Einzelnen Beitrag anzeigen
  #62  
Alt 28.08.2015, 18:24
Julia93 Julia93 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 23.07.2014
Beiträge: 42
Standard AW: Das Schicksal ist ein mieser Verräter...

Hallo zusammen,

heute ist wieder ein Freitag und wie jeden Freitag muss ich mich an den einen Freitag zurück erinnern, an dem mein Papa plötzlich gegangen ist.
Mittlerweile glaube ich ja, dass das alles kein Zufall war.
Warum habe ich kurz nach der Diagnose das dringende Bedürfnis gehabt, mit meinen Eltern zum Fotografen zu fahren und Bilder von uns machen zu lassen? Papa wusste es auch irgendwie das er das alles nicht packen wird. Er hat so häufig gesagt, dass wir das auch alleine schaffen und ich gut aufpassen soll. Ahnt der eigene Körper unterbewusst, wenn der Tod herannaht ohne dass man es bewusst im Kopf erlebt? Wie von einer inneren, unerklärlichen Kraft gesteuert verabschiedet man sich, ohne zu wissen, dass es ein wirklicher Abschied ist. Wahrscheinlich versteht niemand hier was ich meine, aber ich kann es nicht besser formulieren :-D
Ich stecke immernoch mitten im Erbstreit der Erbengemeinschaft meines Vaters. Man will mir unser Haus wegnehmen und es wird mir wohl nichts anderes übrig bleiben als vor Gericht zu ziehen. Niemand versteht, was mir das Haus bedeutet. Hier ist mein Vater geboren und gestorben, überall sind Erinnerungen und außerdem bin ich noch nie umgezogen. Eigentlich ist das alles ein bisschen viel mit meinen 21 Jahren, aber welche Wahl habe ich? Keine! Meine Mutter wird früher oder später mit ihrem Neuen Lebensgefährten zusammen ziehen und hat prinzipiell jetzt schon mit der Vergangenheit abgeschlossen, also stehe ich alleine da und kämpfe weiter. Dass mich das alles doch ziemlich mitkommt, merke ich daran, dass ich seit einiger Zeit jede Nacht Alpträume habe und einfach nicht zur Ruhe komme. Manchmal träume ich aber auch von meinem Vater und das wirkt so wahnsinnig real, dass ich am liebsten nie wieder davon erwachen würde. Dann ist er einfach wieder da und ich kann ihm alles erzählen.
Ich habe es immernoch nicht geschafft, seine Kleidung weg zu geben. Allerdings habe ich überlegt, einen Teil an Flüchtlinge zu spenden. Damit wäre er sicher auch zufrieden.
Letztens hatte ich ein merkwürdiges Erlebnis. Ich war eine Bekannte besuchen und sie hat mir das Grab ihrer Mutter gezeigt. Mitten drauf steht eine Sonnenblume und ich wunderte mich schon sehr darüber, weil auf dem ganzen Friedhof keine andere Sonnenblume zu sehen war. Dann erzählte Sie mir, dass sie ihre Mutter gebeten hat ihr ein Zeichen zu geben, wenn es ihr gut geht und einige Monate nach der Urnenbeisetzung wuchs aus der Stelle, wo die Urne in die Erde gelassen wurde diese eine Sonnenblume. Von ganz allein und es waren die Lieblingsblumen der Mutter. Kann es denn sowas geben?!
Ich rieche manchmal, in den unterschiedlichsten Situationen, den Geruch, den ich gerochen habe als mein Vater aufgebahrt war. Allerdings lässt mich das eher erschauern, als das ich daran denke, dass er gerade irgendwie bei mir ist. Aber wer weiß das schon? Normal ist das jedenfalls nicht, aber ich würde es sehr begrüßen, wenn er auf mich aufpasst und ab und zu mal in meiner Nähe ist.
Ich vermisse ihn immernoch wie am ersten Tag...
__________________
Liebe ist stärker als der Tod!
Papa 04.10.1948 - 25.04.2014
Mit Zitat antworten