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  #1  
Alt 14.08.2013, 00:22
Kerejon Kerejon ist offline
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Registriert seit: 14.08.2013
Beiträge: 24
Standard AW: Wie macht ihr das mit dem Arbeiten gehen...?

Zunächst einmal möchte ich mich in diesem Forum vorstellen.
Ich habe seit knapp einem Jahr die Diagnose hochmalignes Nebennierenkarcinom und im Juni das Frührezidiv operiert bekommen.
Da ich selbst Arzt bin, kann ich der Versuchung wieder zu arbeiten und den Kopf vor meiner vermutlich Palliativen Situation wieder frei zu bekommen, schwerlich wiederstehen. Also stecke ich meine Kraft so gut es geht in die Versorgung meiner Patienten. Eine Chemotherapie hilft bei meinem Tumor nur wenig, einzig eine Tablettentherapie kann helfen ( Mitotane ). Meine Tage auf der Erde sind mit 40 Jahren wohl bald gezählt, aber seit ich wieder arbeite und anderen Kranken, in etwa der vergleichbaren Situation ausgesetzt, helfen kann, fühle ich mich wieder besser. Wer den Arbeitsalltag eines Klinikarztes kennt kann verstehen, dass ich mit auftreten der ersten Metastase in mein Restleben verabschieden werde. Glücklicherweise ist in dieser Frage mein Chef sehr zuvorkommend und bestätigt mich, bietet mir abgestufte Dientszeiten an, gewährt mir frei für die Nachuntersuchngen.

Es ist somit immer die Frage nach der Toleranz in der Arbeitswelt. Nachfragen, die arbeitsrechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen und vor allem jeden Tag genießen...

Denkt immer daran: In einer Situation wie meiner zum Beispiel zählt jeder sinnvoll ausgefüllte Tag.

Und sobald die erste Metastase auf meiner Leber erscheint, werden diese Tage nur noch mir und meinen Liebsten gehören......

Ganz liebe Grüße
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  #2  
Alt 14.08.2013, 01:09
Dirk1973 Dirk1973 ist offline
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Ort: Ende aus, Micky Maus
Beiträge: 2.174
Standard AW: Wie macht ihr das mit dem Arbeiten gehen...?

Hallo Kerejon,

und wie sehr ich Dich verstehen kann. Zuerst einmal herzlich willkommen im Krebs-Kompass, auch wenn es natürlich ein ziemlich häßlicher Anlass ist.

Das was Du beschreibst, ist so ein klein wenig die "Seuche", die uns Medizinern und medizinischem Assistenzpersonal doch so oft eigen ist: wir fühlen uns in unseren Berufen so wohl, weil wir doch Tag für Tag in den Leben anderer etwas bewegen, beeinflussen oder gar deren Leben retten können.

Ich bin im Rettungsdienst tätig, wollte seit klein auf nichts anderes machen und finde auch heute noch meine Erfüllung darin. Als ich damals meine Diagnose (metastasierender Hodentumor) bekam, wechselte ich die Seiten. Ich war nun nicht mehr der "Retter" der vermeintlich heldenhaft um jedes einzelne Leben "kämpfte" ("schön dass Ihr da seid, habt´a mal `nen Pflaster......."), sondern ich lag nun dort, wo sonst meine Patienten hin kamen. Ich war Patient Nummer 123 der in den OP wanderte. Ich war Patient 123, der nun im Zimmer 12 auf die Visite und hoffentlich gute Neuigkeiten wartete. Ich war das Häufchen Elend, das im Krankenbett über die Flure geschoben wurde.

Ich denke, genau dieser Seitenwechsel macht es uns so schwer. Und so lange es uns gut geht, so lange wollen wir für die "wirklich" Kranken da sein und uns für sie einsetzen. Schließlich gehören wir doch zu den "Guten", zu den vermeintlich Unsterblichen.
Ich habe während meiner Chemo Verfahrenshilfen ausgearbeitet und mich damit über Wasser gehalten. Ich wusste, diese Hilfen werden gebraucht, somit wurde ich gebraucht. Das war schon ein angenehmes Gefühl. Selbstverständlich war ich regelmäßig mal zu Besuch in der Firma und konnte zum Glück nach einer erfolgreichen Chemo recht schnell wieder in den Beruf zurück kehren.

Ich finde es absolut bemerkenswert, dass Du Deiner recht frustranen Diagnose zum Trotz wieder als Arzt tätig bist. Und vor allem wünsche ich Dir, dass Du dies noch eine sehr lange Zeit sein kannst. Lass Dich nicht unterkriegen und dass das Frührezidiv auch das allerletzte Aufflammen Deiner Erkrankung war.
__________________

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  #3  
Alt 15.08.2013, 00:56
Kerejon Kerejon ist offline
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Beiträge: 24
Standard AW: Wie macht ihr das mit dem Arbeiten gehen...?

Hallo Dirk,

Erstmal vielen Dank für Deinen Beitrag. Ich sehe, Du kannst meine Situation durchaus nachvollziehen, hab auch ich zuletzt die "andere" Seite kennenlernen dürfen. Um es zu präzisieren: Ich bin Chirurg und war auf einmal vollkommen hilflos, mal der zu sein, der jeden Pflasterwechsel kritisch beäugt und der Visite harrt. Vorgestern stand ich wieder auf der " richtigen Seite" des OP- Tisches und habe zum ersten mal ein Gefühl bekommen, wie es tatsächlich ist, der Mensch unter den Abdecktüchern zu sein.
Der Nachteil "vom Fach" zu sein ist , dass ich mich natürlich in jede Veröffentlichung und Studie meine Erkrankung betreffend eintauche ( die es leider kaum gibt, ist meine Tumorart doch extrem selten ( 2:1000000) und Daten fehlen.

Eine der letzten Studien kommt zu dem Schluss, ein Frührezidiv dieses Tumors sei im Prinzip unheilbar, daher, so gut Du es meintes, glaube ich nicht, dass es das "letzte Aufflackern" war. Daher stecke ich in der Falle, zwar prinzipiell noch auf der kurativen Schiene zu sein und noch Hoffnung haben darf. Andererseits kenne ich die Überlebensraten dieses Krebses in 5 Jahren und verwerfe weitere Zukunftspläne.

Um Diesen Gedanken zu entkommen Stürze ich mich so gut es geht in meine Arbeit und... Wie Du mir sicher zustimmen wirst.... tut es einfach gut, anderen zu helfen. Und das mehr noch als zuvor.

Macht Krebs einen zum besseren Mediziner ? Wahrscheinlich nicht, aber es sensibilisiert und macht zumindest mich etwas gelassener.

Um den gedanklichen Exkurs zum Ausgangspunkt zu führen:
Wie mache ich das mit dem Arbeiten?
Ich tue es soweit meine körperlichen und emotionalen Kräfte mitmachen gerne. Allerdings gibt es Grenzen, bei denen ich sofort damit aufhören würde und andere Dinge, insbesondere Familie, vorziehe.

Lieben Gruss

P.S. 1973 sollte doch eigentlich ein guter Jahrgang sein, oder ? ;-)
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  #4  
Alt 16.08.2013, 07:28
conquerer conquerer ist offline
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Standard AW: Wie macht ihr das mit dem Arbeiten gehen...?

Hinzu kommt doch in dieser Situation das Alter. Ihr seid um die 40, ich 38 da macht man sich ja normalerweise Gedanken über andere Sachen.

Manchmal muss ich mich gerade auf der Arbeit oder Privat einfach ausklinken. Wenn es um die Rentenvorsorge oder Dinge in 10 Jahren geht, da wird einem doch etwas anders. Man weiss nunmal nicht wie es weiter gehen könnte.

Im Prinzip ausblenden und einfach das tun was ich denke das es das Richtige ist. Spas haben wo man noch Spass daran hat....
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  #5  
Alt 17.08.2013, 01:45
Kerejon Kerejon ist offline
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Beiträge: 24
Standard AW: Wie macht ihr das mit dem Arbeiten gehen...?

Und hier liegt mein Problem. Noch gelte ich als heilbar, obwohl die Statistiken dem widersprechen. Zu selten ist mein Tu als das es sichere Aussagen gibt. Der Verstand sagt das Leben geht weiter, die Zahlen anderes. Es ist ein fürchterliches Vakuum, welches ich anhand meiner Arbeit füllen will. Sobald ich zur Ruhe komme.... Wird es schlimm...

Liebe Grüße ?
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  #6  
Alt 17.08.2013, 08:30
J.F. J.F. ist offline
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Standard AW: Wie macht ihr das mit dem Arbeiten gehen...?

Hallo Kerejon,

hat das eventuell mit Deinem berufsbedingtem Pessimusmus zu tun?

Wenn ich so Revue passieren lasse, so ist es meinem Dickschädel und meinem Glauben an mein inneres Warnsystem (das mir bisher dreimal das Leben gerettet hat -> Tatsache) zu verdanken das ich im Kontakt mit Ärzten nicht wahnsinnig geworden bin. Oder zumindest depressiv. Denn von Beginn an (Vermutung was es sein könnte, Hin und Her zwischen drei Histologien) hat man alles in seiner Machtstehende getan, um mir mitzuteilen - direkt und indirekt - das ich spätestens in einem Jahr eh nicht mehr da sei. So sah zum Teil auch die Nachsorge im Erstjahr aus. Einzig ein Chirurg - den ich heute noch gerne als meinen Chirurgen bezeichne - hat da nie mitgemacht, sondern chirurgisch alles getan, um EBEN nicht in diese Zielgerade einzubiegen. Klar, es gehört mehr zum Überleben einer metastierten Krebserkrankung als der chirurgische Teil, aber hier kann auch einschneidend (im wahren Sinne des Wortes) agiert werden. Das gleiche Spiel hatte ich dann nochmals für einen dreimonatigen Marathon durch die MRTs, PET/CT und OP mit einem zweijährigen Nachlauf mit Vorlage beim tumorboard. So etwas zehrt an der Substanz. Und ist für die Vertrauensbildung / -basis zum Arzt mehr als schädlich. Wer mir heute mit Prognosen, Statistiken, selbst mit einer Trauermine gegenübersteht hat bei mir schon schlechte Karten. Ich glaube ihm nicht. Dazu habe ich in den letzten Jahren zu viele absurde / abgefahrene Situationen erlebt. Und auch die Ergebnisse.

Und arbeiten ist für viele ein verdammt gutes Instrument im "Kampf gegen den Krebs". Auch ich habe diese Möglichkeit ergriffen. Durch die Erkrankung verändert sich das Verhältnis zur Arbeit und auch sein eigener Einsatz. In welche Richtung, nun das ist wieder individuell. Vor kurzem wurde mir gesagt, ich solle aufpassen, ich bekäme noch einen Herzinfarkt. Meine Reaktion: Abwinken und spontane Aussage, und wenn, habe schon zwei als unheilbar eingestufte Erkrankungen überlebt bzw lebe mit ihnen, also was soll mir noch passieren. Eine Art Überheblichkeit, die man wohl erlangen kann. Wobei die Reaktion meines Gegenüber auch nicht schlecht war ... nach dem Überraschungseffekt..

Was mir noch spontan eingefallen ist: Ist Dir was an die Niere gegangen? So wie mir wohl was einiges im Hals stecken geblieben ist. Das ist aber eher rhetorisch in den Raum gestellt. Eine Antwort erwarte ich nicht

Du giltst als heilbar. Schreibst Du selber. Warum also dieser Pessimismus?
Gerade gestern habe ich ein Gedicht von Dietrich Bonhoeffer gelesen, das ich jetzt nochmals herausgesucht habe, weil ich denke das es sehr gut passt:

Optimismus

Optimismus ist in seinem Wesen keine Ansicht über die gegenwärtige Situation,
sondern er ist eine Lebenskraft, eine Kraft der Hoffnung, wo andere resignieren,
eine Kraft, den Kopf hochzuhalten, wenn alles fehlzuschlagen scheint,
eine Kraft, Rückschläge zu ertragen,
eine Kraft, die die Zukunft niemals dem Gegner lässt, sondern sie für sich in Anspruch nimmt.

Dietrich Bonhoeffer

In diesem Sinne wünsche ich Dir, dass Du den Optimismus für Dich in Dein Leben wieder aufnehmen kannst.
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  #7  
Alt 17.08.2013, 08:53
J.F. J.F. ist offline
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Standard AW: Wie macht ihr das mit dem Arbeiten gehen...?

Hallo conquerer,

bei Deinem letzten Post musste ich lachen. Was bitte sind zwei Jahre Altersunterschied? Nüx . Du bist in der Verarbeitungsphase schon einen Schritt weiter als Kerejon. Er muss sich noch mit der Situation auseinandersetzen. Dies hast Du schon hinter Dir, denn Du hast den Begriff "Zukunft" schon wieder im Repertoire. Jeder der sich mit der Zukunft auseinandersetzt kommt unweigerlich mit dem Bereich Arbeit, Arbeitsqualität, Arbeitsquantität und deren Früchte in Form von Gehalt und Rente in Kontakt.

Wenn man die Postings der hier Schreibenden heranzieht so sieht man, dass es nicht allen gleich gut oder schlecht geht.
Der eine möchte lieber keine Gleichmäßigkeit, sondern Abwechslung.
Der nächste möchte lieber nur die eine Schiene durch die Arbeitswelt ohne rechts oder links.
Der nächste möchte gerne arbeiten, kann aber nicht, sondern ist froh den Alltag so zu meistern.
Hier schreiben soo viele unterschiedliche Krebsarten mit seinen unterschiedlichsten Auswirkungen auf den Körper, dass man eigentlich garkeine Vergleiche ziehen dürfte. Auch hier gilt dann: Verallgemeinerung aller Krebserkrankungen. Und dann wundern sich einige (siehe Thread Sprüche, die keiner braucht oder so ähnlich) über die unterschiedlichsten Reaktionen der Menschen, wenn selbst Krebserkrankte nicht über den eigenen Tellerrand schauen und die Problematiken anderer Operationsbereiche nicht realisieren. Das geht zum Teil sogar schon in der eigenen Krebsart los. Deswegen, nicht nur die Außenstehenden müssen im Beruf und der Freizeit Vorsicht bei einigen Krebserkrankten walten lassen, sondern auch die Krebserkrankten sollten sich daran halten. In der Freizeit ist dies mit einem offenen Wort schnell lösbar. In der Berufswelt nicht. Deswegen gibt es ja in großen Firmen Vertrauenspersonen in Form von Behindertenbeauftragte. Aber auch hier ein Aber meinerseits : Manchmal braucht es dieser Helfer nicht, selbst ist der Mensch
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  #8  
Alt 15.09.2013, 16:50
Thusnelda Thusnelda ist offline
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Standard AW: Wie macht ihr das mit dem Arbeiten gehen...?

Hallo Con,
mir ging es ähnlich - nach den Behandlungen musste ich mich erst wieder in die Arbeit stürzen. Jetzt nach zwei befundfreien Jahren denke ich erst ernsthaft darüber nach, wie. lange ich mich noch für andere aufreiben will und gehe zunehmend in Abstand zu meiner Arbeit, arbeite aber immer noch gern. Wahrscheinlich brauchte ich erst die Freiheit, selbst eine Haltung dazu zu entwickeln und nicht durch die Krankheit gezwungen zu werden. Allerdings bin ich auch schon 54. Da sind die Jahre bis zum Ruhestand auch schon überschaubarer. Also, bis 66 mache ich definitiv nicht. Ob es auch weiterhin keine neuen Befunde gibt, weiß schließlich niemand! Carpe Diem!
Alles Gute für euch. Thusnelda
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  #9  
Alt 16.09.2013, 22:26
Norma Norma ist offline
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Standard AW: Wie macht ihr das mit dem Arbeiten gehen...?

Antwort auf die obige Frage:

Gar nicht!

Als die Diagnose feststand, war ich 47 Jahre alt; hatte 33 Jahre gearbeitet; drei Kinder bekommen und großgezogen und noch eine pflegebedürftige Mutter.

Mein Alltag bestand Jahrzehnte aus einem ausgeklügelten Minuten-Fahrplan. Jeder Tätigkeit, ob zu Hause oder in der Arbeit, wurde ein genaues "Zeitmaß" zugeordnet.

Beispiele gefällig?

Zu Hause:
Spülmaschine ausräumen: 3 Minuten
Spülmaschine einräumen: 4 Minuten
Wäschetrockner leeren und Wäsche zusammenfalten: 8 Minuten
Essen kochen und selbst essen: 30 Minuten
Körperpflege: morgens 15 Minuten, abends 10 Minuten

und so weiter und so fort...

Auf der Arbeit:
Kundengespräche pro Gespräch: 3 Minuten minimum, 10 Minuten maximum
1 volle Seite Din-A4 (keine pro-Forma-Briefe), selbst erarbeitet und geschrieben: 10, höchstens 15 Minuten
Telefongespräche: pro Gespräch höchstens 5 Minuten
Ablage, wenn sie voll war: 5 Minuten

Überstunden? Habe sie nicht mehr gezählt

Pause? So gut wie NIE!
Urlaub? Ja, dann wurde die Arbeit mit nach Hause genommen.

Kollegen-Gespräche: ausgeschlossen, da in weiter Ferne


Nur mit diesem peniblen Zeitplan war es möglich, den Überblick zu behalten und sogar 6 Stunden Schlaf zu bekommen.

Etwa ein Jahr vor der Diagnose meldete sich mein Körper massivst. Es war klar: Irgendetwas stimmt nicht. Da ich 47 Jahre alt geworden war, beruhigte ich mich selbst: Wechseljahre. Passte ja auch alles: Schweißausbrüche, vor allem nachts
Überschnelle Erschöpfung bis zum Denken: "Ich kann einfach nicht mehr"
Ausbleiben der Periode
Magen- und Darmprobleme
Kopfschmerzen, erhöhte Temperatur
trockene Haut etc. ...


Dann ertastete ich den Knoten in der Brust; wartete aber noch Monate, weil Fibroadenome in der Familie schon zum automatischen "Brust-Mitbringsel" gehörten.

Im Moment der endgültigen Diagnose habe ich innerlich einen rigorosen Schnitt vollzogen. SO wie bisher wollte und konnte ich nicht mehr weiter machen. Ich sah mich plötzlich nur noch wie ein gut funktionierender Roboter, der nun kaputt gegangen war.

Kopfkino?

Ja sicher! Und wie!

Was dann folgte, waren neoadjuvante Chemo, die Op (Mamma-Ablatio) und noch einmal Chemo. 30 Bestrahlungen, 10 Jahre Anti-Hormon-Therapie.

Ich erinnere mich an Arztgespräche ("Frau, warum bloß sind Sie nicht früher gekommen?") und an viele mitleidvolle Krankenschwester-Blicke.
Ich erinnere mich an alle Nebenwirkungen der Therapien.
Ich erinnere mich an meinen früheren Zeitplan und manchmal schaue ich immer noch wie selbstverständlich auf die Uhr, ob das Einräumen der Spülmaschine auch nicht länger als 4 Minuten gedauert hat.
Und im nächsten Moment fällt mir ein, dass das unwichtig geworden ist.

Nun ja, nach der 1. Reha habe ich sofort den Rentenantrag gestellt und wenn ich damals gewusst hätte, dass daraus ein 7jähriger "Rentenkampf" entstehen würde... mein Kopfkino hätte wohl völlig verrückt gespielt.

Richtig "befreit" fühlte ich mich erst, als die Dauerrente bewilligt wurde.

Ich bin kein funktionierender Roboter mehr; ich LEBE!
Trotz aller körperlichen Einschränkungen, die sich im Laufe der Zeit eingestellt haben: Die Erkrankung hat mir die Augen geöffnet und auch dafür bin ich dankbar.


Liebe Grüße an Alle
Norma
Diagnose Brustkrebs Nov. 2001
Diagnose Darmkrebs Juni 2007 bei meinem Mann
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