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Alt 04.10.2007, 18:42
Stefans Stefans ist offline
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Registriert seit: 27.01.2007
Beiträge: 426
Standard AW: Verweigerung der Behandlung?

Hallo,

Zitat:
Zitat von gabiselbst Beitrag anzeigen
Mich hätte das Alter von Stefan und mehr auch interessiert.
Wieso "hätte"? Du "hättest" mich nur fragen müssen - warum nicht direkt, sondern im Konjunktiv über die Hintertür? Ich bin 41, meine Frau ist 51 Jahre alt.

Ich werde mich mit diesem posting - sicher zur Erleichterung der Mehrheit hier - aus diesem thread und Forum zurück ziehen. Und ich bin für die mitunter harten Worte dankbar.

Was ich hingegen übel nehme, sind haltlose Spekulationen. Dinge, die _über_ jemanden geäußert werden - obwohl es kein Problem ist, _mit_ demjenigen zu sprechen. Wenn mich z.B. jemand mit "alles-nur-erfunden" der Lüge bezichtigt. Oder Hypothesen über verhinderte Schriftstellerkarrieren anstellt. Kann man alles tun. Aber ernst zu nehmen ist es nicht. Allenfalls als Ausdruck einer hilflosen Aversion, die sich nicht anders zu äußern vermag.

Mit mir kann jeder Klartext reden, und einige hier haben das auch dankenswerterweise getan. "Du bist ein trauriger Ignorant, der sich nur selbst gerne reden hört, aber nicht weiss, wovon er redet. Also verpiss dich hier." Kein Problem damit. Meinerseits aber wohl ein Problem mit Leuten, die sich das nicht trauen, sondern hintenrum Vermutungen rauslassen müssen.

Was ich in diesem thread (und auch in anderen KK-Foren) ebenso traurig wie bezeichnend finde: dass die persönlich Betroffenen durchaus in der Lage sind, sich ohne drohenden Herzinfarkt auch mit für sie ignoranten Fragen auseinanderzusetzen. Und dass es eher die indirekt Betroffenen sind, die sich ganz fürchterlich über ein Thema echauffieren, zu dem sie selbstüberzeugt Banalitäten wie "WIR SCHAFFEN DAS GEMEINSAM!!!" oder "Sie wollen LEBEN!!!" absondern.

Denen wünsche ich mehr Ehrlichkeit und Authentizität in ihrem Leben. Wenn ein Angehöriger mit drei Ausrufezeichen "Sie wollen leben" und "lass sie in Frieden" sagt... Meinetwegen. Aber dessen Position ist ebenso theoretisch wie meine als Angehöriger. Und dessen Ahnungslosigkeit ist in bezug auf das "wir schaffen das und wollen leben" (wobei "wir" bei ihm eben nicht "wir" sind - sondern die anderen) genau so groß wie meine in bezug auf das "nicht wissen wollen".

Von daher speziell an Heike: sage bitte nicht "sie wollen leben". Sondern sage ehrlich: "Ich will, dass sie leben und kämpfen wollen - weil ich damit als Angehörige am besten umgehen kann. Und das, was mir nicht in den Kram passt, lieber gar nicht wissen will." Und spare dir bitte deine künstliche "Schockiertheit" in bezug auf deinen behinderten Bruder. Du weisst genau, das ich mich nicht auf den bezogen habe. Sondern auf eine gesellschaftliche Realität, in der > 90% der Schwangeren eine Pränataldiagnostik per Fruchtwasseruntersuchung durchführen lassen. Und in der > 90% der Schwangeren, bei denen der Befund "wahrscheinlich Trisomie 21 positiv" lautet, das Kind abteiben lassen. Wenn du das zur Kenntnis nehmen würdest, dann wüßtest du, dass dein Bruder, wenn deine Mutter sich heutigen medizinischen Maßstäben gebeugt hätte, überhaupt nie geboren worden wäre. Oder wieviele geistig behinderte Menschen hast du in den letzten 10 Jahren im Straßenbild gesehen ???

Du hast die Entscheidung über Leben oder Tod deines Bruders nicht treffen müssen. Und deine Mutter hoffentlich damals auch noch nicht. Aber heute (und das war u.a. das, wovon ich gedacht hatte, dass man darüber sprechen kann) gibt es leider immer mehr Menschen, die sich in der Zwangslage sehen, so einen Entscheidung treffen zu müssen - oder diese Entscheidung eben durch "Ignoranz" und Nicht-Diagnostik abzulehnen.

Und auf solche Tabus tapfer mit Scheuklappen-mäßigen "wir schaffen das" zu reagieren, mag für den einen oder anderen eine probate persönliche Überlebensstragie sein. Sich eben darauf zu konzentrieren, dass es um "Hilfe, Mut, Beistand" geht. Dass es hier überwiegend darum geht, habe ich inzwischen schon begriffen.

Aber um die Frage "was wäre wenn" wird es immer öfter gehen, je weiter der medizinische Fortschritt sich entwickelt. Dein (mehrheitsfähiges?) "aber bitte nicht hier" habe ich verstanden. Nur: wenn nicht in Krebsforen, wo Betroffene und Angehörige versammelt sind... wo denn dann? In Expertenkommissionen in der Politik? In den Kirchen? In den juristischen Staatskanzleien der Länder? In "Ethik-Kommissionen"? In Kliniken, wo Stationsärzte xxx mal täglich nach Gutdünken über Leben und Tod entscheiden?

Viele Grüße,
Stefan