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Alt 31.07.2011, 09:24
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Mirilena Mirilena ist offline
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Registriert seit: 11.05.2011
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Standard AW: Wie lange hab ich noch die Kraft

Liebe Billchen,

ich war erschüttert, als ich eben gerade deinen ersten Eintrag gelesen habe... Wie viel Leid kann ein Mensch überhaupt ertragen?! Bitte vergiß dich selbst nicht, denn auch du musst irgendwann und irgendwo Kraft auftanken. Ich bin nur eine Angehörige (mein Vater hat ein Bronchialkarzinom, das bereits im fortgeschrittenen Stadium ist und Knochenmetastasen im Schulterblatt), aber nachdem ich die ersten Wochen zwischen Verzweiflung, Depression, Wut und auch Aggressionen taumelte, habe ich mir gesagt, dass ich so meinen Vater und auch meine Mutter nicht wirklich unterstützen kann. Ich habe mir eine Psychotherapeutin gesucht, die mir helfen sollte, mein inneres Gleichgewicht wieder zu finden. Körperlich habe ich so reagiert, dass ich kaum mehr als 2 Stunden am Stück schlafen konnte und dementsprechend wie ein Zombie durch mein Leben taumelte. Aber das war nicht mehr tragbar, da ich ganztags arbeite und allein erziehend bin... Die Gespräche mit einem Profi sind sehr, sehr hilfreich, wenn auch bisweilen schmerzhaft, aber mich bringen sie weiter.
Und ich lerne jeden Tag, dass ich loslassen muss... Nichts im Leben können wir für immer behalten und darum versuche ich, mich an jedem Tag zu erfreuen, den ich mit meinem Paps verbringen kann. Momentan fühlt er sich gut und verträgt auch die Chemo. Sein Kopfhaar ist er bereits los, aber das ist für ihn nicht so dramatisch. Hauptsache für ihn ist, dass der widerliche Tumor in seiner Lunge von der Chemo in Mitleidenschaft gezogen wird. Wir schöpfen gerade ein wenig Hoffnung, auch wenn wir wissen, dass mein Vater niemals mehr gesund wird. aber wir wünschen ihm noch eine schöne und schmerzfreie Zeit und nutzen diese, so gut wir eben können.
Und du darfst dich nicht vergessen, denn du hattest selbst bereits eine schwere Erkrankung und bist nun voll und ganz für deinen Partner da, für deine Mama... Versuche mal, etwas für dich zu finden, was dir gut tut und dir Kraft gibt. Der eine braucht Gespräche, wo er sich "auskotzen" kann (ich), ein anderer muss stundenlang durch die Gegend rennen, ... Was könnte es für dich sein? Ich habe auch angefangen zu schreiben... Ein Krebstagebuch über den Krankheitsverlauf meines Vaters, ein Buch für meinen Vater, Tagebuch.

Vielleicht waren ja ein paar sinnvolle Anregungen dabei?! Ich wünsche euch, dass ihr alles zusammen schafft und auch deine Mama dir noch erhalten bleibt!
Miriam