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Alt 15.06.2002, 19:41
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Standard Sie will das ich gehe!!

Hallo, Ihr Lieben!

Es tut so gut, dass wir hier "zusammen" sind. Seht mal - wir haben alle unser eigenes Leben und unser eigenes Schicksal, aber wir treffen uns hier und können uns über unsere Gedanken, über die nachdenklichen Momenten, die jeder hat (ob gerade positiv oder negativ) austauschen! Ich fühle mich jedenfalls schon viel stärker.

Brigitte, Du hilfst mir auch wirklich sehr. Ich finde es aber auch gut und wichtig, dass Du es nur machst, wenn Du bereit dazu bist. Ich hoffe, es ist für Dich nicht nur ein Geben, sondern auch ein freundschaftliches Mailverhältnis (Achtung: Jetzt kommt Tina, Masterin of "Big Words"!).
Es läuft eigentlich immer wieder auf das Gleiche hinaus, das hast Du mir deutlich gemacht: offen reden! Vielleicht ist das viel einfacher als man manchmal denkt - und unkomplizierter und hilfreicher als zaghaftes Drumrumgedruckse. Man hat halt immer Angst, etwas Dummes zu sagen.
Ich denke, ich hatte vielleicht auch ein wenig Berührungsängste mit meinem Vater und seiner Krankheit, aber es ist nicht so, dass ich mit dem Ganzen lieber nichts zu tun hätte. Ich möchte diese Ängste überwinden. Eigentlich kann ich mir von meinem Vater eine Scheibe abschneiden. Oft ist er es nämlich, der auch noch eine fröhliche Stimmung erzeugt. Ich finde das ganz toll. Manchmal möchte ich ihm sagen, wie stolz ich auf ihn bin, dass er das alles so tapfer durchsteht und weitermacht. Aber eben das sind die Sätze, von denen ich nicht weiß, ob sie ihn bestärken oder erst recht nicht.
Z.B. wenn ich etwas Unangenehmes tun muss, dann denke ich: Stell' Dich nicht so an, was hat Dein Vater nicht alles Unangenehmes tun müssen (bei den ganzen Untersuchungen). Ich habe ein ganz anderes Verhältnis zu Dingen bekommen, die ich früher schlimm oder lästig fand. Ich finde es wirklich bemerkenswert, wie gelassen er mittlerweile jede Untersuchung über sich ergehen lässt, er, der nie eine Kopfschmerztablette angerührt hätte und immer so gegen die ganze Schul- und Gerätemedizin war.

Ilona, das hast Du alles gut geschrieben. Mir hilft es komischerweise irgendwie auch besser, wenn ich mich manchmal auf schlimme Dinge gefasst mache (obwohl ich dann sehr leide), als wenn ich nur verdränge. Wir wissen nicht, wie es weiter geht, und ich denke momentan so, dass ich froh bin über jeden Moment, den ich habe mit meinem Vater... Tage, Wochen, Monate, Jahre? Letztlich kann es immer zu Ende sein, und zwar mit jedem - weswegen auch immer.
Vielleicht macht man plötzlich Dinge, die man vorher nicht gemacht hat, weil man den Moment lebt. Ich finde es schön, dass Du Deine Mutter umarmt hast etc. Ich glaube, dass Liebe ganz wichtig ist (für wen nicht).
Das mit Deiner Mutter muss für Dich auch ganz schlimm gewesen sein. Aber Du hast Ihr noch schöne Momente geschenkt, Du hast noch Dinge getan, die gut waren, bist über Deinen Schatten gesprungen. Da kannst Du im Nachhinein sehr froh und stolz auf Dich sein!!
Das andere sind Dinge, die traurig gelaufen sind, denn nicht DU hast sie gemacht, sondern Deine Schwester (weißt Du, wieso? Ich meine, warum hat sie die Pflegschaft beantragt, wenn sie sie nicht bei sich haben wollte oder konnte?). Ich denke, wenn Du sie zu Dir geholt hättest, hätte sie es auch nicht gewollt (es wäre dann "nur" für Dich leichter gewesen im Nachhinein). Sie wollte zurück in ihr Haus (das hört man ja so oft, das Menschen das wollen). Aber Ihr hattet eine enge Verbindung, so wusste sie, dass sie nicht allein ist. Ganz sicher. Schön, dass Du noch die Gelegenheit hattest und sie genutzt hast.

Ja, ich denke, ich werde in Zukunft einfach versuchen, mehr Nähe zu meinem Vater aufzubauen. Einfach tun - Ihr habt ja Recht (ich werde Euch dann davon berichten, ein wenig "Bammel" hab' ich ja schon).

Das mit der Patientenverfügung werde ich mir merken. Ich bin mir aber auch nicht sicher, wann/wie ich so was anfangen kann. Bisher ist es so, dass die Ärzte keine guten Andeutungen im Hinblick auf Prognosen gemacht haben (aber auch noch keine wirklichen Prognosen gemacht haben oder ich weiß es nicht), mein Vater selber es aber teilweise herunterspielt. Zum Glück geht es ihm ja auch ganz gut. Also weiß ich nicht, ob er es teilweise nur überspielt oder auch selber irgendwo glaubt, dass doch alles gar nicht so schlimm ist. Ich finde es gefährlich, jemandem diesen Glauben zu nehmen (vielleicht braucht er das, ich kann das noch nicht so gut einschätzen). Manchmal sagt er nämlich plötzlich so Dinge wie: "Eine Chemo würde ich ablehnen - nachher muss ich JahrZEHNTElang Tabletten schlucken"! Da kann man nichts mehr zu sagen, oder??
Anderen gegenüber hat er aber mittlerweile gesagt, dass er es sich mit einer "kleinen" Chemo eventuell noch mal überlegen würde!
Ich denke, es braucht einfach noch ein wenig Zeit. Ich kann es so gut verstehen (und so richtig letztlich wahrscheinlich auch wieder nicht). Wie schwer es auch sein muss, Entscheidungen zu treffen. Ich kann es auch verstehen, dass er ZWISCHENDURCH soweit war zu sagen, er setzt sich hin und macht einfach gar nichts mehr! Obwohl das sicher kein guter Ratschlag wäre.
Was man dann tut (und zum Glück lässt er sich weiter untersuchen und behandeln), ist ja noch etwas ganz anderes.

So, dann wünsche ich Euch allen noch einen sonnigen Abend (hier haben sich die dunklen Wolken wieder verzogen)!
Liebe Grüße
Tina S.
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