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Alt 08.12.2005, 14:32
Lili Lili ist offline
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Standard AW: Hilfe, keine Chemo mehr

Ach Sonja, das ist ja wirklich eine schöne Geschichte, die all diese Gemeinplätze wunderbar entlarvt ...

Ich finde, man sollte sich als Betroffene und Angehörige das Versprechen geben, ehrlich zueinander zu sein und kein schlechtes Gewissen haben müssen, auch die eigenen Sorgen und Ängste zu äußern. Als ich die Betroffene war, habe ich immer ganz heroisch versucht, alles runterzuspielen und meinen Lieben nicht noch mehr Sorgen zu bereiten. Rückblickend betrachtet, würde ich es heute glaube ich anders machen und nicht selbst vorweg nehmen wollen, wie andere damit umzugehen haben. Und ich habe auch gerade mein persönliches Trainingsfeld: Meine Mutter ist in wenigen Monaten so in die Demenz abgerutscht, dass die Verbindung vor allem unter dem Vorzeichen "Gefühle" funktioniert, nicht aber mehr der geistige Austausch. Und mein Vater, der vor zwei Monaten einen Schlaganfall hatte, versucht die Nummer "alles kein Problem, mach Dir keine Sorgen!" (kenn ich doch irgendwie noch ...) In seinem Fall versuche ich, ihn zu mehr Ehrlichkeit im Umgang mit der Situation, mit seinen verbliebenen Problemen, mit meiner Mutter, mit mir, usw. zu überzeugen. Mal sehen, ob es mir gelingt. Aber nachdem ich meine eigene Erkrankung (hoffentlich) ausgestanden habe, steht mir der Sinn nicht mehr nach Getue und Fassade, wenigstens nicht im privaten Bereich. Das Leben ist zu kurz. Wenn der Umgang miteinander dann vor allem von Liebe und Respekt geprägt ist, kann man eigentlich nicht mehr viel falsch machen, oder? Ich halte es jedenfalls für falsch, Entscheidungen gegen den ausdrücklichen Willen des Betroffenen durchzusetzen (widerspricht dem Leitgedanken "Respekt").

Gruß, Lili
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