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Alt 11.05.2007, 21:20
J2K J2K ist offline
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Standard AW: mit 20 schon krebs??

Hi Necro,

es gibt tatsächlich Tendenzen, wonach immer öfter Jugendliche mit Krebs diagnostiziert werden. Ich sage ganz bewusst "öfter diagnostiziert", denn dass muss nicht zwangläufig implizieren, dass Jugendliche auch tatsächlich öfter an malignen Tumoren erkranken als früher. Es wird heute nur öfter bei Untersuchungen insbesondere mit Hilfe von MRT/CT erkannt, wenn früher der Krebs z.B. nicht entdeckt wurde und später die Todesursache nicht richtig ermittelt wurde.

Bei einigen wenigen Krebsarten hat die Zahl der Neuerkrankungen bei Jugendlichen dramatisch zugenommen, insgesamt aber steigt die Zahl der Neuerkrankungen über alle Altersschichen hinweg gleichermassen.

Zitat:
Zitat von Annals of Oncology 2005 16(2):181-188
There is evidence of an increase in the cancer incidence rate in adolescents and young adults over the last quarter of the 20th century on both sides of the Atlantic. According to SEER and UK registry data, the overall rate of cancer incidence in adolescents has been rising at an average of 0.9% per year. Melanomas, non-Hodgkin lymphomas and testicular carcinoma have shown the greatest annual increases, over 5% for the former and 2% for the latter two [3Go, 5Go]. The most common tumours among 15–19-year-old adolescents are testicular cancer (15%) and Hodgkin's disease (16%) by far, followed by central nervous system (CNS) tumours, non-Hodgkin's lymphomas (NHL), thyroid cancer, malignant melanoma and acute lymphoblastic leukaemia
Quelle: http://annonc.oxfordjournals.org/cgi.../16/2/181#SEC2
Wie der oben zitierten Statistik zu entnehmen ist, steigt die Zahl juveniler Neuerkrankungen vor allem bei schwarzem Hautkrebs dramatisch an, über die Ursachen braucht man hier wohl nicht gross zu spekulieren.
Bei Hodgkin Lymphomen und Keimzelltumoren ist es hingegen schwer, eindeutige Ursachen auszumachen. Meiner Ansicht nach spielt die Zunahme der Lebenserwartung eine massgebliche Rolle. Die Leute kriegen immer später Kinder und ihr Erbgut wird dabei über einen längeren Zeiträum schädlichen Einflussen ausgesetzt und dann an die Kinder weitergegeben.

Insgesamt aber ist die Wahrscheinlichkeit als Jugendlicher Krebs zu bekommen sehr gering, sie liegt je nach Altersklasse so zwischen 0.1 und 0.5% :

Zitat:
Data from the National Cancer Institute's (NCI) Surveillance, Epidemiology and End Results (SEER) program and the UK cancer registry indicate that the incidence of cancer in adolescents 15–19 years old is 50% higher that in younger persons, for a rate of 203 new cases per million persons [3Go–5Go]. Overall, rates in both males and females were significantly higher at 20–24 years than at 15–19 years [6Go].
Das muss man in Relation zu älteren Personen sehen, die mit >30%iger Wahrscheinlichkeit an Krebs erkranken. http://info.cancerresearchuk.org/can...ce/age/?a=5441

Auch treten bei Jugendlichen zum Grossteil Krebsarten auf, die sich gut therapieren lassen (wie z.B. Hodgkins, Hodenkrebs, Melanom im Frühstadium, Schilddrüsenkrebs), so dass die 5-Jahres-Überlebensraten mittlerweile bei 80% liegen.

Meines Erachtens ist die schlechte med. Versorgung von krebskranken Jugendlichen weitaus brisanter als die Zahlen zur stat. Inzidenz. So werden Tumorerkrankungen bei Jugendlichen von Ärzten wenn überhaupt meist erst in fortgeschrittenen Stadien erkannt, weil wegen der geringen Inzidenz kaum ein Haus- oder Facharzt bei Jugendlichen Patienten mit auffälligen Symptomen zuerst an Krebs denkt. Hinzukommt, dass klin. Studien, Therapieprotokolle und Therapiekosten auf ältere Patienten abgestimmt sind und damit z.B. nicht alle Therapiemöglichkeiten bei Jugendlichen (wie z.B. Dosiseskalation bei Medikamenten) ausgeschöpft werden. So wird bei einem 80jährigen kein Gesundheitssytem mehr 30.000 Euro für eine High-Tech-Behandlung ausgeben wollen, weil dies ökonomisch nicht sinnvoll ist. Bei Jugendlichen ist es hingegen öknomisch sinnvoll, jedoch darf in den meisten Gesundheitssystemen nicht nach Alter diskriminiert werden, so dass die Jugendlichen dann auch nur die kostengünstige aber weniger effektive Therapie erhalten.

Es gab neulich auch einen interessanten Artikel in der NYT zu der Problematik Krebs bei jungen Erwachsenen:
http://query.nytimes.com/gst/fullpag...52C0A9619C8B63


Gruss,
J2K

Geändert von J2K (17.05.2007 um 00:54 Uhr)
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