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Alt 04.10.2007, 20:40
Stefans Stefans ist offline
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Registriert seit: 27.01.2007
Beiträge: 426
Standard AW: Verweigerung der Behandlung?

Hallo Tristanne,

Zitat:
Zitat von Tristanne Beitrag anzeigen
Warum bist Du denn zu der Entscheidung gelangt, Deine Lunge nicht röntgen zu lassen? Oder ist die Entscheidung noch nicht abgeschlossen?
Doch, das ist sie. Und du hast recht: ich traue mich nicht, weil ich nicht wüßte, wie ich mit einem "positiven" Befund umgehen sollte. Wenn ich religiös wäre, wäre das einfacher. Dann könnte ich sagen "OK, der liebe Gott hat das Schicksal bestimmt, und dem füge ich mich." Bin ich aber leider nicht.

Zitat:
Scheinbar beschäftigt Dich das ja doch sehr.
Natürlich tut es das. Schließlich sehe ich tagtäglich seit einem Dreivierteljahr bei meiner Frau, die ich liebe und mit der ich seit über 20 Jahren zusammen bin, wie sowas ist.

Zitat:
Das bleibt ja nicht aus, daß man bzw. Mann Angst um seine eigene Gesundheit hat und sich alles mögliche vorstellt und ausmalt.
So ist es bei mir nicht. Ich habe keine Angst vor dem Lungenkrebs, ich schlafe nicht schlecht, und ich male mir keine Schreckensszenarien aus. Ich habe halt nur die tagtäglichen Qualen meiner Frau vor Augen. Und auch schon eine Freundin meiner Frau erlebt, die (nach Metastasen in Lunge, Leber und Knochen) über viele Monate hinweg ganz elendig am BK krepiert ist (so, wie das hier beim LK sicher die meisten aus Angehörigen-Erfahrung kennen).

Zitat:
"Choose the truth"
Meine "Wahrheit" ist offenbar eine, die nicht "political correct" ist, und über die man nicht überall offen sprechen kann :-(

Zitat:
Deiner Frau und Deiner Schwägerin, die mit realen Sorgen und Schmerzen und Ängsten zu kämpfen haben, wünsche ich von Herzen alles Gute und ganz viel Kraft!!!
Danke. Aber die Krankheit meiner Frau ist für mich genau so real wie der LK von Angehörigen, die hier schreiben. Sie ist so real, dass wir längst Testament, gegenseitige Vorsorgevollmachten und Patientenverfügungen haben. Und dass wir uns gegenseitig versprochen haben, dass wir den anderen (je nachdem, wer zuerst dran ist) auf keinen Fall in Klinik oder Hospiz werden sterben lassen, sondern nur hier Zuhause. Auf dem kleinen Bauernhof, wo wir hingehören - mit Blick auf Garten und Wiese, der schnurrenden Katze auf dem Bauch, und dem Hund, der einem das Gesicht abschleckt.

Und das Ganze ist für uns beide so "real", dass wir uns gegenseitig das Versprechen abgenommen haben, den anderen - unabhängig von etwaigen strafrechtlichen Konsequenzen - zu erlösen, wenn es mal soweit sein sollte. Niemand weiss, ob sich der andere dann tatsächlich daran halten wird - aber wir beide wissen, dass wir uns so ein Versprechen nach über 20 Jahren Beziehung nicht unüberlegt geben - und dass wir jederzeit bereit sind, das eigene Leben in die Hand des anderen zu legen.

Und wir haben das Glück, dass wir über solche Tabu-Themen vorbehaltlos miteinander sprechen können. Was woanders offensichtlich nicht geht. Hier nicht, in der Verwandschaft nicht, mit Freunden nicht, und mit vielen Ärzten auch nicht. Weil da plötzlich Schock und Entsetzen reagieren, und man über "Daumen drücken", "Kraftkreise bilden", "alles Gute wünschen" und "nur Mut!" nicht hinaus kommt.

Sicher ist das wichtig. Aber für andere ist das "was-wäre-wenn" nunmal auch wichtig. Weil es nicht immer das "was-wäre-wenn" bleiben muss, sondern plötzlich sehr real werden kann.

Viele Grüße,
Stefan