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Mein Vater
Hallo,
ich bin schon seit einiger Zeit ein stiller Mitleser in diesem Forum und denke, das ist ein guter Platz, sich mit andern Menschen, die dasselbe erlebt haben, austauschen zu können. Unsere Geschichte begann im April diesen Jahres. Mein Vater (77) hatte eine hartnäckige Bronchitis und als in diesem Zusammenhang ein Lymphknoten deutlich sichtbar dick wurde, folgte die Einweisung ins Krankenhaus. Diganose: Lymphom... Das hat uns den Boden unter den Füßen weggerissen. Wer denkt an Krebs, wenn er eine Bronchitis hat??? Aber Lymphome sind ja behandelbar. Natürlich ist so was immer eine sehr schwere Erkrankung und nie kann ein Erfolg garantiert werden. Jeder beginnt seine eigene Statistik... Aber es bestand auch Hoffnung, die dürfe man nicht aufgeben. Und daran hängten wir alles. Mein Vater war zuversichtlich, wieder "gesund" zu werden und so begann er seine Chemo. Anfangs schien alles gut zu laufen. Der dicke Lymphknoten schwand, die Nebenwirkungen blieben halbwegs erträglich, die Ärzte waren mit dem Verlauf der Behandlung zufrieden und wir schöpften daraus neuen Mut. Anfang Juli (nach der 4. Chemo) kam ein Rückschlag. Mein Vater musste mit schlechten Blutwerten und einem Infekt, der sich zur Lungenentzündung auswuchs, ins Krankenhaus. Er wurde innerhalb kurzer Zeit immer schwächer, die Bluttransfusionen und verschiedene Antibiotika schlugen nicht an. Ich wusste ja seit Beginn um das Damoklesschwert, das über ihm schwebte, aber die Angst, die sich nun breit machte, kann ich gar nicht beschreiben. "Loslassen"... ja das sagt sich immer so... auch mir wurde klar, dass ich ihn gehen lassen musste. Natürlich habe ich das erkannt, wenn ich ganz ehrlich bin. Aber ich konnte nicht, ich wollte nicht. NEIN-NEIN-NEIN! Er sollte leben, er sollte gesund werden, ich wollte ihn behalten! Ich habe einfach nicht aufgehört, an ihn zu glauben. Ich hatte doch nur noch ihn (wir haben sonst keine Familie mehr). Ich wollte ihn noch mehr unterstützen und Mut machen - aber ich habe es nicht verhindern können... Die Hoffnung stirbt zuletzt - wie wahr. Mein Papa hat tapfer gekämpft. Ich bin sicher, auch für mich. Durch seine Krankheit sind wir sehr zusammengewachsen. Er wollte mich nicht allein lassen, aber er konnte einfach nicht mehr, das weiß ich jetzt. In seiner letzten Nacht habe ich ihm, während er schlief, zugeflüstert, dass er gehen dürfe und gleichzeitig inbrünstig gehofft, dass er mich nicht gehört hat und mich nicht beim Wort nehmen würde. Letzten Endes war es tatsächlich so, dass er erst starb, als ich am Tag darauf für ein paar Stunden (hin- und hergerissen zwischen "ich kann doch jetzt nicht weg" und "ich bin so müde") nach Hause fuhr, um mich auszuruhen. Ich verabschiedete mich am Vormittag mit den Worten: "Ich fahre mal nach Hause und ruhe mich etwas aus, aber ich komme am Nachmittag wieder. Also tschüß Papa, bis später." Mein Vater konnte schon seit dem Vortag nicht mehr reden und antworten, aber ich bin mir ganz sicher, dass er mich da verstanden hatte, denn er hat mich noch mal angesehen. Und ich bin ehrlich davon ausgegangen, dass ich ihn am Nachmittag wiedersehen würde. Wenn mir zwischenzeitlich im Krankenhaus nicht ein paar ganz liebe Freunde und ein Seelsorger zur Seite gestanden hätten, ich hätte nicht gewusst, wie ich das alles hätte aushalten sollen. Es war alles zu groß und zu viel für uns allein geworden. Mein Freundeskreis ist inzwischen neu gemischt... Na ja, während ich also dann zuhause war, ist mein Vater gestorben Ich glaube jetzt, er wollte mir das nicht antun, während ich an seinem Bett saß. Er muss gewusst haben, welch fürchterliche Angst ich hatte. Ich habe nicht gewusst, dass er mich so sehr lieb hatte, dass er sogar mit seinem Sterben wartete, bis ich weg war. Aber er hat sehr viel Liebe hier gelassen. Während ich vorher noch davon ausging, dass dieses Band, das Menschen miteinander verbindet, im Begriff war zu zerfasern und am Ende völlig zu zerreißen, spüre ich jetzt ein viel stabileres solides Stahlseil, das mich mit meinem Vater verbindet. Es gibt viele Dinge, die nicht zu erklären sind... die wir mit unseren Augen nicht erkennen können, weil wir als Menschen Augen haben, die nur die Dinge sehen, die für unser Leben auf diesem Planeten wichtig sind. Vielleicht ist ja so.... wär jedenfalls sehr schön. Uff, nun ist das aber ein langer Text geworden und wahrscheinlich auch etwas konfus verfasst. Das Schreiben hat gut getan und ich danke Euch für's Lesen. |
#2
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AW: Mein Vater
Liebes Leuchtfeuer......
Mein aufrichtiges Beileid zu deinem schwerem Verlust...... Es gibt keine Worte des Trostes..... Du hast Recht....dies hier ist der richtige Platz,schön das du den Weg hierher gefunden hast..... Das was du erlebt hast,habe auch ich erlebt...... Mein geliebter Vater verstarb am 16.6.2008 an Blasenkrebs..... Es reißt einem den Boden unter den Füßen weg,die Welt scheint sich weiter zu drehen,und doch ändert sich alles.... Es tut mir leid, das auch du das jetzt erfahren musstest. Mir hilft dieses Forum ungemein,und ich hoffe das es auch dir helfen wird .... Ein herzliches Willkommen, auch wenn der Anlass immer ein trauriger ist....... Liebe Grüße Regina
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______________________ Erinnerungen ,die nicht verblassen, bilden ein festes Fundament in unserem Inneren Mein geliebter Vater - 16.6.2008 Und immer sind da Spuren deines Lebens |
#3
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AW: Mein Vater
Liebe Ronnya,
ich habe Deinen Beitrag gelesen. Es tut mir auch sehr leid für Dich. Auch mir fehlen tröstende Worte, aber ich weiß genau, wie's Dir geht Eine Freundin schrieb mir folgendes auf ihrer Trauerkarte: Trösten ist eine Kunst des Herzens. Sie besteht oft nur darin, liebevoll zu schweigen und schweigend mitzuleiden. Ich finde, diese Zeilen haben es sehr gut getroffen und deshalb habe ich sie Dir abgeschrieben. Ja, die Welt hat sich einfach weitergedreht. Als ich meinen Papa, nachdem er gestorben war, noch mal in seinem Krankenzimmer besuchte und Abschied nahm, konnte ich durchs Fenster in den Garten des Krankenhauses sehen. Nur wenige Meter entfernt schlenderten Patienten mit ihren Freunden und Angehörigen über die Wege, saßen in der Sonne, lachten... als wäre nichts geschehen. Die Zeit danach läuft einfach weiter, man wird mitgerissen - fortgerissen von dem Tag, an dem die Welt stehenblieb. Ich komme mit meinen vielen neuen Gedanken, neuen Sichtweisen und mit meiner Traurigkeit auch kaum mehr hinterher, ich glaube, man braucht wirklich viel Zeit. Wenn wir das schaffen, werden wir ein Stückchen größer sein. Liebe Grüße, Leuchtfeuer |
#4
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AW: Mein Vater
Hallo liebes Leuchtfeuer!
Auch von mir meine aufrichtige Anteilnahme! Ich kann mir nur zu gut vorstellen wie du dich jetzt fühlst. Ich habe meinen Dad am 08.02.08 an Bauchspeicheldrüsenkrebs verloren. Er starb drei Wochen vor seinem 55 Geburtstag! Als ich die Diagnose damals erfuhr, habe ich gedacht mir reisst es den Boden unter den Füssen weg. Ich komme selber aus dem medizinischen Bereich, deshalb wusste ich nur zu gut, wie es aussieht. Mein Dad hat gekämpft wie ein Löwe. 3-6 Monate haben die Ärzte ihm gegeben, 2 Jahre sind daraus gewoden. 2 Jahre voller Höhen und Tiefen, Lachen, Weinen, Beten, Wut, Verzweiflung es war alles dabei. Mein Dad war mein ein und alles. Als er starb ist ein Teil von mir mitgegangen.Aber ich fühle mich trotz allem noch sehr verbunden mit meinem Dad. Denn Liebe stirbt niemals. Ich wünsche auch dir, viel Kraft für die kommende Zeit!
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In Liebe Daddy geb. 27.02.54 gest. 08.02.2008 Du wirst für immer in meinem Herzen sein. |
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AW: Mein Vater
Liebes Leuchtfeuer......
Danke für deine so lieben Worte..... Du hast das so treffend beschrieben,die Situation im KH..... Genau so ist es... Man kann überhaupt nicht verstehen, das um einen herum alles so weiterläuft als wäre nichts geschehen..... Ich hab das auch nicht begriffen,und auch heute fällt es mir noch schwer,mich an Gesprächen zu beteidigen.... Wenn wir das schaffen,werden wir ein Stück größer sein.... Das macht Mut..... Ich hoffe das dem auch so ist.... Im Moment fühl ich mich noch verletzlicher und angreifbarer ,als je zuvor..... Ist halt ein verdammt langer und steiniger Weg...... Mit vielen Höhen und Tiefen..... Ich hoffe für uns alle hier,das wir an den Höhen wachsen werden . Papas Tod hat mich verändert,ich hätte es vorher nicht für möglich gehalten.... Nun ja ich hab auch nie darüber nachdedacht... Ich dachte meine Eltern leben ewig Ich drück dich mal..... Regina
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______________________ Erinnerungen ,die nicht verblassen, bilden ein festes Fundament in unserem Inneren Mein geliebter Vater - 16.6.2008 Und immer sind da Spuren deines Lebens |
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AW: Mein Vater
Auch von mir mein aufrichtiges Beileid !
Auch ich habe meinen geliebten Papa verloren - an Darmkrebs. Ich kann bis heute - es sind schon 7 lange Monate vergangen - nicht glauben, daß ich ihn nie wieder sehen werde. Es ist Hölle. Man durchlebt eine Art Achterbahn der Gefühle. Ich werde immer um meinen Papa trauern, das wird nie enden. Es wird sich verändern, die Trauer. Aber der Schmerz und das Verlangen die Uhr zurückzudrehen - das bleibt. Ich kenne deine Trauer, den Schmerz nur zu gut. Aber auch wir müssen unser Leben meistern, und bin mir 100% sicher, unsere Verstorbenen würden es niemals wollen, dass wir hier in ewiger Trauer leben und nicht mehr am Leben teilnehmen. NEIN, so schwer es manchmal auch sein mag - das Leben geht weiter - und auch wir werden wohl irgendwann mal von jemanden betrauert werden und meine Größe Sorge ist, das es ihnen auch so geht wie uns jetzt.... will damit sagen, wir müssen nach vorne schauen... LG
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Der Himmel hat einen weiteren Engel bekommen - mein geliebter Papi geb. 28.12.1941 gest. 28.02.2008 Du bleibst unvergessen! WER IM GEDÄCHTNIS SEINER LIEBEN LEBT,DER IST NICHT TOT, DER IST NUR FERN. TOT IST NUR WER VERGESSEN WIRD
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AW: Mein Vater
Hallo, guten Abend zusammen!
@ Desi: vielen Dank auch für Deine lieben Worte. Dein Vater war erst 54! Es tut mir auch wahnsinnig leid! Wenn Du schreibst, dass er dem Krebs noch 2 Jahre abtrotzen konnte, hoffe ich, dass Ihr in dieser Zeit auch viele schöne Momente hattet. Bei meinem Vater ging alles schneller... aber ich habe die "guten Tage" aus diesen Monaten viel intensiver in Erinnerung, als gute Tage aus der Zeit, wo er noch keinen Krebs hatte. Im Moment tut es allerdings noch weh, sich daran zu erinnern... Diese gefühlsmäßige Achterbahnfahrt während der Krankheit kenne ich (leider) nun auch. Mein Papa und ich saßen auf der Achterbahn lange in verschiedenen Wagen, wir haben leider lange nicht zusammen sondern nur nebeneinander gekämpft und gelitten. Jeder wollte dem anderen Stärke vormachen und zuversichtlich nach vorn schauen... wir hätten uns viel mehr gegenseitig helfen können, wenn wir uns auch unsere Ängste gezeigt hätten. Ich wünsche Dir auch ganz viel Kraft. Und Du hast Recht. Sie gehen nie ganz, irgend etwas von ihnen bleibt. Wir können es nicht sehen, aber spüren. @ Ronnya (Regina): ich habe auch immer ganz weit von mir geschoben, dass mein Vater irgendwann sterben würde. Ich habe natürlich schon mal daran gedacht, schließlich war er schon Mitte/Ende 70. Aber mir so richtig vorstellen, wie es sein würde, wenn er plötzlich nicht mehr da ist, nicht mehr mit mir redet, lacht, mir zuwinkt... nein, das konnte ich nicht. Ich habe das immer ganz schnell abgeschüttelt. Ich war nie wirklich darauf gefasst. Und dieser Verlust wird mir auch jetzt erst nach und nach so richtig klar. Es sind diese vielen Kleinigkeiten des Alltags (beim Einkaufen was für ihn mitbringen, bei Karstadt nach einem Pullover schauen, überlegen, was er zu Weihnachten kriegt... Weihnachten überhaupt...). Ich verstehe Dich, wenn Du sagst, dass Du Dich verändert hast. Mir geht es ähnlich. Es ist momentan im Kopf noch alles ganz durcheinander geschüttelt und ob sich diese Puzzleteile wieder zu ihrem alten Bild zusammensetzten? Immerhin fehlt ein ganz wesentlicher Teil... aber doch... wir werden wachsen. Wir werden größer und stärker. Wir sind schon dabei! Liebe Grüße Leuchtfeuer |
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