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Alt 21.01.2006, 01:01
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Ylva Ylva ist offline
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Registriert seit: 21.10.2005
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Standard AW: la follia della realtà

Liebe Mami,

Im Juni werden es zwei Jahre Jahre seit du die Diagnose Brustkrebs bekommen hast.Vielleicht werde ich dir diesen Brief dann geben,vielleicht auch nicht.
Aber Mami ich moechte dir sagen das ich stolz bin deine Tochter zu sein und das du eine wunderbare Mutter warst,bist und immer sein wirst.
Natuerlich frage ich mich,warum es ausgerechnet dich treffen musste - warum der Mensch der mir am naehsten steht und warum der Mensch der nie grosse Ansprueche hatte. Ich weiss das ich es nicht hinterfragen sollte und ich versuche auch den Gedanken beiseite zu schieben aber das geklingt mir nicht immer.
Du hast immer alles so hingekommen wie es kam und das beste daraus gemacht. Du hast deine Oma jahrelang gepflegt und dich fuer sie aufgeopfert,du hast mir versichtert das es nicht meine Schuld war das sie den Schlaganfall bekommen hat. Du hast dich um alles gekuemmert was mir zuviel wurde. Du hast mich so genommen wie ich bin (das kann ich von sonst niemandem sagen)
Ja,es gab viel Streit und ich war,glaube ich,nicht wirklich einfach und ich wuensche mir manchmal ich haette einige Dinge nicht gesagt und nicht getan.
Aber du warst immer fuer mich da.
Du hast mir mein Pferd ermoeglicht, meinen Hund und mich auf den richtigen Weg geschubst auch wenn ich das damals nicht geglaubt habe.
Ich bin so stolz auf dich Mama.
Leider fing der ganze Mist dann an.
Ich hatte furchtbare Angst um dich als du an GBS erkrankt bist.
Als ich dich auf der Intensivstation besuchen kam war ich so erschrocken,ich hatte panische Angst um Dich. Du warst voellig hilflos weil du dich nicht mehr bewegen konntest. Es war wie ein kleines Wunder,dass du so gute Fortschritte gemacht hast und sich alles zurueckgebildet hat. Ich war so unheimlich gluecklich und lernte endlich zu schaetzen was mir nie bewusst war.
Nach endlos langen Krankenhausaufentahlten und Rehas warst du endlich wieder zu Hause. Du wolltest dich langsam wieder auf das Arbeiten vorbereiten und hattest Plaene. Du warst wieder lebensfroh.
Und dann kam der Krebs. Du wolltest aufgeben Mama.
Du hast dann doch die Chemo gemacht und es oftmals wegen den Nebenwirkungen bereuht. Tagelang lagst du im Bett und konntest nicht aufstehen. Dann fielen dir die Haare aus. Es war ganz schoen komisch,meine Mama ohne Haare aber man gewoehnt sich an alles und es war mal was anderes . Ich weiss noch wie die ploetzlich ganz viele Muetzen geschenkt bekommen hast - aber du hast nur unsre aufgezogen. Die du und ich zusammen gehaegelt haben. Wir waren auch zusammen die Perruecke aussuchen,sie war schoen aber du mochtest sie nicht gerne. Jetzt liegt sie ganz hinten in deinem Schrank und wir hoffen alle das du sie nie,nie wieder brauchst.Waehrend deiner Chemo bin ich geflohen,weil ich von alldem erdrueckt worden bin. ich weiss nicht ob du es feige fandest oder ob du das gefuehlt hattest das ich dich im stich gelassen habe - du hast es dir jedenfalls nicht anmerken lassen und mich darin bestaerkt. Die Zeit in Island hat mir sehr gut getan und ich konnte neue Kraft tanken. Gerne haette ich dich mitgenommen - ja ich glaube du waerst auch von diesem Land faszieniert und verzaubert gewesen. Du weisst ja,dass wir irgendwann gemeinsam hinfliegen werden
Nach vielen tiefen und wenigen hoehen der chemo, da du wegen den niedrigen leukos oft stationaer bleiben musstest,hattest du auch das endlich hinter dir.
Aber es gab keine Verschnaufspause. Wieder ein Krankenhausaufenthalt. Zuerst war nicht klar ob brusterhaltend operiert werden kann - aber wie sich schnell rausstellte konnte es das nicht. Wieder ein schwerer Schlag fuer Dich.
Waehrend der OP musste ich arbeiten - ich war ein Roboter,tat alles mechanisch. Und dann der Anruf von Papa "Es ist alles gut".
Ich habe vor Glueck geweint Mama. Endlich konnte ich auch mit dir sprechen. War das schoen deine Stimme zu hoeren.
Rueckblickend weiss ich,dass ich dich viel zu selten im Kh besucht habe. Es tut mir so leid...,aber ich habe es nicht ertragen koennen...
Dann warst du endlich wieder zu Hause. Als die Bestrahlung rum war - waren wir alle sehr erleichtert. Du warst dann zur Reha und ich habe dich wahnsinnig vermisst. Aber ich glaube die Zeit hat dir sehr gut getan!
Und dann flog die Zeit nur so dahin und schon war die erste Nachsorgeuntersuchung...
Ich weiss wie gross meine Angst war,wie muss es dir wohl ergangen sein?
Als deine sms kam "Alles gut,Papa und ich gehen jetzt noch shoppen "
Musste ich wieder weinen.

Liebe Mama wir werden weiter kaempfen. Egal was noch kommt.
Ich hoffe ich kann dir eine kleine Stuetze sein,denn das ist dass was ich moechte. Du sollst auch grund haben auf mich stolz zu sein.

Ylva
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