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Alt 24.08.2007, 09:43
Tanja.chris Tanja.chris ist offline
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Standard AW: Angst und Ohnmacht

Hallo Flocki,
Du hast mir schon im Forum geschrieben, dass Ihr in einer sehr ähnlichen Situation seit wie wir. Mann, 40, BSDK mit Metastasen, inoperabel, Sohn 3 Jahre alt, ich 33 Jahre alt, wir sind gerade mal 4 Jahr verheiratet...etc. Unser Sohn bekommt das ganze Drama sehr stark mit, ähnlich wie Euer Junge! Er hat zwar keine Krampfanfälle, aber er Stottert seit dem, ist fahrig und oft ungewöhnlich laut und aggressiv. Ich denke, dass alles hängt damit zusammen. Wir haben ganz neu gebaut, sind noch nicht mal ganz fertig und jetzt das! Ebenso wie bei Euch steht die ganze Existenz unserer Familie auf dem Spiel (Spiel, wenn man es so nennen kann). Die Zinsen für die Schulden werden bereits jetzt schon, nachdem es nur noch Krankengeld gibt, zum ernsten Problem. Eigentlich müssten wir darüber nachdenken das Haus direkt wieder zu verkaufen, aber das will ich meinem Mann nicht zumuten. Er hat sich mit viel eigener Arbeit und eigenen Ideen eingebracht und sich so gequält, dass alles im und am Haus schön wird und bleibt. Ihm geht es nach den Chemos so unendlich schlecht, dass er zu schwach zum Reden ist, da will ich ihm auch nicht noch einen Umzug mit allem drum und dran zumuten. Wir sind ja erst letzten Winter umgezogen. Unglaublich!!!
Ich werde jetzt folgendermaßen vorgehen, vielleicht ist der Weg ja auch für Dich hilfreich.: Nächste Woche beginnt die Familientherapie bei einer Psychoonkologin. Ich erhoffe mir auch davon ein paar sinnvolle Ratschläge und ein bißchen seelische Unterstützung. Ich kann, wenn Du möchtest, Dir ja mal davon berichten, wenn die erste Sitzung rum ist. Du kannst mir gerne eine private EMail zukommen lassen. Als nächstes,wenn ich es denn zeitlich überhaupt schaffe (Haushalt, Wäsche, Beruf, Kind, Kindergarten...etc. hängt ja alles an mir), werde ich mal zum Kinderpsychologen gehen. Vielleicht hilft das unserem Sohn und man bekommt gesagt wie man hinsichtlich des Kindes bei solchen Situationen umgehen soll. Auch wenn er so aggressiv ist, weiß ich oft nicht wie ich reagieren soll. Strafe ist da nicht das Richtige, aber oft habe ich selbst nicht die Kraft zu trösten! Als nächstes, so schlimm es auch ist, stehen die notariellen Regelungen an. Ich kenn mich ja da überhaupt nicht aus und muss wohl einen Rechtsbeistand/ Anwalt/ Notar oder so kontaktieren. Patientenverfügung, Betreuungsverfügung, Erbrecht, Testament, Lebensversicherung. Mir kommen fast die Tränen, ich würde das gerne beiseite schieben und nicht darüber sprechen, aber ich glaube auch das muss ja irgendwie geregelt sein , bevor es noch weiter bergab geht. Ich habe schreckliche Angst vor diesem ganzen Kram und es steht wie ein unbezwingbarer Berg vor mir. Dann noch die ganzen Anträge für Erhöhung des Grades der Schwerbehinderung, Belastungsgrenze von 2% auf 1% u.s.w. Ich merke ich zergehe hier in Selbstmitleid und schäme mich dafür. Aber es ist auch wirklich schwer dem ganzen Stand zu halten. Ich bin mir nur so unsicher über den Umgang mit der verbleibenden Zeit. Es macht mich verrückt, diese zeitliche Begrenzung. Manchmal denke ich Alltag täte uns gut, "normales" Leben, oder das was davon übrig ist; aber dann denke ich wiederum, dass kann es auch nicht sein! Ich , Wir, unsere Familie muss die Zeit besser nutzen. Anders miteinander umgehen, mehr Freizeit und Unternehmungen vielleicht, oder so. Keine Ahnung. Wie macht Ihr das über einen soooo langen Zeitraum bereits seit 4 Jahren? Bei uns ist die Diagnose ja erst ein knappes halbes Jahr alt! Mit der Käseglocke hast Du recht. Die Probleme Anderer sind erschreckend nichtig geworden und schier lächerlich, aber vor nicht allzu kurzer Zeit waren diese lapidaren Probleme auch die unseren. Jetzt sieht natürlich alles anders aus. Bei uns haben die Freunde jetzt am Anfang sehr viel Anteil genommen und uns oft besucht. Ablenkung tut manchmal ganz gut. Aber man merkt bereits jetzt schon, dass sich an einem solchen Wendepunkt im Leben, die Spreu vom Weizen trennt. Die wirklich guten Freunde helfen uns und finden nicht nur Worte. Sondern erledigen alltägliche Dinge, die sie uns abnehmen. Der beste Freund meines Mannes, z.B., fährt ihn immer ins Krankenhaus. Die Nachbarin nimmt öfters mal unseren Sohn zum Spielen mit, dass auch ich mich mal kurz ausruhen kann. Vielleicht hast Du ja auch jemanden in Deiner Nähe, den Du mal fragen kannst. Vielleicht Mütter aus dem Kindergarten oder so, die Dir Deinen Sohn mal abnehmen. Ihm tut das sicherlich auch gut. Ich merke das bei unserem Sohn, er ist dann immer mal entspannter. Weil er wahrscheinlich auch mal wieder lachende Gesichter sieht und nicht bloß von Kram und Trauer gezeichnete Gesichter! Manchmal kommen auch mal die Großmütter und Opas vorbei und für ein paar Tage. Unsere Eltern wohnen halt sehr weit weg. Das macht die Sache nicht ganz so einfach. Also ich denke einfach, man sollte jegliche Hilfe in Anspruch nehmen und sich nicht dafür schämen. Wie siehts denn bei Euch mit Pflegestufe oder Haushaltshilfe etc. aus? Deinem Mann geht es ja bestimmt nach 4 Jahren mit dieser Krankheit unheimlich schlecht? Meinem Mann hat übrigens für das allgemeine Wohlbefinden die Misteltherapie geholfen. Wir müssen das auch nicht selbst bezahlen, der Hausarzt verschreibt uns das immer. Desweiteren nimmt er noch orthomol immun, ein Vitaminpräperat bei Chemo- und Bestrahlungstherapie, sowie ab und zu Vitamin C Hochdosisinjektionen. Ansonsten zucker-und kohlenhydratarme Kost, denn viele Krebsarten ernähren sich von vergorenem Zucker (unglaublich aber wahr!). Ansonsten heißt es bei uns nur: Ohren steif halten, Nerven beisammen halten und den Kampf so gut es eben geht kämpfen. Meld Dich mal! Ich hoffe ich hab Dich jetzt nicht zu arg bombadiert, aber tat auch mal ganz gut sich alles von der Seele zu schreiben. Schreib einfach mal wie es Dir geht! Viele Grüße und viel Kraft Tanja
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