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Alt 06.06.2005, 16:47
Gast
 
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Standard Mein Papa nimmt immer mehr ab

liebe cat,
wir deine mama in ein krankenhaus mit palliativstation verlegt? Oder ein hospiz?
Habe keine angst vor morphium. Es nimmt die schmerzen und macht auch ein wenig eine „egal-einstellung“. Mein papi war bis zuletzt wirklich voll da und ansprechbar. In den letzten stunden dann halt sehr eingeschränkt, es wirkt, als wäre er nur noch halb in unserer welt, halb drüben. Da reagierte er ja auch nur noch auf seine familie, nicht mehr auf pfleger – obwohl er die alle sehr ins herz geschlossen hatte.

Ok ich verstehe, deine ma hatte zu ihrer ma kein gutes verhältnis und konnte deswegen nie aus ihrer haut heraus. Du hast jetzt noch die chance, eure liebe zueinander offenzulegen. Es ist schwer, auf einmal anders zu handeln als man es immer tat. Deine ma steckt in ihrer „rolle“ fest.
Klar ist es komisch (ich hoffe nicht anmaßend), dir ein paar worte mitzuteilen. Aber ich kenne aus anderen bereichen diese art von verhältnis. Und habe meinen papa begleitet. Egal wie das verhältnis vorher ist, es ändert sich durch dieses gemeinsame erleben und übernehmen der schutzfunktion für eltern. Und das ist gut so, denn es gibt ihnen geborgenheit und sicherheit.


Was fällt mir da ein bis auf die bisherigen tipps:
- du umarmst sie und sagst: „wir haben uns ganz doll lieb/wir lieben uns ganz doll“ (fällt dir bestimmt schwer, aber damit kann deine ma dir einfach zustimmen, fällt ihr dann bestimmt leicht)
- “ wir werden uns vermissen“
- umarmen und sagen: „das hätten wir schon viel früher tun sollen“
- statt „ich brauche dich“ lieber sagen: „ich werde dich immer lieben“ (festhaltende worte sind nicht so gut, denn unsere lieben sollen sich ja lösen dürfen)
diese worte erleichtern es ihr enorm, ihre „rolle“ zu verlassen.

Erwarte nicht von deiner mama, dass sie auf dich zukommt. Mach du es. Tue es wie ein sprung vom 5er. Nicht nachdenken, einfach reden. Was bisher war, das ist nun egal. Es kommt jetzt auf die gemeinsame zukunft mit deiner ma in deinem herzen an. Nie sollst du sagen müssen: „ach hätte ich doch“. und v.a. wird deine ma darüber sehr glücklich sein. und dies ist jetzt sehr wichtig. aber auch dein weiterleben ist sehr wichtig.

Ich hatte mit meinem papa ein paar mehr wochen zeit, dass sich unser verhältnis von papa=beschützer zu tocher=beschützerin papas umdrehen konnte. Ich habe meinen papa auf einmal umarmt und geherzt und geküßt, übers gesicht gestreichelt, stunden seine hand gehalten. Wir haben auch noch gemeinsam fotos gemacht. Papa hat sich alle mühe gegeben, fotogen zu gucken, er hatte gar kein problem mit der situation. Im gegenteil, er wollte uns die möglichkeit geben, ihn ganz genau in erinnung behalten zu können. Und er sieht auch gut aus auf den bildern. Bin froh, seine schönen blauen augen auf einem foto zu haben und seine schöne hand in meiner.

Mache dir keine sorgen wegen des morphiums. Wenn schmerzen kommen, dann klingelt SOFORT. Sonst nehmen sie zu. Es ist mit ein wenig glück möglich - ohne jemals länger als ein paar minuten schmerzen zu haben - bis zum schluss nicht abgeschossen zu sein.

Fühle dich ganz doll gedrückt.
Wenn etwas ist: sonjaxxx (at) gmx.net

Ach ja: sei jede minute die es irgendwie geht bei deiner ma. Lasse dich krankschreiben, das macht jeder arzt in deiner situation.

Lg, sonja


Ich finde diese tipps hier wahnsinnig gut:

1.
Lass nicht zu, dass ich in den letzten Augenblicken entwürdigt werde. Dass heißt, lass mich, wenn es irgendwie einzurichten ist, in der vertrauten Umgebung sterben. Das ist schwerer, aber es wird dich bereichern, Sterbebegleiter zu sein.
(dazu: papa fühlte sich mit uns an seiner seite auf der palliativstation viel besser als zu hause, denn auf der station war ein arzt)

2.
Bleibe bei mir, wenn mich jetzt Zorn, Angst, Traurigkeit und Verzweiflung heimsuchen. Hilf mir zum Frieden hindurchzugelangen.
________________________________________
3.
Denke dann nicht, wenn es soweit ist und du hier ratlos am Bett sitzt, dass ich tot sei. Das Leben dauert länger, als die Ärzte sagen. Der Übergang ist langwieriger, als wir bisher wussten. Ich höre alles was du sagst, auch wenn ich schweige und meine Augen gebrochen scheinen. Drum sage jetzt nicht irgendetwas sondern das Richtige. Du beleidigst nicht mich, sondern dich selbst, wenn du jetzt mit deinen Freunden belanglosen Trost erörterst und mir zeigst, dass du in Wahrheit nicht mich, sondern dich selbst betrauerst, wenn du zu trauern beginnst. So vieles, fast alles, ist jetzt nicht mehr wichtig.

4.
Das Richtige, was du mir jetzt sagen möchtest, wenn ich dich darum auch nicht mehr bitten kann, wäre zum Ersten das, was es mir nicht schwehr, sondern leichter macht, mich zu trennen; denn das muss ich. Ich wusste es auch längst, bevor du oder der Arzt es mir mit euren verlegenen Worten eröffnet hattet. Also sag mir, dass ihr ohne mich fertig werdet. Zeig mir den Mut, der sich abfindet, nicht den haltlosen Schmerz. Mitleid ist nicht angebracht. Jetzt leide ich nicht mehr. Sag mir, dass du das und das mit den Kindern vorhast und wie du dein Leben ohne mich einrichten wirst. Glaub nicht, es sei herzlos, das jetzt zu erörtern. Es macht mich freier.
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5.
Und wenn dir mein Sterben ferner und ferner rückt, die letzten Kondolenzen beantwortet sind und du, wie es jedermann erwartet, in Trauer zurückfallen sollst, so wehre dich mit aller Kraft. Das viele Trauern in der Welt ist nur die andere Seite unseres Unglaubens, und das Schlimmste ist, dass gerade die meisten Christen Ernst mit Traurigkeit verwechseln und von der Sonne singen, ohne sie zu leben. Du sollst von mir nur wissen, dass ich der Auferstehung näher bin als du selbst.

6.
Nimm mit dir mit, was wir selbst erlebt haben, als ein kostbares Vermächtnis. Lass mein Sterben dein Gewinn sein, wie das Sterben unseres Heilands unser Gewinn ist. Leb dein Leben fortan ein wenig bewusster als dein Leben vor dem Tod. Es wird schöner, reifer und tiefer, inniger und freudiger Leben sein als es zuvor war, vor meiner letzten Stunde, die meine erste ist.
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7.
Das Richtige, was du mir jetzt sagen möchtest, wenn ich dich auch vielleicht nicht mehr darum bitten kann, wäre das Wort, aus dem ich gelebt habe. Wenn nichts bleibt vom Leben auf Erden, so sind es doch diese Worte. Und wenn sie nie Wort geworden wären in unserem Leben ,so musst du jetzt versuchen, sie zu finden. Hat es sie nicht gehabt, so hat unsere Liebe doch immer auf ihr Wort gehofft. Vielleicht war es ein einziger Bibelvers, aus dem wir lebten ein Leben lang, ein einziger, der unser Suchen jetzt zusammenfasst. Versuch ihn zu finden und mir ins Ohr zu sagen. Ich höre.

8.
Ich höre, obwohl ich schweigen muss und nun auch schweigen will. Halte meine Hand. Ich will es mit der Hand sagen. Wisch mir den Schweiß von der Stirn. Streiche die Decke glatt. Bleib bei mir. Wir sind miteinander verbunden. Das ist das Sakrament des Sterbestands. Wenn nur noch die Zeichen sprechen können..., so lass sie sprechen.
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9.
Dann wird auch das Wort zum Zeichen. Jetzt hättest du mehr von mir zu lernen als ich von dir. Ich blicke schon durch die Tür. Jetzt, da ich davongehe, wünsche ich, dass du beten kannst, das heißt, dass du das Gute erkennst, das Gott uns jetzt schickt. Klage nicht an - es gibt keinen Grund. Sage Dank - ich werde Gott schauen. Und Dir wird es auch geschenkt werden.

10.
Morgen, wenn sie dich nicht mehr allein lassen mit mir, sorge dafür, dass der Ton dieser Stunde zwischen uns nicht verloren geht. Lass die ehrenden Worte in der Anzeige, den Aufwand auf dem Friedhof. Das alles erreicht mich nicht mehr.



Mögliche begleitende Symptome bei Sterbenden:

I.
1. Schlafstörungen
2. Husten, Atemnot
3. Verwirrung
4. Schwäche
5. Appetitlosigkeit
6. Übelkeit, Erbrechen
7. Unruhe verschiedener Ursachen: volle Blase, volles Rektum, ungeklärte Ding- deshalb nicht loslassen können, Schmerzen
=> palliative Maßnahmen einleiten. => home care Arzt?

Relativ kurz vor Eintritt des Todes sind die Sterbenden häufig sehr schläfrig. Sie schlafen immer wieder, auch nach Ansprache, ein.
Es tritt auch eine Bewußtlosigkeit ein oder Koma, welches mehrere Tage anhalten kann.
Es ist dabei zu bedenken, daß der Sterbende dennoch alles hört, wahrnimmt und fühlt, was um ihn herum geschieht.
Insbesondere bei Unruhe des Sterbenden helfen dann beruhigende Stimmen und Hautkontakt. (Streicheln, Halten der Hand etc.) auch meditative Musik, ganz leise im Hintergrund.
________________________________________
II.
a.
Der Sterbende hat häufig ein Gefühl der inneren Hitze, obwohl sich die Haut kalt anfühlt. er muß dann nicht unbedingt zugedeckt werden mit einer dicken Decke, auch wenn er zu fiebern scheint. Er friert nämlich nicht. Ein dünnes Tuch ist ausreichend und angenehmer!

b.
Manche Sterbende haben das Bedürfnis nahezu im Bett zu sitzen. Sie zeigen diesen Wunsch auch mit Gesten oder sogar mit Worten an. Helfen Sie ihm beim Aufrichten und unterstützen mit Kissen oder Decken diese Lage.

c.
Das Gesicht verändert sich vor dem Sterben. Es "fallt ein" Die Haut wird gelblich und "durchscheinend wie Porzellan". Um den Mund herum zeichnet sich ein helles Dreieck ab. Die Augen fallen ganz tief in die Augenhöhlen zurück. Der Blick wird in die Feme gerichtet. Es scheint, als blicke er bereits in eine andere Welt.

d.
Manche Sterbende lassen in den letzten Stunden ein Rasseln beim Atmen hören. Dieses ist kein Zeichen dafür, daß der Mensch erstickt. Er leidet auch nicht darunter. Wenn es zu lange anhält, kann der Arzt ein beruhigendes Mittel spritzen.

e.
Zuletzt wird der Atem unregelmäßig, dann auch mit kürzeren oder längeren Pausen. Zum Schluß ist ein längeres Ausatmen.
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Nach Eintritt des Todes

Es ist wichtig, daß Ruhe und Frieden im Raum sind. Nach dem Eintritt des Todes ist zunächst überhaupt keine Handlung notwendig. Nehmen Sie sich die Zeit zum Abschiednehmen, die Sie brauchen. Wenn der Tod in der Nacht eintritt ist es nicht notwendig, nachts bereits den Arzt zu rufen, um den Totenschein ausstellen zu lassen.

Sie können ohne weiteres bis zum Morgen damit warten, insbesondere wenn ein Home Care Arzt die Betreuung übernommen hatte.

Auch das Bestattungsunternehmen brauchen Sie erst dann zu benachrichtigen. In der Regel ist es für die Angehörigen hilfreich, wenn sie sich eine Zeit des Abschiednehmens nehmen.
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Der Einstieg in die Trauer ist leichter und es findet ein gewisser Abschluß der meist sehr belastenden Pflege statt. Hilfreich sind dann auch Gespräche in der Familie über das
gemeinsame Leben - die Erinnerungen. Eine Kerze ist möglicherweise anzuzünden.

Für manch einen ist es richtig, den Verstorbenen zu waschen, zu kämmen und zurecht zu machen, die Kleidung anzuziehen, die er im Sarg tragen soll oder möchte. Natürlich ist all dies sehr schmerzhaft. Lassen Sie ihre Trauer zu, erlauben Sie sich Tränen.
(das haben wir auch gemacht mit hilfe einer pflegerin. Es ist schließlich mein vater auch wenn er nicht mehr atmet, papa hat niemand anders umzuziehen.)
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