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Alt 30.01.2010, 22:42
PantaRei PantaRei ist offline
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Standard AW: perfektes Leben, und dann das...

Liebe Tamara,

Du scheinst hart im Nehmen zu sein. Port-OP nach 8 Std. Arbeit ist ziemlich taff! Ich war auch live dabei und habe den Chirurgen murmeln gehört. Der hat einer Medizinstudentin alles erklärt.

Er war aber sehr fix und nach ~ 20 Minuten fertig (ich fand es saukalt im OP und habe wie irre gefroren!). Ich konnte währenddessen mit der Anästhesistin plaudern und als sie fertig waren, wollte ich aufstehen und gehen, aber man sagte mir, dass es nicht vorgesehen sei, dass er Patient hier zufuß raus geht, man würde gefahren ... Ich fand es ein interessantes Erlebnis.

Vorher oder nachher arbeiten war ich allerdings nicht - war schon ganz schön platt danach ...

Ich hoffe, dass Du die Chemo gut verträgst, vielleicht darf ich sagen, "sogut wie ich", denn ich hatte geringe Nebenwirkungen. Weil Dir dieser Punkt wichtig ist und weil Dir auch wichtig ist, wie es mit der Arbeit weitergeht, will ich Dir ein wenig schildern, wie es bei mir war:

- mir war nie wirklich übel. Außer den Medikamenten an den Chemotagen habe ich nie etwas genommen (hatte eine Packung MCP, die ich nie anrühren musste), An den Chemotagen haben mir die vom Onkologen gegebenen Medikament so geholfen, dass mir nie schlecht war.

- Autofahren an den Chemotagen (dazu zählte bei mir auch der Tag, an dem die Portnadel abgehängt wurde) ist verboten und ist auch gar nicht ratsam!

- ich konnte immer auch arbeiten - schreibttischarbeit - ich weiss nicht, was Du beruflich machst? Körperliche Aktivität wäre nicht das richtige gewesen.

- ich musste mir schon ein wenig Ruhe gönnen, habe mich Mittags immer hingelegt, das war nötig.

- Die Müdigkeit und Mattigkeit hat am Tag 5 nachgelassen (bei späteren Zyklen leider erst am Tag 6).

- Ich konnte mir die Woche einteilen und die Chemotage selbst wählen. Daher waren auch Reisen - sogar eine nach Kanada - möglich.

- In der Woche zwischen den Zyklen konnte ich fast normal arbeiten - ich würde sagen 90 %ige Leistungsfähigkeit.

So, das sind ein paar Fakten um meine Chemo herum und nur darüber, wie es bei mir war. Ich hatte den Willen, mich nicht unterkriegen zu lassen. Der Wille alleine reicht aber sicher nicht, man muss auch ganz viel Glück haben! Und mit Blick auf die Nebenwirkungen und Einschränkungen hatte ich das. Ich wünsche es Dir und allen anderen hier im Threat auch!

Aber auf jeden Fall habe ich die Erfahrung gemacht, dass die Sachen nicht so laufen müssen wie geplant. Und sowas stört mich. Was die Krankheit mich daher auch gelehrt hat ist: "Man muss den Wind segeln, den man hat". Oder etwas humoristischer: "Wir sind hier nicht bei “Wünsch Dir was”,sondern bei “so isses”."

Was will ich damit sagen:

Manches ist eine Sache vom Willen, maches eine Sache der Organisation (man kann sich die Chemotage geschickt legen, wenn man weiss, was gut tut und wie man reagiert). Aber manchmal nutzen im Laufe der Krankeit und Theapie weder Wille noch Organisation. Sondern man muss sich auf andere Menschen verlassen (was zumindest mir unheimlich schwer fällt). Und manchmal muss man Dinge einfach so hinnehmen, wie sie sind und kann sich nur ins Bett legen und ein wenig vor sich hinleiden ...

Warum schreibe ich Dir das?
- Du arbeitest gerne und das ist in vielen Deiner Posts ein Thema. Das ist bei mir genauso.
- Du willst die Krankheit - so scheint mir - "erledigen" als eine Aufgabe, die es abzuarbeiten gilt. Das kann ich nachvollziehen, wollte es auch. In Teilen hat das auch geklappt. Aber manches wird nicht so gut laufen und darauf solltest Du vorbereitet sein ...
- Ich wünsche mir jetzt (1 Jahr nach Ende der Chemo), dass ich mehr aus der Krankheit und der Therapiezeit gelernt hätte, bin allerdings nicht sicher, ob es was zu lernen gibt, wäre aber froh, wenn ich wenigstens etwas von der "Man muss den Wind segeln, den man hat"-Einstellung auch jetzt noch hätte. Die hatte ich während der Therapiezeit, ist aber vollkommen verlorengegangen.

So, das sind nur ein paar (naja, ganz schon lang) Gedanken zu Deiner Situation; vielleicht ist der eine oder andere Gedanke ja passend zu Deinen Fragen, Gedanken ...

Liebe Grüße,

PantaRei
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