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Alt 23.10.2013, 12:56
BelieveInWonderland BelieveInWonderland ist offline
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Registriert seit: 23.10.2013
Beiträge: 5
Standard da müssen wir durch!

Hallo liebe Leute,
gerade bin ich auf dieses Forum gestoßen und habe mich sofort entschieden, mich hier zu registrieren.
Es sind hier wahnsinnig aufbauende Worte zu lesen, es tut vorerst gut, zu sehen, dass man nicht alleine ist.
Man fühlt sich nämlich irgendwie... alleine.

Man hört doch immer nur von jemandem, der jemanden kennt, der Krebs hat/hatte.
Das ist doch absurd, plötzlich stehe ich da und bin damit konfrontiert:
"Meine Mama hat Krebs."
Das muss erst mal sacken.

Niemand hat echte Erfahrungswerte, immer nur weiß jeder etwas vom Hörensagen (ist das ein Wort? ) und immer gehen die Erzählung so weit auseinander.

Die Menschen konfrontieren dich mit veralteten Krebsgeschichten, mit den schlimmsten Dingen und mit derart positiven Dingen, dass sie auch wieder surreal erscheinen lassen.
"Es wartet eine harte Zeit auf Sie." sagen die Ärzte. "Die nächste Zeit wird beschissen, aber ihr schafft das schon!" Sagen alle rundherum.

Aber WAS sollen wir schaffen?
Was kommt da auf uns zu?
Bin nun ICH die Mama und der Spieß dreht sich um?

Ja, wahrscheinlich. Wahrscheinlich mache ich nun all das, was man sich von seiner Mama erwartet. Aber es ist so und es ist okay.

Die Frage "warum nur meine Mama? Warum gerade wir?" stellt sich nicht.
Es ist nämlich schlicht und ergreifend eine Prüfung, die wir bestehen müssen.
Nicht mehr und nicht weniger.

Und das banale "da müssen wir durch!" Hat soviel mehr Gewicht und Wahrheit, als wenn ich diese Phrase in Bezug auf eine langweilige Besprechung verwende.

Das ist nämlich das einzige, das aufrichtet, motiviert, dir vor Augen hält, dass es jetzt nun mal so ist.
Es ist, wie wenn man schwanger ist. Das Kind muss raus, die Geburt: da musst du durch!


Ich würde diesen Thread gerne als so etwas wie eine "Motivationsrunde" starten (verzeiht, falls es so einen schon gibt, alles habe ich mir hier noch nicht angeschaut )

Für alle, denen kurzzeitig die Kraft ausgeht.
Für alle, die Kraft haben und das auch sagen wollen.
Für alle, die Angst haben.
Für alle, die Angst hatten und nun sagen: Ich stelle mich und bin stark!


Kurz zu unserer Geschichte:
Ich bin die 26-jährige Tochter meiner 54-jährigen Mama, die jetzt Brustkrebs hat.
Die Behandlung: 6 Monate Chemo, dann OP, dann 9 Monate Chemo- sowie Antikörpertherapie und irgendwas, das die Hormone zerstört (muss das nächste Mal zur Chemo mitgehen und mir das alles auch selber anhören. War beim ersten Gespräch einfach zu viel Information für unsere betäubten Ohren)

Darunter kann ich mir noch nicht viel vorstellen. Ich glaube jetzt einfach mal, dass die 6 Monate vorerst noch angenehm sein werden, im Vergleich zu den darauf folgenden 9 Monaten.
Ich wohne im Haus neben meiner Mama, ein riesen Vorteil.
Seit ca. einem halben Jahr suchen mein Freund und ich ein Haus/eine Wohung. Verhexterweise hat es nie gepasst, das erste Haus, in das wir uns verliebt haben, hätten wir um ein Haar bekommen, wurde dann doch nix.

Mein Gedanke damals: "Na geeeeh, das wär super gewesen "
Mein Gedanke jetzt: "Na Gott sei Dank hat uns der das Haus nicht verkauft!"

Passt einfach, so wie sich alles im Leben irgendwie einfügt.

Es ist gut, wie es ist.

Erscheint vor allem in Situationen wie der unseren pervers. Stimmt aber. Alles hat seine Berechtigung, seinen Grund.

Meine Mama und ich haben eine unnatürlich innige Beziehung. Unnatürlich, weil es für manche außenstehende Menschen komisch erscheint, dass wir die Panik bekommen, wenn der andere nicht vom Telefon abhebt oder wir uns nicht wohl dabei fühlen, wenn der andere bei beginnender Dämmerung noch mit dem Hund im Wald ist. Oder dass wir - trotz unserer Wohnsituation - mindestens fünf Mal täglich telefonieren.
Man kann wohl seine Mutter nicht mehr lieben als ich, sie ist meine engste Vertraute, beste Freundin und erfüllt trotzdem alles, was man von einer Mama braucht (so Klassiker wie zusammenräumen und so )
Und kämpft heute wie damals wie eine Löwin für mich. Ihrem Baby darf niemand Schaden zufügen, der wird sofort gefressen.

Dementsprechend hart war die Überlegung, wie ich es denn aushalten soll, ihr dabei zuzusehen, dass es ihr hundsmiserabel geht und ich nichts machen kann.
Aber diese Angst war irgendwie von kurzer Dauer, ich bin dabei, alles in meinem Leben soweit umzukrempeln, dass ich für sie da sein kann. Ich hab mein Studium abgebrochen, werde mich darum kümmern, einen Posten zu bekommen, bei dem ich zeitlich flexibler bin.

Ich will ihr jeden Handgriff abnehmen, alles, was eine zusätzliche Belastung sein könnte, will alles sofort managen. Vielleicht steigere ich mich momentan zu viel hinein, aber es hilft mir.
Weil ich weiß, dass ich ihr nur so eine Hilfe bin, wenn ich jetzt der starke Part bin, der alles übernimmt. So wie sie eben.

Die erste Chemo war am Freitag, die übermäßige Müdigkeit - Fatigue, wie wir inzwischen wissen - und ein sehr, sehr trockener Mund waren die ersten zwei Tage die einzigen Nebenwirkungen. Leider war ihr am Montag, drei Tage danach, sehr schlecht und Mama war sofort traurig, dass die Übelkeit doch kommt.
Ich bin trotzdem sehr froh, dass es dabei geblieben ist, sie hat sich nicht übergeben, es war ihr nur einen Tag schlecht. In Summe ist sie also für die nächsten zwei Wochen bis zur nächsten Chemo fit und das ist gut so.

Werde ich mir diesen Optimismus denn erhalten können?
Überspiele ich irgendetwas mit übertriebener Fürsorge und krampfhaftem Verantwortung-an-mich-reißen?

Ich weiß nicht. Man wird sehen. Fakt ist:
Da müssen wir durch und in 1 1/2 Jahren ist alles gut.
Basta.

Freue mich, von euch zu lesen - wie ihr wohl gemerkt habt, tut mir schreiben sehr gut

Alles Liebe,
J
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