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Alt 20.02.2010, 12:21
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meliur meliur ist offline
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Standard AW: Tumor hat sich vollständig zurückgebildet - trotzdem OP!!??

Hallo RPW,

Es tut mir leid für Euch, diese ganze Geschichte, und in vielen Punkten kann ich, wie die anderen, die sich bisher schon gemeldet haben, auch recht gut nachfühlen, wie es Euch im Moment geht.

In einem Punkt hast Du auf alle Fälle recht: wenn es Euch nicht überfordert, hört nicht auf, selber mitzudenken und zu hinterfragen. Mich hat das aus mancher Panne gerettet (gut, die hätte ich ohne Mitdenken wahrscheinlich auch nicht bemerkt...). Und ich war hartnäckig, was manchen Ärzten und Schwestern nicht passte, aber ich wollte meine Fragen stellen dürfen und beantwortet kriegen. Mir war das nicht nur allein aufgrund der äußeren Umstände wichtig, sondern es half mir auch sehr, innerlich mit all dem fertigzuwerden. Man muss ja deswegen nicht gleich zum notorischen Nörgler werden - ich glaube, Du verstehst schon, was ich meine.

"koloanale Anastomose": das bedeutet, das Rektum wird komplett herausgeschnitten und man will dann Kolon und Anus direkt zusammennähen. Und klar, je näher die Resektion am Anus ist, desto mehr wird dadurch der Schließmuskel in seiner Funktionsfähigkeit gefährdet. Wichtig ist also wirklich ein exzellenter Chirurg, dann lässt sich der Schließmuskel vielleicht noch ganz retten. Ob das dann bedeutet, dass man das Stoma irgendwann wieder rückverlegen kann, weiß ich nicht, aber es klingt so, als gäbe es dann diese Chancen. Aber das muss ein Arzt sagen, ich bin Laie.

14 Tage Krankenhaus: Komm, das ist zwar blöd, aber muss nicht gleich den Horror bedeuten. Dein Mann hat schon die neoadjuvante Radiochemo durchgestanden, und DAS halte ich für die eigentliche Herausforderung! (Ich selber hab gegen Ende nur noch gelitten, jeder Stuhlgang, und derer gibt es ja leider durch Bestrahlung ohnehin zahllose pro Tag, war die reinste Tortur. Ich musste echt immer in ein Handtuch beißen um nicht laut zu schreien vor Schmerz!)
Diese OP und die Anlage eines Stomas ist schon ein größerer Eingriff, und allein der Schnitt (ich sollte wohl sagen: Die Schnitte, oder?) im Bauch muss erstmal gut heilen, alle Nerven und Muskeln müssen wieder langsam ihren Job lernen, und es ist gut, wenn man in dieser ersten Zeit einfach gleich reagieren kann, falls was nicht gut läuft, und da ist man im KH doch meist in sicheren Händen.

"schlimmste Zeit des Lebens": Klingt vielleicht ganz komisch, aber für mich war es viel schlimmer, als mich am Ende des Studiums mein Freund nach 8 Jahren aus heiterem Himmel plötzlich wegen einer anderen Frau verlassen hat. Denn da konnte ich nichts machen und fühlte mich komplett ohnmächtig dem Schmerz ausgeliefert. Bei der Krebsdiagnose hatte ich nach dem ersten, lähmenden Schock sofort das Gefühl, dass ich mitmachen kann. Ich habe mich informiert wie blöd, wollte alles wissen und verstehen, und habe von da an mitgeredet, die Ärzte gefragt, Entscheidungen getroffen. Dieses Ohnmachtsgefühl war nicht so groß. Klar, gegen die Diagnose können wir nix machen, die ist da. Aber in der Folge können wir sehr wohl was machen. Mir hat das total geholfen bei der Bewältigung der ganzen Situation. Es ist unser Leben, unser Körper, und wir sind auch mit verantwortlich dafür, dass wir das beste in und aus so einer Situation machen. Klar - was ist das beste? Nicht immer gleich einfach zu beantworten. Ich hab in der Zeit gelernt, dass es auch gut und wichtig ist, sein Bauchgefühl wahrzunehmen. Das ist vielleicht etwas, was Frauen nicht so schwerfällt wie Männern, aber jeder findet seinen Weg durch diesen Schlamassel, und es ist gut, wenn man sich dabei unterstützt weiß durch Familie oder Freunde - und sei es, dass man einfach nur weiß, die sind da, wenn ich mal nicht mehr kann, oder der Partner unterstützt mich in meinen Entscheidungen für oder gegen eine Therapie etc.
Und jetzt, rückblickend, kann ich sagen: ja, schlimme Zeit, intensive Zeit, aber auch ganz wichtige Zeit. Zur Info: Meine Diagnose T3 "ereilte" mich mit 35 Jahren im Juli 2006, Radiochemo August bis Mitte Sept., OP Mitte Oktober, 9 oder 10 Tage Klinik () Reha bis Anfang Dezember. Im Februar 07 hab ich wieder angefangen zu arbeiten, erst sehr wenig, dann langsam gesteigert. Bisher waren glücklicherweise alle Nachuntersuchungen ok.

So, jetzt hab ich aber viel getextet - sorry...

Jedenfalls wünsche ich Euch alles, alles Gute und Unterstützung von innen und außen! Und hier im Forum gibts immer jemand, der für Fragen und Sorgen ein Ohr hat.

meliur

P.S. Schau mal hier, S. 3 und 4 - ich finde, da ist das mit der koloanalen Anastomose ganz gut erklärt.
http://www.medicalforum.ch/pdf/pdf_d...009-20-161.PDF
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Geändert von meliur (20.02.2010 um 12:38 Uhr)
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