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Alt 02.08.2002, 14:34
Gast
 
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Standard die letzten Stunden

Liebe Bettina - hallo alle anderen, die mitlesen,

ich wollte Dir (natürlich auch allen anderen) noch etwas schreiben, was Du auf der vorherigen Seite angesprochen hast. Du schreibst dort, dass Du gern bei Deinem Vater wärst, wenn es soweit ist. Das hat mich sehr an mich erinnert. Da ich über 200km von meinen Eltern wegwohne, hatte ich immer Angst, als mein Vater krank war, dass ich nicht da sein werde, wenn es passiert. Ich habe ständig angerufen, wie es aussieht, um den richtigen Moment auch mitzubekommen. Aber es war ganz anders: Mitte Juni 2002 ging es meinem Vater immer schlechter, täglich habe ich mit ihm telefoniert, war am Wochenende, den 09.06. auch da. Montag bis Mittwoch habe ich täglich mit meiner Mutter telefoniert, ich war total unruhig.. Mittwoch beschloss ich, am Donnerstag Vormittag hinzufahren. Vorher hatte ich noch einiges auf Arbeit zu erledigen, so gegen 10.00 Uhr bin ich dann los. Als ich ankam, lag mein Vater regungslos im Bett, er hatte sich seit Donnerstag früh nicht mehr bewegt. Mir ging es nun bei seinem Anblick zwar nicht besonders besser, aber ich war so froh, da zu sein. Ich denke, ich habe im Unbewussten gespürt, das es an der Zeit ist, hinzufahren. Die ganze nächste Woche haben meine Mutter und ich an seinem Bett verbracht, kaum geschlafen und gegessen. War alles unwichtig, wichtig war, bei ihm zu sein. In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch (19.06.) habe ich mich 24.00 Uhr dann doch hingelegt und den Wecker aber auf 3.00 Uhr früh gestellt. Meine Mutter hatte sich neben sein Bett gelegt auf eine Matraze und hat das letzte Mal 2.10 Uhr nach ihm gesehen. Danach ist sie vor Müdigkeit ebenfalls eingeschlafen. Als mein Wecker 10 Minuten vor 3 Uhr klingelte, waren also gerade mal 40 Minuten vergangen, in denen er alleine war - aber er war tatsächlich eingeschlafen in dieser Zeit. Ich bin mir sicher, er hat darauf gewartet, "allein" zu sein, keiner, der mehr seine Hand hält, keiner, der sich direkt "Sorgen macht"... Vorher war er sehr, sehr unruhig, ständig aufgeschreckt, aber er muss sehr sanft und leise eingeschlafen sein, er hat sich nicht bewegt.
Deshalb denke ich, Du solltest Dich nicht darauf versteifen, unbedingt bei ihm sein zu wollen - es wird ihm vermutlich leichter fallen, wenn Du es nicht bist. Inzwischen habe ich mit vielen gesprochen, bei denen es genauso war, oft nur wenige Minuten ganz allein. Ich bin in Gedanken bei Dir - ich weiss, wie Du Dich im Moment fühlst - sei einfach für ihn da, er wird es merken. Wenn Du möchtest, können wir uns auch mailen.
An Dich und alle anderen - liebe Grüsse aus Hannover
Yvonne
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