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Alt 11.02.2014, 21:44
Stoerchin Stoerchin ist offline
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Standard AW: Trauern um verstorbene erwachsene Geschwister

Liebe Zaubermaus,

willkommen hier bei uns im Geschwister-Threat, auch wenn der Anlass, aus dem Du zu uns stößt, auch bei Dir so wahnsinnig traurig ist. Mein tiefes Mitgefühl zum Tod Deines Bruders. Es wird eine schwere Zeit auf Dich zukommen (bzw. befindest Du Dich schon darin), in der Du viel Kraft brauchen wirst und wir werden Dich dabei so gut wie möglich unterstützen. Und schonmal eins vorweg: Dass Du das Gefühl hast, durchzudrehen, ist in unserer Situation völlig normal und ich kenne es nur allzu gut. Das mit dem Buch ist eine sehr gute Idee! Zu Deiner Frage nach einer Behandlung beim Psychologen kann ich sagen, dass ich schon so viel überlegt habe, eine psychosomatische Reha mit Schwerpunkt Trauer, eine ambulante Psychotherapie...bislang bin ich "nur" bei einer Trauerbegleiterin und einer Trauergruppe (in die ich nun aber nicht mehr gehe) gelandet, da ich einfach weitergearbeitet habe, keine Zeit für die Vorbereitungen hatte und mich von den ersten drei Absagen für eine ambulante Therapie habe abschrecken lassen. Dies ist natürlich keinesfalls empfehlenswert und vielleicht starte ich nochmal ein paar neue Anläufe - einer Kollegin, die vor ein paar Jahren ihre Schwester durch einen Autounfall verloren hat, hat das sehr geholfen, dabei fragt man sich noch, wie ein Psychologe einem nun helfen kann, eine unabänderliche Grausamkeit positiv zu sehen, aber das sind Fachleute und die wissen wirklich, wie. Also, wenn Du darüber nachdenkst, solltest Du es auf jeden Fall probieren! Auch ich möchte im Übrigen nicht mehr mit meiner Familie über den Schmerz sprechen, ich möchte sie in Momenten, in denen es ihnen vielleicht mal besser geht, nicht wieder runterziehen, wohingegen ein Psychologe ein Außenstehender ist, der seinem Job nachgeht...

Liebe Birgit,

bitte entschuldige, dass ich Dir erst jetzt für Deine lieben Geburtstagswünsche und Deine dicken verbalen Kraftpakete danke!! Das tat sehr gut. Trotzdem war ich leider tagelang in einem Tief versunken, aus dem ich jetzt wieder etwas herausgekommen bin. An diesen "Trauerwellen", die immer alle beschreiben, ist echt etwas dran, was auch immer die Begründung dafür ist. Du schreibst so eindrücklich, es ist so viel dran an dem, was Du sagst, ich kann nahezu alles nachempfinden, konnte es nur vorher nicht in Worte fassen. Vor allem aber ist Dein Satz
Zitat:
Es tut mir so sehr leid, dass sie gehen musste.
bei mir hängen geblieben. Auch für mich ist der Schmerz über die große Ungerechtigkeit darüber, dass ausgerechnet mein Bruder sterben musste, noch schlimmer als der über die Erkenntnis, dass wir ihn nie mehr wiedersehen. Einen Menschen wie meinen Bruder trifft man sehr selten im Leben. Er war sich zu nichts zu schade, hat sich vor nichts geekelt, was höflich, liebevoll und zuvorkommend zu allen, zu kraken, alten, schwierigen Menschen und zu Tieren. Man konnte sich immer auf ihn verlassen. Einmal ist er mit vielleicht 16 Jahren im absoluten Schneckentempo meine Oma stützend die Straße mit ihr langgegangen. Er hat seinen angefahrenen und todgeweihten Kater für viel viel Geld noch operieren lassen. Einmal hat er sich den Heiligabend um die Ohren geschlagen, um einem Kumpel, der heimlich das Auto seiner Eltern genommen hatte, zu helfen, dieses aus dem Schnee freizuschaufeln. Bei einer depressiven Tante, die sich nach dem Tod unserer Mutter etwas um uns gekümmert hat, hat er es als einziger nie aufgegeben, sie zu Unternehmungen zu motivieren, auch wenn wir anderen nach ihren ständigen Absagen keine Lust mehr hatten. Ja, man versteht es einfach nicht, warum Menschen wie er sterben müssen und A...löcher 90 Jahre alt werden dürfen.

Liebe Maira,

in Deinem Beitrag finde ich Folgendes so passend ausgedrückt:

Zitat:
Ganz genauso geht es mir auch. Diese unendliche Traurigkeit, wenn mir wieder mal bewusst wird, dass das Leben nun ohne sie weitergeht....weitergehen muss und dass wir nie mehr wieder etwas gemeinsam unternehmen können, wo wir doch alles gemeinsam machten. Dieses halbherzige Leben, bei dem ich mich fühle, als würde ich in der Luft hängen. Mir macht nichts mehr so richtig Spaß.
Ich wünsche Dir, dass es hin und wieder doch mal einige schöne Momente für Dich gibt, vielleicht ein paar verfrühte Frühlingssonnenstrahlen?

Liebes Waldkäuzchen,

es tut mir so leid, dass Du zusätzlich noch an Schuldgefühlen mit "hätte ich doch" leiden musst...aber weißt Du: Deine Schwester wird ganz sicher wissen, wie Du alles gemeint hast, und wie schwierig auch alles für Dich war und Dir wegen nichts böse sein.
Bei mir war die Situation ja anders, mein Bruder starb innerhalb weniger Stunden ohne Vorankündigung. Ich bekam einen Anruf auf der Arbeit von der Intensivstation, dass wir alle schnell kommen sollen und bin aus allen Wolken gefallen. Dafür musste er nicht leiden und hat von seinem bevorstehenden Tod nichts gewusst.

Ich finde es, auch wenn jede/r, der hier um seine Geschwiser oder andere Angehörig trauert, im Grunde eine/r zuviel ist, schön, dass wir hier schon so eine Gemeinschaft geworden sind.

Viele liebe Grüße und weiterhin viel Kraft Euch allen
Störchin
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