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Alt 26.10.2004, 20:27
Gast
 
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Standard Nun bin ich Witwe

Ihr Lieben,
heute abend melde ich mich nur auf die Schnelle, weil meine Tochter und mein Schwiegersohn auf mich warten. Wir wollen zusammen in aller Ruhe eine Flasche Wein trinken und reden.
Also nur schnell: Die Beerdigung war in Ordnung (schön kann man ja nicht sagen). Es kamen unheimlich viele Leute, zum Teil Menschen, von denen ich es nicht erwartet und an die ich gar nicht gedacht habe, haben Uli das letzte Geleit gegeben. Der Pfarrer hat sehr schön gesprochen. Alles war harmonisch und friedlich. Ich denke, Uli war mitten unter uns und hat sich gefreut, wer alles an ihn gedacht hat. Auch die Feier nachher hat nicht sehr lange gedauert. Wir haben gegessen und jeder hat eine Episode oder eine liebe Bemerkung über Uli erzählt. Ich glaube, wir haben es richtig so gemacht. Nur abends, als ich allein zu Hause saß, da kam das heulende Elend. Die Nacht war schlimm, aber sie ging vorbei. Irgendwann, so gegen 1:00 Uhr habe ich mir ein Oberhemd und ein Sweatshirt von Uli zu mir ins Bett geholt, das Hemd riecht so gut nach ihm, aber leider verflüchtigt sich der Geruch viel zu schnell.
Heute habe ich richtig viel unternommen. Erst war ich auf dem Friedhof, dann bin ich zur Verwaltung gefahren und habe meine Steuerkarte von diesem und nächstem Jahr ändern lassen und dann war ich noch im Baumarkt eine neue Lampe fürs Schlafzimmer kaufen. Für morgen habe ich mir fest vorgenommen, endlich die Gardinen zu waschen. Als Uli so krank war, war mir das alles unwichtig. Aber jetzt ist es, glaube ich, die richtige Beschäftigungstherapie.
Liebe Andrea, Du schreibst, dass die Frau von einem Bekannten auf die Antwort von Deinem Claus, dass er Krebs habe, nicht geantwortet hat. Uli ist das auch passiert. Erst Wochen später hat derjenige mit uns wieder Kontakt aufgenommen und gesagt, dass er so geschockt über die Diagnose war, dass er im Moment nichts antworten konnte und dann erst einmal einige Zeit brauchte, um den Mut zu finden, sich wieder bei uns zu melden. Vielleicht ging es bei Euch genauso?
Uli wollte während seiner Krankheit auch kaum jemanden sehen. Außer dem Besuch einer Freundin und einmal dem Besuch seiner Kollegen hat er alles abgeblockt. Auch er wollte lieber die Zeit mit seiner Familie verbringen und das war gut so, denn alle Besuche kosteten ihn einfach zu viel Kraft.
So, Ihr Lieben, morgen habe ich mehr Zeit und melde mich wieder. Bis dahin wünsche ich allen eine geruhsame Nacht, in der Ihr etwas Schlaf findet und morgen einen schönen Tag.
Bis bald
Beatrix
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