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Alt 17.01.2013, 15:24
Seestern09 Seestern09 ist offline
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Standard AW: Mama, geht es dir jetzt besser da wo du bist?

hallo mum,

lang ists schon wieder her, wo ich dir geschrieben habe. warum lasse ich es nur so schleifen? hm, ich rede so halt schon viel mit dir. sicherlich denkst du dir schon manchmal: ohjeohje, hat sie heute mal wieder ihren rededrang aber du kannst dich ja nun nicht mehr wiedersetzen

ach mensch mum, wieso schickst du mir denn nicht endlich mal einen guten job? langsam bin ich echt am verzweifeln. keiner will mich ich kriege immer nur absagen. nicht mal die chance auf ein vorstellungsgespräch bekomme ich. das ist doch ungerecht. ich habe doch kein studium gemacht, um jetzt diesen job dort zu machen? ich hab langsam keine motivation mehr immer zu kämpfen. ich kämpfe seit deiner diagnose letztes jahr, jeden tag. immer wieder schmeißt mich irgendwas auf den boden und ich stehe immer wieder auf und fange immer wieder von vorn an. jedes mal kostet es kraft die motivation aufzubringen, etwas zu tun. ich kann bald nicht mehr. ich mag nicht mehr kämpfen. anderen fliegt immer alles zu und ich? selbst bei den freundschaften ist es so.. immer habe ich das gefühl, dass ich alles geben muss und kriege so wenig zurück. darauf habe ich langsam auch keine lust mehr. wieso kann ich nicht mal eine tolle freundin finden, so wie sarah? wo auch mal was von ihr kommt, wo man sich blind versteht und sich einfach zuhören kann. ich brauche niemanden, der mich bemitleidet, sondern jemand, der einfach da ist, der einen stärkt und motivation gibt... romina war so. sie ist/war echt super. sie hat perfekt zu mir gepasst. mit ihr konnte ich spaß haben, lachen, quatschen, traurig sein und einfach auch mal nur schweigen. wir haben menschlich so super zusammen gepasst. es ist so schade, dass sie wieder zu hause ist und so weit weg. so jemanden findet man nicht wieder so schnell.

naja.. ansonsten ist soweit alles ok. oma ist jetzt gerade im krankenhaus, ihr wurde die gebärmutter und die eierstöcke entfernt, da sich alles gesenkt hat aber aber habe vorhin mit ihr telefoniert und ihr geht es soweit gut. hat die op gut überstanden.
heute habe ich im adac heft wieder etwas von einem geisterfahrer gelesen.. oh man. ich denke dann so oft an dich...du fehlst mir so. aber oft denke ich auch, dass, wenn du schon von dieser welt gehen musstest, dann doch lieber so, als wenn du von einen tag auf den anderen weg wärst. so viele jahre bist du jeden tag so weit zu arbeit gefahren...bei wind und wetter. du hättest auch mal einen schweren unfall haben können. sowas ist doch für den mensch selbst und die familie am schlimmsten, wenn jemand von heute auf morgen weg ist.. verbrannt ist oder was auch immer. wir wussten, was auf uns zukommen wird, wir konnten uns mit dem gedanken auseinander setzen, dass du irgendwann nicht mehr da sein wirst. wir konnten von dir abschnied nehmen und du von uns. die aussegnung war so schön und es war etwas tolles für dein lebensende, was wir in erinnerung behalten werden. soetwas hat man nicht, wenn man mitten aus dem leben gerissen wird. und du musstest dich auch nicht lang quälen. du hättest sowieso keine chance gegen den tumor gehabt. ich würde dich gern mal wieder sehen. es ist so komisch ohne dich. manchmal rieche ich an deinem parfüm. aber das langt nicht. ich würde gern mal wieder deine alte knochige hand auf meinem gesicht fühlen und dich drücken, mit dir lachen, mit dir streiten und diskutieren. jetzt diskutiert niemand mal mehr mit mir.. =/ und ich will dich drücken, mit dir hand in hand laufen und allen zeigen, dass ich froh bin, dich zu haben. du warst so eine kämpferin und hattest keine chance mehr zu leben. wenn ich daran denke, dass ich dich einfach nie wieder sehen werde.. du kommst mich nicht mehr besuchen.. ich kann es immer noch nicht fassen. du bist doch meine mama und bist immer für mich da.. warum hat man mir dich weggenommen? du fehlst mir.

ich liebe dich.
dein spätzchen
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Über die Zeit lernen wir mit dem Verlust umzugehen,
wir müssen es einfach ertragen,
aber die Einsamkeit und die tiefe Trauer bleiben immer.

meine geliebte Mama
24.03.1964 - 22.05.2012

Diagnose Glioblastom Januar 2012.. 5 Monate.. es ging viel zu schnell
Erinnerung an eine Kämpferin
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