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Alt 06.07.2013, 14:15
frau hoffnung frau hoffnung ist offline
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Beiträge: 22
Standard So wortlos und so viele Fragen

Liebe Foris,

momentan fühle ich mich wie ein Schiff auf hoher See, das ohne Kapitän irgendwo hin dümpelt, ohne Ziel, ohne Hafen.
Krebs begleitet mich schon sehr sehr lange. Ich habe schon sehr früh einen für mich wichtigen Menschen daran verloren und danach viele Jahre keine Silbe über diese Person verlieren können, ohne in Tränen auszubrechen. Für mich war der Tod immer etwas sehr schreckliches und durch das Erlebnis damals, bei dem der Krebs im Spiel war, habe ich meinen Glauben an einen Gott verloren.
Für mich stellte sich als Kind schon früh die Frage: Wenn es einen Gott gibt, warum lässt er denn all das dann zu? Warum den Krebs?

Mittlerweile bin ich fast 40. Einige Ansichten sind verändert, aber die Angst vor Krebs geblieben. Weniger bei mir selbst, primär bei den Menschen, die ich liebe.
Im letzten Jahr ging ein sehr lieber Freund. Kurz nach seinem 50zigsten verlor er den Kampf gegen Krebs. Und nun bekam ich vor wenigen Tagen die Nachricht, dass mein Papa Krebs hat. Es ist sicher, dass es ein bösartiger Tumor ist, der in der Schulter ist. Mehr wissen wir aktuell noch nicht. Eine Operation scheidet aktuell aus. Es wird in der kommenden Woche über die Behandlung gesprochen.

Mir nahm diese Tatsache die Luft zum Atmen. Ich denke, viele hier können mich verstehen.

Man kann es immer gar nicht erwarten auszuziehen, sein Leben zu leben, es zu genießen und "groß zu werden". Und immer sind die Eltern dabei und die Geschwister, sind ein wichtiger Teil dieses Ganzen. Und dann steht da das Thema Ruhestand im Raum und das ist schon so eine wichtige Epoche im Leben mit den Eltern, weil einem spätestens dann zum ersten Mal so bewusst wird, "hey sie sind auch alt geworden".
Was ich bzw. wir jedoch nun schlucken müssen, ist eine viel schwerere Kröte.

Ich weiß aktuell rein gar nichts. Ich bin so leer, so traurig, so wütend. Ich habe so viele Fragen und doch bin ich so wortlos und kann mich sprachlich kaum austauschen. Schreiben ging schon immer besser.
Ich weine, um mich zu beruhigen und später wieder zu weinen und am Ende zu wissen, dass keine Träne wirklich hilft. Sie ändert nichts an der Tatsache, dass nun ein anderer Weg begonnen hat, von dem wir nicht wissen, wie lange verläuft er noch.

Meine Familie ist das wichtigste und auch das Einzigste Wertvolle, das ich habe. Sich an den Gedanken gewöhnen zu müssen, dass vielleicht viel schneller als mir lieb ist eine Person nicht mehr hier auf der Erde mit dabei sein wird, das fällt mir aktuell schwer. Und genauso schwer fällt es mir, auch wenn ich mir den Namen gegeben habe, Hoffnung zu schöpfen, Glauben zu haben.
Worauf ich hoffe ist, dass es mein Paps nicht so schwer hat. Dass er nicht dahinsiechen muss, sich nicht quälen muss. Das hat niemand verdient.
Worauf ich hoffe ist, dass für ihn das Beste passiert, was für ihn einfach das Beste ist. Wenn er jetzt bereits in wenigen Wochen, Monaten oder Jahren "abreisen" soll, dann versuche ich dankbar zu sein, dass ich ihn als Papa haben durfte. Dass ich ihn zumindest fast 40 Jahre erleben durfte, auch wenn nicht immer alles rosig war. Darf man schon so denken? Oder signalisiert das bereits, dass man kein Ziel vor Augen hat?

Ich fühle mich so verwirrt, möchte Klarheit, möchte einen Blick in die Zukunft riskieren, aber dann im nächsten Moment für mich lieber alle Türen schließen und mich ein-igeln.

Mein Paps nimmt das gut an. Zumindest erscheint es so. Er ist wie ich. Ich versuche den Menschen im direkten Umfeld, im Büro, meinen Kunden und Freunden usw. auch zu signalisieren, dass mich das zwar beunruhigt, aber wir das schon irgendwie schaffen. Aber wenn ich für mich bin fällt dieses Make-up von mir und ich bin dann so, wie es mir wirklich geht. Eben völlig hin und her treibend auf diesem verfluchten Kahn.

Momentan weiß ich gar nicht, wie ich aus dieser Spirale überhaupt raus soll, da ich aktuell gar nichts wirklich schön finden kann. Momentan geht es mir wie so vielen hier, die von einem Termin zum nächsten warten. Zuerst hieß es wir müssen 1 Woche auf das Ergebnis der Biopsie warten. Nun warten wir wieder auf das persönliche Gespräch. Und danach warten wir vermutlich darauf, wie die Behandlung anschlägt. Für mich sind das alles gerade Kurzstrecken, die wir irgendwie bewältigen müssen, mit Ziel Abschied-nehmen.
Und ich weiß nicht, wie ich dafür die Kraft ziehen soll, dass ich unterwegs nicht verloren gehe.
__________________
Liebe Grüße
von Sunny


Die Hoffnung stirbt zuletzt.
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