich sehr um mich. Sie hat vor siebzehn Jahren
auch ihren Mann verloren, und weiß wie schmerzhaft das ist.
Allerdings arbeitet sie im Gegensatz zu mir Vollzeit und ich möchte sie nicht all zu oft in Anspruch nehmen.
Dann wäre da noch die Familie meines Mannes an die ich mich wenden könnte. Sie sind auch betroffen von dem Verlust
des Bruders und Sohnes und ich kann mit ihnen telefonieren, denn sie wohnen in Hamm, der Heimat meines Mannes...
Trotzdem möchte ich mich so bald wie möglich mit dem Alleinsein auch hier in der Wohnung auseinandersetzen. Allerdings glaube ich das es schwierig ist und noch länger dauert, denn ich nehme jede Gelegenheit war, dem Alleinsein und dem grauen Alltag zu entfliehen.
Mit unserem Hund bin ich übrigens öfter mal im Huckarder/Rahmer Wald unterwegs.

Bis demnächst

Liebe Grüße

Jutta

Geändert von Yogi 12 (16.08.2014 um 12:33 Uhr)
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  #2  
Alt 17.08.2014, 08:57
hermannJohann hermannJohann ist offline
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Standard AW: Episoden und Geschichten

Liebe Jutta,,
ich hoffe, dass Du auch weiterhin unterstützt wirst. Die Trauer braucht Zeit.Manchmal wollte ich so tun, als sei normaler Alltag.Da Tanja früher öfters bei der Familie im Ausland war, war ich auch öfters einige Wochen allein. Diese Versuche der Verleugnung sind sehr schnell gescheitert.Man kann sich ( zum Beispiel durch Arbeit) eine Weile ablenken.Immer wieder kommt die Trauer zurück. Wie gerne hätte sie Daria persönlich zu ihrem Studienplatz gratuliert.Statt dessen fand jetzt das Familientreffen ein Jahr nach ihrem Tod statt.Das Trauerjahr ist vorbei, die Trauer nicht. Für mich war das Trauerjahr richtig. Man kann seinen Gefühlen keine Befehle geben. Daher sind auch gut gemeinte Ratschläge sinnlos. Das hat damals schon meine Mutter nach dem Tod des Vaters erlebt. Einige Bekannte wollen nach einigen Monaten nichts mehr davon hören. Der Trauernde braucht Menschen, die ihn begleiten und aushalten. Das Trauerjahr gibt einem dann den Zeitrahmen zum Erleben. Aber bewältigt habe ich das Ereignis immer noch nicht. Ich glaube Tanja hat das 14 Tage vor ihrem Tod geschafft.Sie wurde ruhig, war nicht mehr verzweifelt, ängstlich oder wütend.
Liebe Grüße
Hermann
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  #3  
Alt 17.08.2014, 16:19
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Yogi 12 Yogi 12 ist offline
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Standard AW: Episoden und Geschichten

Hallo Hermann,

ich zitiere:
"Der Trauernde braucht Menschen die ihn aushalten." Das glaube ich auch und meine Zwillingsschwester ist so ein Mensch. Aus ihren eigenen Erfahrungen im
Umgang mit Krisen und auch durch ihre vierzigjährige Berufsausübung als Krankenschwester ist sie mir eine wertvolle Hilfe.

Du schreibst das Tanja sich in den letzten zwei Wochen mit dem Sterben abgefunden hat. Sie war nicht mehr verzweifelt, dafür aber ruhig und gefasst.

Bei meinem Mann war es dann in den letzten zwei Tagen vielleicht auch so ähnlich.Er hatte keine Kraft mehr, die letzten Reserven brauchte er für die schweren Atemnotschübe die nur durch häufige Morphium -Infusionen gelindert werden konnten.

Schade finde ich rückblickend auch, das wir nicht mal zusammen weinen konnten. Nicht nach der finsteren Diagnose und auch nicht in der letzten Woche im Krankenhaus .
Er hatte sich da immer unter Kontrolle jedenfalls wenn ich dabei war.
Dafür wein ich jetzt um so mehr, denn manchmal löst es den inneren Druck ein wenig auf.
Ich hoffe ich bin richtig in deinem "Thread". Wenn nicht scheu dich bitte nicht es mir zu sagen, denn es scheint ein Dialog zwischen uns zu sein. Die anderen
Nutzer halten sich zurück, was so vielleicht nicht gewollt ist.....

Liebe Grüße
Jutta

Geändert von Yogi 12 (17.08.2014 um 16:22 Uhr)
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  #4  
Alt 17.08.2014, 17:46
hermannJohann hermannJohann ist offline
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Standard AW: Episoden und Geschichten

Hallo Jutta,
mach Dir keine Gedanken über die anderen Nutzer. Ich kann auch nicht auf jeden Beitrag antworten, auch wenn ich vieles verstehe. Manchmal ist ein Beitrag auch nur eine Klage, der man verständnisvoll zuhört ohne zu antworten. Wenn andere Nutzer nicht antworten, hat das nichts mir Dir zu tun. Manche lesen nur einfach mit. Ich habe die Trauer zweimal erlebt, einmal bei Tanja, dann bei mir. Fragen werden gestellt die man nicht beantworten kann. "Warum werden andere Frauen 80 Jahre, aber ich soll sterben?" Ich kann auch sagen: "Die meisten Ehefrauen werden über 80, aber ich habe meine so früh verloren" aber auch: "Warum hat man sie nicht noch ein paar Jahre leben lassen, obwohl sie dafür gebetet hat." Es gibt keine Antworten auf solche Fragen. Aber es sollte Zuhörer geben, die das aushalten und nicht vorschnell trösten wollen.
Liebe Grüße Hermann
ps: wir haben manchmal zusammen geweint. Tanja mochte eigentlich keine weinenden Männer, aber das hat sie akzeptiert.

Geändert von hermannJohann (17.08.2014 um 17:55 Uhr)
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  #5  
Alt 17.08.2014, 20:38
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Yogi 12 Yogi 12 ist offline
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Lieber Hermann!

Gut, das du so eine besonnene Art hast.

Dadurch konnte ich meine Selbstzweifel verwerfen und denke nicht weiter über die anderen nach.
Jeder steht an einer anderen Stelle und fühlt sich mal mehr oder weniger angesprochen von dem was hier gerade thematisiert wird.

Liebe Grüße
Jutta
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  #6  
Alt 18.08.2014, 01:08
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HelmutL HelmutL ist offline
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Standard AW: Episoden und Geschichten

Zitat:
Zitat von hermannJohann Beitrag anzeigen
... Aber es sollte Zuhörer geben, die das aushalten und nicht vorschnell trösten wollen. ...
Hallo Hermann, hallo Jutta,

das ist ein guter Satz.

Liebe Grüße,

Helmut
__________________
Zeit zum Weinen, Zeit zum Lachen.
http://www.krebs-kompass.org/howthread.php?t=31376
http://www.krebs-kompass.de/showthread.php?t=48070

Die von mir im Krebs-Kompass verfassten Texte dürfen auf anderen Homepages und in anderen Foren ohne meine ausdrückliche Zustimmung weder verwendet noch veröffentlicht werden. Auch nicht auszugsweise.

Geändert von HelmutL (18.08.2014 um 01:09 Uhr) Grund: Zitat korrigiert
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  #7  
Alt 18.08.2014, 06:09
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RudiHH RudiHH ist offline
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Hallo Jutta
Es ist wie Hermann sagt.
Zitat:
Aber es sollte Zuhörer geben, die das aushalten und nicht vorschnell trösten wollen.
Ich sehe das auch bei mir.
Auch wenn Trost doch oft so gut tut.

Deshalb wollte ich mal kurz melden.

Lieben Gruß
__________________
.
Rüdiger
--------------------------------------------------
Gott gebe uns Gelassenheit, hinzunehmen was nicht zu ändern ist, Mut zu ändern was man ändern kann und Weisheit zwischen beiden zu unterscheiden.

Wir werden Kämpfen!
Denn wer nicht mal versucht zu Kämpfen, hat schon verloren. Herr gebe uns Kraft und lasse uns verstehen.
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  #8  
Alt 18.08.2014, 21:54
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Yogi 12 Yogi 12 ist offline
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Hallo an Alle,

Schön das ihr euch mit eingebracht habt, denn als Hinterbliebener muss ich mit der Traurigkeit leben die der Verlust mit sich bringt und als Angehöriger
habe ich mich mit der Ungewissheit und Angst auseinander zu setzen, weil Prognosen nicht stimmen oder eine Operation die sehnlichst gewünschte höhere Lebenserwartung nicht immer mit sich bringt etc.
Bei uns löste sich nach der Diagnose (wie bei den meisten anderen auch) das bisherige" normale" Leben auf und Kummer und Sorgen hielten Einzug in unseren Köpfen, in unserem Alltagsleben.-
Nur ganz am Anfang als der erste Chemo-Zyklus anschlug gab es ein wenig Zuversicht und einige wenige Tage spürte ich wieder so etwas wie Normalität.
Danach nur noch schlechte Nachrichten und das schnelle Ende, das jeder allein durchleben muss, auch wenn ein naher Angehöriger dabei sein kann.
Ich bin mir nicht sicher ob eine echte Sterbehilfe möglich ist.
Mit 56 J. war Ingo zu jung und wir hätten so gerne unsere "besten Jahre" zusammen verbracht.

Heute konnte sein Wagen verkauft werden, mit dem er sehr zufrieden war, der ihm viel bedeutet hat. Es versetzt mir einen Stich, aber ich habe ihn
nun nicht mehr täglich vor Augen wenn ich aus dem Fenster schau. Ich kann den Wagen weder gebrauchen noch finanzieren.

Ja, Hermann es ist so wie du es beschrieben hast -nichts ist gut und das Geld für das Auto ist ein billiger Trost-.
Liebe Grüße

Jutta

Geändert von Yogi 12 (18.08.2014 um 22:12 Uhr)
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  #9  
Alt 18.08.2014, 22:58
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HelmutL HelmutL ist offline
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Zitat:
Zitat von hermannJohann Beitrag anzeigen
Man kann aber auch zu zweit traurig sein.
Hallo Hermann,

ja, das geht. Ich finde, es ist sogar die beste Art und Weise jemanden zu trösten. Mitgefühl. Das geht sogar dann, wenn der oder die andere die eigene Trauer, den Schmerz nicht wirklich einschätzen kann. Das Wichtigste daran: auch wenn Trauer und Schmerz dadurch nicht weniger werden, so ist man nicht allein in dem Moment. Man kann sich anlehnen, fallen lassen und weiß, dass man aufgefangen wird. Meist genügt es, wenn jemand einfach nur zuhört. Das macht Mut.

Das geht auch virtuell.

Liebe Jutta,

meine Frau wurde auch nur 56 Jahre alt. Viel zu früh. Wir wollten mal in der Sonne auf einer Parkbank sitzen ... alle Pläne zerstört. Nach ihrem Tod habe ich mir unterm Dach eine kleine Wohnung eingerichtet. Ich konnte in unserer alten Wohnung nicht mehr atmen. Damit war es natürlich noch lange nicht vorbei mit der Trauer.

Es wird nie so ganz vorbei sein. Ich fände es sogar schlimm, wenn es irgendwann so wäre. Das wäre Vergessen. Das will ich nicht. Warum auch?


Liebe Grüße,

Helmut
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