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Alt 29.07.2014, 13:44
CatLove89 CatLove89 ist offline
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Standard AW: Das Schicksal ist ein mieser Verräter...

Hallo Julia,

für deinen langen Beitrag musst du dich nicht entschuldigen. Manchmal kommt es auch aus mir heraus gesprudelt Komsicherweise schreibe ich auch lieber, statt zu reden... Reden würde ich niemals so viel, wie ich schreibe

Gut, dass du keine Alpträume oder andere schlechte Erinnerungen hast. Davor hätte ich wahrscheinlich Angst gehabt, wäre ich an deiner Stelle gewesen.

Wir haben Papa ja nicht mal eine Stunde, nachdem er eingeschlafen war, gesehen. Er war im Krankenhaus und wir wussten, dass es bald soweit ist. Wir haben noch von "morgen" gesprochen. Meine letzten Worte an ihn waren "Bis morgen, Papa, hab dich lieb!". Er wollte "morgen" sogar den Fernseher anmelden, er wüsste ja nicht, was er den ganzen Tag alleine auf dem Zimmer soll... Und er sagte, wir sollen gehen, wenn wir wollen, er ist auch müde und will schlafen. Also sind wir nach Hause. Ich in mein zuhause (ca. 30 Min. Fahrt zum Krankenhaus) und meine Mama und Schwester zu sich nach Hause (ca. 60 Min. Fahrt zum Krankenhaus). Meine Mama erhielt den anruf vom Krankenhaus, als sie gerade zur Haustür rein ist. Sie wusste schon, was los ist... Sie hatte mich dann angerufen und ich bin sofort mit meinem Freund ins Krankenhaus gefahren. Alleine hätte ich auch nicht fahren können, ich war wir in einem Schockzustand. Ich war im ersten Moment sauer.. Saß steif im Auto... Und habe mich gefragt, warum er einfach gegangen ist, ohne das wir bei ihm waren.

Ich bin dann zuerst alleine in das Zimmer rein. Und dann lag er da. Im Krankenhaushemdchen, die Hände neben dem Körper, das Fenster war offen, das Zimmer sehr sauber. Das haben die Krankenschwestern alles so hergerichtet. Was ich empfunden habe? Ich kann es dir garnicht sagen. Er lag halt da. Sah so aus, als würde er schlafen. Ich bin dann wieder raus. Und irgendwann kamen dann meine Mama und meine Schwester. Da habe ich dann das erste mal geweint. Wir sind dann alle nochmal in das Zimmer und haben uns von ihm verabschiedet. Haben seine Arme gestreichelt, über die Wange, über seine flauschigen Stoppeln... So im nachhinein finde ich die Situation komisch... Ich kann das garnicht so richtig beschreiben...

Ich bin den abend wieder nach Hause und erst den nächsten morgen dann zu meiner Mama, wo ich auch erstmal eine Woche geblieben bin. Den abend, als Papa starb, habe ich ganz normal erlebt.. Fernsehen geguckt.. Irgendwann ins Bett... Am nächsten morgen als ich bei Mama war und in die Küche kam, saß sie da, vor der Tageszeitung und hat geweint... Und ich? Ich habe keine einzige Träne vergossen... Die nächsten Stunden und Tage, bis zur Beerdigung, kamen ständig Verwandte, Bekannte und Freunde von Mama und Papa. Meine Mama war und ist so stark! Sie hat die Geschichte von Papas Tod gefühlte tausendmal erzählt... Wie die letzten Monate waren... Wie der letzte Tag war... Und ich? Ich saß immer mit am Tisch, habe keine Träne vergossen... Habe dem Besuch immer schön Getränke angeboten...

Einen Tag vor der Beerdigung, als Papa mit dem Leichenwagen zur Friedhofshalle gefahren wurde und wir dort auf ihn gewartet haben, habe ich das erste mal richtig geweint... Ich weiß noch, wie ich ein paar Schritte zurückgegangen bin, als ich den Wagen am Ende der Straße erblickte... Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, das Papa dort drin ist... In dem schönen Anzug, mit dem orangenen Hemd... Nein, das konnte nicht sein! In dem "Keller" der Friedhofshalle wurde der Sarg dann abgestellt und wir haben noch ein Gebet gesprochen mit dem Bestatter. Er fragte dann auch, ob wir ihn nochmal sehen wollen. Aber das wollten wir nicht. Wir behalten ihn so in Erinnerung, wie wir ihn das letzte mal gesehen haben! Und die allerwichtigsten Erinnerungen sind eh in unseren Herzen!
Die Beerdigung war dann auch nochmal richtig heftig.. Aber in dem Moment, als der Sarg hinabgelassen worde, merkte ich, wie ein riesen großer Stein von mir abgefallen ist... Ich fühlte mich wirklich um ein paar Kilos leichter!


Und nun entschuldige ich mich dafür, dass mein Text so lang geworden ist. Aber es tut einfach so gut, sich alles von der Seele zu schreiben!


Ich wünsche dir weiterhin wirklich viel Kraft! Ich gebe dir etwas von meiner Kraft ab und schicke sie dir mit einem Sonnenstrahl vorbei!
Wenn du magst, kannst du gerne mal eine PN schicken (wobei ich noch nicht genau weiß, wie das hier in dem Forum funktioniert...)

Fühl dich ganz fest

Liebe Grüße
catlove
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Mein Papa, geboren in 1958, für immer eingeschlafen im Mai 2014

Die Erinnerung ist ein Fenster durch das ich dich sehen kann, wann immer ich will. (Verfasser unbekannt)
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