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Alt 17.11.2008, 20:00
Bea51 Bea51 ist offline
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Registriert seit: 17.11.2008
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Standard AW: Tabuthema Krankheit - Was nun?

Hallo Psytec,

seit Ende September 08 gehöre ich zu den „stillen“ Lesern dieses Forums. Heute jedoch veranlasst mich Dein Bericht, „aus der Deckung“ zu kommen. Es ist mir fast unheimlich, wie sich Deine Erfahrungen mit denen in unserer Familie gleichen!

Bei meiner Mutter (78 J.) wurde am 19.09.08 BSDK, inoperabel, diagnostiziert (war wegen Gelbsucht im KH). Es wurde ein Stent gesetzt, der in den vergangen Wochen bereits zwei Mal erneuert werden musste. Weitere Behandlungen sind nicht geplant. Dies wurde meiner Mutter auch so deutlich gesagt. Sie geht jedenfalls davon aus, dass es dann ja so schlimm nicht sein kann. Nach jedem KH-Aufenthalt wurde sie wieder nach Hause entlassen. Sie lebt seit dem Tode meines Vaters (er starb 4 Tage vor der Diagnose BSDK!!!) allein in ihrem großen Haus. Sie tut so, als sei es gerade mal eine Blinddarmentzündung gewesen, wegen der sie im KH war, und macht weiter wie bisher, wundert sich nur hin und wieder, warum sie so kraftlos ist und kaum noch die Treppen hoch kommt, mit den Worten: „Das wird schon wieder.“ Ich habe dann jedes Mal das Gefühl, ich ersticke an all den Worten und Sätzen, die ich jetzt nicht zu ihr sagen kann. Einen Pflegedienst lehnt sie ab, lediglich einer Hausnotruf-Anlage mit einem Notknopf am Handgelenk hat sie nach langem Zögern zugestimmt.

Ich (57 J.) habe keine Geschwister, einen ziemlich anstrengenden Ganztags-Job und mein Mann ist selber bereits 70 Jahre. Wir können meiner Mutter also nur äußerst eingeschränkt helfen, höchstens nach Feierabend oder am Wochenende (Einkäufe, sonstige Botengänge, ein bisschen Aufräumen etc.). Viel geht bei mir nach der Arbeit dann auch nicht mehr.

Was in meiner/unserer Situation noch als besonders schwierig hinzukommt, ist Folgendes:

Wie ich im Laufe der Wochen immer wieder beinahe neidisch lesen konnte, werden eigentlich alle Forum-Mitglieder „getragen“ von der Zuneigung und Liebe zu den Menschen, die gegen diese Krankheit kämpfen, was natürlich sehr schön ist.
Leider, ich mag es fast nicht zugeben, ist bei mir alles ganz anders. Eigentlich bereits seit meiner Kindheit und Jugend habe ich zu meinen Eltern ein sehr angespanntes Verhältnis, das immer wieder zu Zerwürfnissen führte. Nähere Einzelheiten würden hier den Rahmen sprengen. Seit Anfang dieses Jahres hatte ich jedoch auf Anraten meines Psychotherapeuten den Kontakt zu meinen Eltern gänzlich abgebrochen, habe auch meinen Vater vor seinem Tod nicht mehr gesehen.

Tja, und jetzt befinde ich mich in plötzlich in einer Situation, mit der ich eigentlich überhaupt nicht zu Recht komme. Alles stürzt auf mich ein, unerwartet bin ich für alles und jedes zuständig, fühle mich beinahe „fremdbestimmt“. Wobei ich natürlich den Gedanken „Sie ist meine Mutter und hat nicht mehr lange zu leben, ich muss mich jetzt kümmern“, nicht eine Sekunde aus meinem Kopf kriege. Schließlich bin ich kein gefühlloser Mensch.

Gruß
Beate
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