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  #1  
Alt 08.06.2014, 10:41
Stoerchin Stoerchin ist offline
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Standard AW: Trauern um verstorbene erwachsene Geschwister

Hallo zusammen,

lange habe ich mich nicht mehr gemeldet, aber ich hatte wenig Zeit, denn ich habe immer sooo viel gearbeitet, eine Fortbildung gemacht und die Prüfung bestanden *stolzsei* und auch eine kleine OP hinter mich gebracht. Nächste Woche fliege ich in die USA zu einer Konferenz zu einem anderen (als Leukämie) medizinischen Thema, für das ich mich engagiere. Aus all diesen Gründen bin ich meinem eigenen Angebot, sich mal zu treffen, auch nicht weiter nachgegangen - Birgit hatte ja auch Interesse signalisiert. Mal schauen, was die zweite Jahreshälfte bringt.

Tja, und somit geht das Leben weiter und weiter und der Tod meines Bruders wird nicht thematisiert. Freunde (liebe und gute Freunde, die nur das Beste für mich wollen) fragen nicht nach; ich werde aber gefragt, ob ich zu fröhlichen Stadtfesten mitmöchte, was ja auch gut ist, aber wenn ich antworten würde, dass mir nicht nach Feiern zumute ist, würde es keiner verstehen und sie denken, dass ich mir selber damit keinen Gefallen tue, da ich selber verkenne, was für einen Gefallen ich mir selbst tun würde, wenn ich mal so etwas Fröhliches machen würde. Also habe ich z. B. für diese Anfrage vorgestern aus einem anderen Grund abgesagt. Vielleicht spricht mich auch keiner an, weil ich ja ansonsten bin wie immer. Dabei gilt immer noch morgens mein erster und abends mein letzter Gedanke meinem Bruder. Manchmal denke ich, ich halte das nicht aus zwischen alle den Leuten, die das noch nie erleben mussten und einfach ganz andere, meistens schöne, Themen haben. Dann denke ich auch, dass es eine eigene Stadt für trauernde Menschen oder mit anderen schweren Schicksalen geben müsste. Einfach weil mach sich gegenseitig versteht - ich weiß: ich kann meinen Freunden keinen Vorwurf machen, sie können ja auch nichts dafür, dass sie so etwas noch nicht erleben mussten.

Und meine Familie? Tja, ich suche gerade zusammen mit meiner Schwster und der Freundin meines Bruders einen Grabstein für ihn aus, aber ansonsten sprechen wir auch hier nicht so viel über meinen Bruder, darüber hatte ich ja schon ein paar Mal berichtet - mein Freund sagt mir immer wieder, dass ich akzeptieren müsse, dass die anderen eben mit ihrer Trauer umgehen, indem sie nicht drüber sprechen. Bei mir ist das genau umgekehrt. Dass mein Vater immer noch bzw. weiterhin so gut drauf ist wundert und freut mich zugleich. Aber bei meiner Mutter kam nach ca. drei Jahren der große psychische Zusammenbruch, weil er vorher keine vernünftige Trauerarbeit geleistet hatte.

Zum größten Thema in meinem Leben passiert also nichts, ich müsste (wieder) viel mehr darüber reden und mich austauschen, weil ich weiß, dass es mir danach ein klein bisschen besser geht. Daher dacht ich, ich schreibe Euch. Ihr versteht mich.

Gestern haben wir gleich zwei befreundete Paare mit kleinen Kindern besucht, die einen haben ein 5-jähriges Mädel und einen 3-jährigen Jungen. Die haben sich so geliebt, die beiden, das war so süß, da dachte ich wieder, was die Liebe unter Geschwistern für eine große und bedeutende ist und habe den beiden nur gewünscht, dass sie ihr ganzes Leben miteinander (oder zumindest in Kontakt zueinander, wenn sie nicht in der gleichen Stadt wohnen) verbringen dürfen. Ich denke, außer mir hat niemand diesen Gedanken gehabt. Ich muss auch irgendwie mal von dem Trip runterkommen, dass ich Menschen angucke und immer gleich überlege, wie lange die wohl noch leben oder etwas in der Richtung. Hier in Deutschland werden Menschen alt, dass sie so früh sterben ist eigentlich die Ausnahme.

So, Ihr Lieben, nun habe ich mir wieder ein wenig meine Gedanken von der Seele geschrieben. Ich wünsche Euch allen schöne, sonnige Pfingsten und würde mich freuen, mal wieder von Euch zu hören.

Ganz liebe Grüße
Störchin

Geändert von Stoerchin (08.06.2014 um 10:56 Uhr)
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  #2  
Alt 08.06.2014, 11:02
Landleben Landleben ist offline
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Standard AW: Trauern um verstorbene erwachsene Geschwister

Hallo Störchin !


Wünsche Dir eine gute Reise und komme wieder gut zurück.


LG
Landleben
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  #3  
Alt 09.06.2014, 12:06
Stoerchin Stoerchin ist offline
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Standard AW: Trauern um verstorbene erwachsene Geschwister

Vielen Dank, Landleben!

Liebe Grüße
Störchin
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  #4  
Alt 10.06.2014, 19:07
chrisi0211 chrisi0211 ist offline
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Beiträge: 938
Standard AW: Trauern um verstorbene erwachsene Geschwister

Wünsche Dir ebenfalls eine gute Reise und eine gute Zeit!

Weißt Du, bei meinem Bruder jährt es sich ja heuer zum 11. Mal und ich kann es eigentlich gar nicht glauben, dass er schon so lange fort ist... Ach, irgendwie ist er ja doch immer bei mir und ich habe die Erfahrung gemacht, dass viele einen nicht ansprechen wollen, weil sie davor Angst haben Dir wehzutun, diese alten Wunden wieder aufzureißen und Salz in die Wunde zu streuen, andere reden nicht darüber, weil sie sich das auch gar nicht vorstellen können - ich denke, es gibt unterschiedliche Ansichtsweisen dazu. Letztendlich muss man aber doch alleine den Weg der Trauer gehen, es ist zwar schön, wenn da jemand ist, der das versteht und einem hält, aber es hilft nur beschränkt, weil die eigene Gefühlswelt muss man selber wieder geraderücken - und das ist echt verdammt schwer und selbst nach vielen Jahren kommt da ab und an so eine Welle, wo man einfach mal heult...

Aber das sind Tränen der Liebe zu dem Verstorbenen und heißt eigentlich nur, dass der Tod dieses Band nicht zerstören kann...

lg Chrisi
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  #5  
Alt 10.06.2014, 19:24
Benutzerbild von Gina79
Gina79 Gina79 ist offline
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Beiträge: 846
Standard AW: Trauern um verstorbene erwachsene Geschwister

Liebe Störchin!
Die Idee oder besser gesagt dein Wunsch mit einer eigenen Stadt für trauernde Menschen finde ich wunderschön!
Leider gibt es das nur in unseren Träumen, die Realität sieht anders aus und ist härter!
Ich habe meinen Papa verloren und auch ich halte es auch oft nicht aus unter so vielen fröhlichen Menschen. Man verändert sich, die Leichtigkeit im Leben geht verloren. Wer weiß, vielleicht kommt sie mal wieder, aber im Moment kann ich dieser typischen "Spaßgesellschaft" auch nichts abgewinnen!
Aber man muss auch die andere Seite sehen, wer so etwas nicht erlebt hat, der kann es nicht verstehen. Ich konnte es vorher auch nicht wirklich.

Liebe Grüße und gute Reise!
__________________
Mein Papa: Kleinzelliges Bronchialkarzinom
Diagnose am 21.12.2011
am 23.2.2013
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  #6  
Alt 13.06.2014, 14:05
Birgits Schwester Birgits Schwester ist offline
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Beiträge: 15
Standard AW: Trauern um verstorbene erwachsene Geschwister

Hallo,

auch von mir,liebe Störchin, eine gute Reise.

Ich habe nicht viel Gutes zu berichten. Am 4. Mai ist mein Schwiegervater verstorben, zwei Wochen später war ich also wieder auf einer Beerdigung. Mein Schwiegervater war 93 Jahre alt... natürlich ist es trotzdem traurig, aber eben doch anders, als ob jemand, wie meine Schwester, mit 46 stirbt. Jedenfalls war die Beerdigung doppelt hart, weil alles wieder vor mir war.

Bei mir vergeht kein Tag, an dem ich nicht an meine Schwester denke. Es wird auch immer so bleiben. Ich habe immer noch diese Momente, wo ich erstarre, wenn mir der Satz:
Sie ist tot! in den Sinn kommt und bewusst wird.
Ich kann es nicht begreifen, es geht mir nicht in meinen Kopf.

Und doch muss und will man ja weiterleben. Ich kann glücklicherweise mit meinen Freunden und meiner Schwester immer über meine Trauer reden, das hilft sehr, diese Offenheit und Toleranz. Aber es nimmt eben doch nicht den Schmerz, den Weg geht man doch alleine.

Ich wünsche Euch allen ein schönes Wochenende und haltet die Ohren steif.

Liebe Grüße

Birgit
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  #7  
Alt 24.06.2014, 12:59
Waldkäuzchen2014 Waldkäuzchen2014 ist offline
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Beiträge: 9
Standard AW: Trauern um verstorbene erwachsene Geschwister

Hallo Ihr Lieben,

ich wollte mich nach langer Zeit auch mal wieder melden. Natürlich verlief alles gut an meiner Doktorprüfung am 28. Februar. Man macht sich halt doch immer umsonst verrückt. Bei der Feier danach und den 10 Tagen Urlaub ging es mir zum ersten Mal seit September 2013 wieder "richtig gut". Mittlerweile ist der Alltag natürlich wieder da, ich bin tatsächlich immer noch auf Jobsuche. Es ist wahrlich nicht schön. Manchmal kommt gewaltige Bitterkeit hoch. Etwa habe ich Kollegen, die nur 1 Bewerbung geschrieben haben nach dem Studium und gleich irgendwo gelandet sind. Ich kenne aber natürlich auch die andere Seite. Sicher ist, es liegt nicht an meiner Qualifikation.

Aber ich will Euch nicht damit langweilen. Was mir zur Zeit ab und zu auffällt an Gefühlen, ist seltener Verzweiflung aufgrund des Verlusts meiner Schwester, aber vielmehr ein tiefer Hass/ eine tiefe Aggression gegenüber Menschen, die solches oder ähnliches NICHT erlebt haben oder für die im Job UND im Privaten alles super läuft.

Habt Ihr manchmal auch solche Gefühle??? Ich bin ein recht friedfertiger Mensch (schon immer) und dennoch übermannt es mich häufig. Kann mich dann meist mit Sport abreagieren. Die Grundstimmung bleibt dann öfter über einige Tage und vergeht meist, wenn ich mit meinem Freund oder Freunden schöne Ausflüge mache.

Was ich sonst an mir beobachte: ist ein zunehmender Verlust der Leichtigkeit des Seins in den letzten Monaten. Mit meinem Freund bin ich schon über 13 Jahre zusammen, und es ist nach wie vor super und oft hüpft das Herz vor Freude noch. Aber: ich kann das irgendwie kaum glauben, dass es so super sein soll. Seit der Geschichte mit meiner Schwester bin ich in so einer "hab-acht-Stellung". Ich erwarte jeden Moment, dass die nächste Katastrophe/Krankheit/Tod über uns hereinbricht. Kennt Ihr auch solche Gefühle?

Wegen mir können wir uns auch gerne einmal treffen. Ich komme aus Nordbayern, würde aber am WE auch woandershin fahren.

So und jetzt Euch allen noch einen schönen sonnigen Tag!
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