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Alt 18.04.2005, 17:38
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Standard Mein Franz ist tot

Liebe Heike und Ole,

durch Euch hat mein Schatz ganz gewiss noch eine wunderbare Zeit erleben dürfen. Bei dem Ausmaß seiner Erkrankung - von Anfang an mulitiple Lebermetastasierung, Infiltration des Magens und Lungenmetastasen! - hätte er nur noch ein paar Wochen gehabt. Durch Deine Tipps lieber Ole konnten wir für uns vieles ohne lange Recherchen aussuchen und es hat gewirkt! Durch die Kämpfernatur meines Mannes und den Lebenswillen hat er - ohne Schmerzen - 10 Monate INTENSIV gelebt. Der letzte Monat war dann weniger schön, es waren die 4 Wochen nach Bad Bergzabern.

Das habe ich mir natürlich sehr zu Herzen genommen und mich schuldig gefühlt, vielleicht wäre Oxalyplatin doch angebrachter gewesen, denn Ottmar geht es immer noch sehr gut damit.

Gott sei Dank haben mein Mann und ich immer alles angesprochen, was wir empfinden. Er hat mir versichert, dass ich alles super gut gemacht habe und dass er durch mich und meine Recherchen noch eine gute Zeit hatte.

Nun setze ich noch einen Brief von einem Freund hier rein, damit ihr ein wenig mehr von meinem Franz erfahrt - was für ein wunderbarer Mensch er war - für meinen lieben Franz ein DENKMAL, das bin ich ihm schuldig.

Eine Freundin von uns ist Seelsorgerin im Klinikum Mannheim, die wird die Trauerfeier für Franzl machen.

An die hat nun ein Freund von uns geschrieben.....


Liebe Claudia,
es ist schön und tröstlich zu hören, dass Du den Trauer-Gottesdienst für
unseren Franz halten wirst. Du wirst es sicher sehr persönlich gestalten.

Mir ist sein Tod sehr nahe gegangen. 15 Jahre lang habe ich neben ihm
gesessen und gesungen - wir haben uns gegenseitig angespornt, durch die
manchmal schwierigen Seiten laviert, miteinander gequatscht, auch wenn es
nicht geboten war, Spaß gehabt. Gestern, als ich das wundervolle Konzert von
Melanchthon hörte, hat mich der Psalmus Hungaricus so sehr an unsere wilden
Proben beim "König David" von Honegger vor vielen Jahren erinnert, bei denen
wir Tenöre oft als gemeinsame Phalanx agiert haben, durch die Kirche liefen,
tanzten, rückwärts vom Feind wichen und übereinander stolperten. Das waren
lustige, wunderbare Zeiten, bei denen Franz, auch wenn er über 15 Jahre
älter war als wir, wunderbar lebendig mitmachte und wir großen Spaß
miteinander hatten. Auch das Bild, das Annette gestern beim Konzert mit sich
trug, hat mich an unsere besten Zeiten im Chor erinnert: Franz mit Melone,
stundenlang am Zapfhahn beim Tanz in den Mai stehend, in all seiner stillen
Größe und Herzenswärme und seinem Mannemer Charme. Auch Israel kommt mir
immer wieder in den Sinn, wo wir gemeinsam durch Jerusalem wanderten und die
Fremde genossen. So reich war unsere gemeinsame Zeit. Ganz vieles davon
haben Annette und ich gemeinsam mit ihm und Gaby erlebt, auch wunderbare
Ausflüge in seine geliebte Palz und Weinverkostungs-Abende im kleinen
gemütlichen Häuschen. Er war ein wunderbarer Gastgeber und hingebunbgsvoller
Ehemann mit einer bewundernswerten Toleranz und stetigen Offenheit.

Ich habe Franz immer in mein Herz geschlossen gehabt, aber eine neue
Tiefendimension hat unsere Freundschaft im letzten Jahr angenommen, als wir
über den Krebs verbunden wurden. Er hat sichtlich nach mir als Vorbild
geschaut, an dem er die Bewältigung einer Krebskrankheit erlebt hat, und
offensichtlich war meine frühzeitige Eingebung, ihm ein wichtiges Buch zu
schicken, ein Hilfsanker. Darüber ist in zwei gemeinsamen Abenden unter
Männern eine Tiefe des Gespräches entstanden, wie sie erst an diesem Punkt
wachsen konnte. Ich habe das Glück erlebt, sein Leben in einer ganz neuen
Tiefendimension von ihm ausgebreitet zu bekommen. Erst dadurch habe ich
beginnen zu verstehen, welche Energie, Kraft, welch energischen Kampf um
das, was er für richtig hielt, er sein Leben lang geführt hat. Das blieb
unter seiner weichen Schale oft im Alltag verborgen. Er hat um die Frau
kämpfen müssen, die er liebte, und er hat diese Liebe immer, trotz allem,
was das Leben an Herausforderungen bereit hält, aufrecht und kostbar
gehalten, war immer in seinem inneren ein kerzengerader Mensch mit großem
Willen und großem Herzen. Ich habe ihn als jemanden kennen lernen dürfen,
der erfüllt war von dem Glauben, dass sich die Dinge richtig fügen werden
und dass das Leben gut ist und gut wird. Und der von einem starken,
einfachen, direkten Glauben an Gott erfüllt war. Wie bewundernswert! Es hat
mich tief beeindruckt. Und wenn ich jetzt zurückschaue, dann hat ihm das
Leben recht gegeben, und so ist das wichtigste Wort, das ich mit seinem
Leben und seinem Tod verbinde: Dankbarkeit. Dankbarkeit für dieses Leben,
das so reich war und ihn und uns alle beschenkt hat. Und Dankbarkeit über
das, womit er uns alle beschenkt hat.

Er wird mir sehr fehlen.

Uwe

Nun sage ich euch noch, dass Uwe selbst an einem Seminom erkrankt war in jungen Jahren und Mitte dreißig dann noch einen Lungentumor hatte. Beides hat er besiegt.

DESWEGEN MEINE LIEBEN KÄMPFER - MACHT WEITER SO. NEHMT EUCH EIN BEISPIEL AN FRANZ UND PIT UND WOLFGANG UND OTTMAR UND EIKE UND EKKEHARD!!! Auch wenn man seine Lebenszeit noch gut gestalten kann, hat man schon gewonnen.

Für mich selbst kann ich sagen, dass ich seit gestern eine unerklärliche Stärke und Gelassenheit empfinde.

Franz hat mir
eine Riesenportion Energie geschickt, ich spüre das, vielleicht könnt Ihr das
nicht glauben, aber es ist wie ein Blitz in mich gefahren, der mir gesagt hat,
ich MUSS diese Chorreise nach Ungarn - zu der ich mich gestern entschlossen habe - mitmachen.

Als ich gestern abend nachhause kam, sass Conny unsere Tochter, die sehr gelitten hat, fröhlich im Wohnzimmer und hat gesagt, sie würde auf einmal so ein großes Glück empfinden, dieses Gefühl wäre
auf einmal über sie gekommen und sie muss nicht mehr weinen! Das hat mein Franz geschafft 100%!!!!!

Natürlich sitze ich hier und weine immer mal wieder, aber dann kommt auch bei mir wieder eine Phase voller Glück - mein Schatz ist nur in einen anderen Raum
gegangen, verlassen hat er mich nicht!

Nun habe ich so viel geschrieben und fühle mich sehr gut dabei. Ich - die ich meinte das Leben ohne Franz niemals leben zu können habe auf einmal eine Stärke, die ich mir nicht erklären kann.

Mein Franz Deine Stärke, die ich immer bewundert habe, hast Du mir auch noch gegeben .....

Nun grüße ich alle, die mich in diesem Forum so lange begleitet haben

Eure Gaby