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Alt 24.01.2011, 09:59
Benutzerbild von Ritterin
Ritterin Ritterin ist offline
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Registriert seit: 17.12.2010
Ort: Rosenheim, Bayern
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Standard Es frisst meine Seele auf

Hallo an alle

Normalerweise schreibe ich im Nierenkrebs-Forum, doch heute muss ich mal irgendwo meine Gefühle loswerden.

Mein Vater ist betroffen, er bekam seine Diagnose kurz vor Weihnachten und hat gerade (vor vier Tagen) eine riesige OP hinter sich gebracht, in der Niere inkl. Tumor, Milz und Metastasen an Bauchspeicheldrüse und Magen und ein Stück Darm entfernt wurden. Von der Diagnose bis zur OP war ich von mir selbst überrascht wieviel Kraft ich hatte. Und jetzt wo die OP vorrüber ist und auch noch ausgesprochen gut verlief - ich weiß nicht warum - dreh ich seelisch völlig am Rad und bin total unten..

Irgendwie fühlt es sich komisch an hier mal über mich zu sprechen, aber es belastet mich einfach tierisch.
Zu unserer/meiner Vorgeschichte: Ich bin 35 und habe selbst in meinem Leben schon viel mitmachen müssen. Alles zu erzählen würde hier den Rahmen sprengen, möchte aber kurz erwähnen, daß mich mein Vater durch eine schwere Erkrankung und auch durch jahrelange ernsthafte Depressionen hindurch absolut selbstlos begleitet und unterstützt hat. Unsere Familie hält ohnehin sehr eng zusammen, aber diese Erfahrungen haben meinen Vater und mich ausserordentlich eng zusammengeschweisst. Ich habe Dank seiner liebevollen Unterstützung nicht nur meine Krankheit gemeistert, er hat auch wesentlich dazu beigetragen daß ich meine tiefen Depressionen und Panikattacken wieder in den Griff bekam.

Das ich 110% für ihn da bin ist für mich selbstverständlich.
Erst war ich nun so stark, und jetzt, ganz plötzlich, komme ich extrem in´s Schleudern. Das mein selbstloser Papa nun mit so einem Schicksal zu kämpfen hat macht mich so unendlich traurig und zuweilen auch so blind vor Wut auf´s Schicksal, daß ich kaum noch weiß wohin mit meinem Schmerz.
Das hat die Depressionen und die Panikattacken wieder zum Leben erweckt und diese springen mir täglich mit voller Wucht ins Genick. Meine üblichen Taktiken mein ohnehin klappriges Seelengerüst aufrecht zu erhalten greifen überhaupt nicht mehr und der alte Teufel Depression droht wieder Überhand zu gewinnen, weil meine Angst um ihn mich 24 Stunden täglich verfolgt.

Ich nehme seit Jahren Serotoninwiederaufnahmehemmer (Antidepressiva) und habe mich auch schon mit meinem ehemaligen Psychotherapeuten in Kontakt gesetzt um Rat zu bekommen. Der sagte mir nur "Der Krebs ist das Problem deines Vaters, nicht deines. Du musst dich da halt abgrenzen."
Wie bitte soll man das tun? Und ausserdem will ich das auch gar nicht tun!
Auch auf mich achten - ja - das leuchtet mir ein und das versuche ich auch. Aber mein Vater hat mich stets voll unterstützt und ich werde mich jetzt bestimmt nicht von ihm "abgrenzen", jetzt wo es ihm schlecht geht.

Das Lesen hier im Hinterbliebenen-Forum und das Lesen von Threads in welchen es mit den Betroffenen zu Ende geht bringt mich fast um den Verstand. Ich wollte auch in solche Themen hineinlesen um mich vorzubereiten auf das was noch auf uns zukommen kann, ich wollte die Augen nicht verschließen und gefasst sein. Aber das ging bei mir enorm nach hinten los. Bewusst, daß hinter jeder Geschichte Menschen stehen, die das durchmachen zerreisst mir schier das Herz, ich fühle so sehr mit jedem einzelnen, daß es mich mitreisst wie eine riesige Welle. Ich weiß die Frage nach dem "Warum" ist sinnlos, denn sie wird nie beantwortet werden. Aber was ihr alle und wir selbst durch diese Krankheit erfahren müssen - das frisst mir regelrecht die Seele auf.

Wie behaltet Ihr alle mit dem Krebs als Teil Eures Lebens noch den Mut und die Lebensfreude? Ich möchte weiterhin meinem Vater positiv, ermutigend und hoffnungsvoll zur Seite stehen. Er bedeutet mir unglaublich viel, und ich ihm auch. Und wenn ich nun durch seine Erkrankung mein durch seine Hilfe aufgebautes Fundament wieder verlieren würde, das würde auch ihn sehr traurig machen. Wie bleibe ich stark oder wie werde ich wieder stärker?

Pardon, daß der Post so lange wurde. Ich bedanke mich herzlich bei Euch für´s Lesen.

Bettina
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