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Alt 24.10.2011, 17:37
uli3 uli3 ist offline
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Standard AW: Diagnose großzelliges B-Zellen-Lymphom bei meinem Dad...

Liebe Claudia,
sicher haben Dir und Deinem Vater die Ärzte gesagt, ob es sich bei ihm um ein hoch malignes (sehr bösartig, aggressiv), niedrig malignes oder mittel malignes Lymphom handelt. Es klingt zunächst komisch, aber je aggressiver, gefährlicher und schnell wachsender es ist, desto leichter kann es über die Chemotherapie in seinem Wachstum beeinflusst und "beseitigt" werden. Wenn einem niedrig malignen Lymphom wird sogar meist nur die "watch and wait"-Strategie angewendet und - über Jahre - gar nichts gemacht. Wenn Dein Vater schon mitten in der Chemotherapie ist, handelt es sich um ein hoch malignes Lymphom, das "gut" zu behandeln ist (Heilungschancen bei bis zu 80%, je nach Alter und Risikogruppe).
Nun kommt es nur darauf an, wo sich dieses Lymphom befindet, "manifestiert" hat. Ich hatte da nicht ganz so viel Glück; bei mir befand (?) sich das Lymphom (diagnostiziert Anfang Januar 2011) an der Wirbelsäule. Also wurde meine Wirbelsäule über 5 Wirbel mit Srtangen und Schrauben versteift und das Lymphom "klassisch" mit Chemotherapie und Strahlentherapie behandelt. Ich habe 6 Zyklen R-CHOP bekommen alle 3 Wochen. Das "R" für Rixutimab steht für den Antikörper, der die speziellen Lymphomzellen erkennt und die körpereigenen Fresszellen gegen sie in Gang setzt. Neben den Zytostatika gab es noch Cortisontabletten über 5 Tage = 1 Zyklus.
Die Chemotherapie habe ich zu Anfang als nichts besonders empfunden, bis auf Blutdruckkrisen (Cortison!!), die man aber leicht mit Tropfen bekämpfen kann. Erst ab dem 3. Zyklus wurde es zunehmend unangenehm - die Schlappheit nahm zu, Haare und Muskeln waren bald weg. Gegen diese Kraftlosigkeit half aber, dass ich jeden Tag mit meiner Frau oder Freunden spazieren gegangen bin - notfalls bis ich nicht mehr konnte. Aber so bin ich auf andere Gedanken gekommen, habe mich mit anderen Dingen beschäftigt, bin an der frischen Luft gewesen und dadurch ging es mit verglichen mit meinen Leidensgenossen aus der ambulanten Chemotherapie deutlich besser. Zur Reduzierung der hohen Infektrisikos habe ich immer am 5. Tag des Zyklus eine "Eublast"-Spritze bekommen. Die bewirkte ein schnelleres Knochenmarkwachstum (verbunden mit säuisch starken Schmerzen im Beckenkamm, gegen die es aber gut wirkende Schmerzmittel (IbuProfen, -Hexal ...) gibt. Viel Obst, Saft, Gemüse ...!!! Kein Alkohol, kein Nikotin!!
Nach der Chemo- kam die Strahlentherapie mit einer Strahlendosis von insgesamt 40 Gray, verteilt auf 24 Tage hintereinander. Das ist wie eine Chemo im Kleinformat. Es wird ab der 3. Woche langsam unangenehm (aber längst nicht so schlimm wie die eigentliche Chemo) und kann andere Körperbereiche tangieren. Ich habe seitdem (ist bereits 3 1/2 Monate her) immer noch Schluckbeschwerden infolge der Schleimhautreizung.
Da die Tumormarker in meiner Blutuntersuchung vor vier Wochen nicht "zuckten", sind derzeit keine monokonalen (also: Krebs-) Zellen bei mir nachweisbar. Wie es am befallenen Knochen (bei mir die Wirbelsäule) aussieht, wird ein PET-CT noch in dieser Woche ergeben. Ich habe aber ereits vor vier Wochen mit einer Antikörper-Erhaltungstherapie angefangen. Das ist der gleiche Antikörper (Rixutimab) wie in der Chemo, wird wie eine Chemo verabreicht (alle 3 Monate über zwei Jahre). Das schickt ein zu befürchtendes Rezidiv um mindestens diese Zeitspanne hinaus und verlängert damit die zu erwartende Lebenzeit von durchschnittlich 10 Jahren (bei großzelligem diffusem B-Zell-Lymphom).
Der langen Rede kurzer Sinn: Nicht verrückt werden, sich die Blutwerte durch die Ärzte mitgeben und erklären lassen, nach möglichen "Erleichterungen" in der Chemo fragen, normal weiterleben wie gewohnt, Bewegung an der frischen Luft stärkt den Organismus und lässt alles leichter ertragen, frische Luft hebt die Stimmung. Ansonsten wünsche ich Deinem Vater alles Gute und Dir (und Deiner Familie?), dass alle zusammen stehen und sich bewusst sind: Krebs ist heute heilbar! Die meisten bekommen es mit über 60, haben zwar geringere, aber immer noch gut Chancen auf vollständige Heilung!!
Alle Gut und viel Kraft!
Uli
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