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Alt 19.03.2010, 21:26
suessherz suessherz ist offline
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Standard AW: Mein Sohn hat ALL!

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Zitat von Adimama Beitrag anzeigen
Ich muss euch mal was Fragen,

beschäftigt ihr euch auch mit dem Gedanken wenn etwas schief geht? Wenn ihr/eure Kinder doch noch Transplantiert werden müssten?
Oder vielleicht doch sterben müssen?
I
ch weiß nicht warum ich davor so Angst habe. Ich meine die Ärzte sind ja wirklich sehr gut gestimmt. Ich warte aber immer noch auf das MRD Ergebniss aus Kiel wenn das nun endlich mal da wäre. Ich lese zur Zeit sehr viel und gerade das Buch: "Ich will mein Leben tanzen!"

Ich muss euch sagen dieses Buch hat mich stark beeindruckt. Sie war so so stark und hat denn sch... Kampf gegen die Leukämie doch verloren. Sie und ihr Eltern bringen ganz neue Ansichtsweißen da hinein ich muss aber auch sagen sie sind sehr glaubig. Das bin ich wieder nicht. Ich habe diese Rückhalt durch Gott nicht. Einfach weil ich nicht direkt an ihn glaube. Am Anfang der Erkrankung meines Sohnes habe ich auch immer gefragt warum wir? Aber es gibt mir keiner eine Antwort drauf. Eine glaubige Mutter auf Station hat mal zu mir gesagt:" Gott lässt nicht dein Kind Büsen sondern er lässt dich Büsen in dem er dem Kind weh tut er will an dich ran." aber macht das ein Gott. An so über so kleine unschuldige Wesen zu rächen? Daran kann ich nicht Glauben.

Jedenfalls die Eltern haben in diesem Buch immer (selbst als Ihre Tochter gestorben war) was positives in der Sache gesehen. Das muss man glaube ich erst mal hinbekommen. Ich könnte so nicht sein. Ich muss mich ja jetzt schon manchmal zusammen reisen und mir immer wieder sagen: Denke positiv!
Dabei war bei uns noch nichts kritisch!

Naja musste das mal los werden würde mich interessieren, wie ihr dazu steht. Und wie seit ihr mit den Ängsten umgegangen?

Wünsche euch einen schönen Mittwoch.

LG die Alexandra

Hallo Alexandra,
ja klar kenne ich diese Ängste. Bei der Ersterkrankung meines Sohnes habe ich überhaupt nicht darüber nachgedacht, das ganze Geschehen zimlich stark verdrängt. Ich hatte auch niemanden mit dem ich drüber reden konnte, der Freundeskreis ist ja meist sprachlos bei sowas... wenn ich heute zurück denke, bereue ich das ich mir keine Hilfe gesucht hab, das hätteich nachhinein vieles leichter gemacht. Letztlich war es so das ich eine Psychotherapie gemacht habe, um mit dem Erlebten klarkommen zu können, ich war vollkommen traumatisiert von dieser ganzen Klinikzeit. Das wäre, wie gesagt, nicht so schlimm geworden wenn ich nicht so stark verdrängt hätte.

Tja dann kam vollkommen unerwartet das Rezidiv, und ich habe gemerkt das ich doppelt froh sein konnte, denn in der vergangenen Zeit hatte ich gelernt mit dieser Frage, "was wäre wenn mein Sohn das nicht überlebt" , umzugehen. Ich habe sehr oft arüber nachgedacht, alle möglichen Situationen in Gedanken durchgespielt, mit Ärzten darüber geredet wie und warum sowas passieren kann, und das hat mir erstmal rational viel Sicherheit gegeben.
Als es ihm in der Aplasie wärend der Transplantation schlecht ging (Blutdruckabfälle, Sättigungsprobleme...), kam ich irgendwann zu der Erkenntnis, daß wenn er sterben würde, ich ihn gehen lassen könnte, weil das Leid, das er die letzen Jahr emit Chemo und KMT durchgestanden hat vielleicht viel schlimmer ist, als das Leid das ich durchstehe wenn er nach all dem Kampf stirbt. Und wäre er damals gestorben, hätte er von seinem 18. bis zu seinem 60.Lebensmonat definitiv mehr Leid erlebt, als unbeschwerte Tage. Ich hätte es ihm nicht verübelt.

Und nun, 8 Monate nach der KMT, 15 Monate nach dem Rezidiv, stehen wir da, mit Verdacht auf Hautkrebs oder etwas das sich recht bald in diese Richtung verändern kann, hätte ich auch "kein Problem" mehr damit, wenn ich merken würde das er einfach keine Lust mehr hat zu kämpfen. Aber noch kämpft er, kämpfen wir, für ein neues, besseres Leben.

Zum Thema Gott: Du hast das schonrichtig erkannt, das manche Menschen diesen Rückhalt brauchen. Ich war mein ganzes Leben lang sehr gläubig, und auch ich hatte stark das Gefühl das Gott mich büßen oder meinen Sohn etwas verbüßen lässt, schließlich it mein ganzer glauben daran zerbrochen. Erst war ich "zimlich sauer" auf diesen Gott und wollte nichtmehr mit ihm zu tun haben, als ich dann die Therapie gemacht habe, habe ich gelernt aufzustehen und weiterzu gehen. Heute lebe ich ganz gut ohne Gott, das was ich damals glaubte von ihm zu bekommen, kann ich mir heute selber geben. (Rückhalt... ;-) ) Das war eine enorme Befreiuung. Die Frage nach dem "Warum" habe ich mir höchstens auf medizinischer Ebene gestellt, alles andere ist verschwendete Kraft.

Zum Thema positives denken: Ich konnte lange Zeit auch nichts positives darin sehen, bis das Rezidiv kam und ich gemerkt habe, was ich in der Zeit seit der Ersterkrankung alles dazu gelernt habe, und letzlich an der ganzen Sache gewachsen bin. Ich gehe soweit zu behaupten, wenn ich das nicht erlebt hätte, wäre meine Persönlichkeit heute nicht so stark.
Es war ein harter Weg, denn ich musste erstmal "meine Schwächen" erkennen, für die ich vorher blind war (wenn man monatelang mit jemandem im Krankenhaus ein Zimmer teilt, lernt man seine Schwächen und die der anderen Eltern schnell kennen... ) aber es hat sich für mich gelohnt, und das wirkt sich auf alle Bereiche meines Lebens heute aus.

Zum positiven Denken: Ich habe mich bei dem Rezidiv nie dazu gezwungen positiv zu denken, sondern immer das Gefühl zugelassen, das ich gerade hatte. Man muss nicht immer positiv denken, man darf durchaus auch verzweifelt sein (und das auch mal zeigen). Unsere Kinder haben Krebs, wieso sollten wir nicht verzweifelt sein, auch wenn alle sagen das alles wieder gut wird. Alles andere erscheint mir jedenfalls paradox.

Ich hoffe meine Gedanken helfen Dir weiter.
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Joel *7.1.2004
ALL - ED: 15.9.2005
Rezidiv 22.12.2008
KMT: 7.7.2009 seitdem multiple Nävi
März 2010 Exers. ohne malig. Befund
April 2010 Diagnose juvenile idiopathische Arthritis der Knie- und Handgelenke
Juni 2010: Rheumaschub, Hochdosis-Kortison und MTX
Oktober 2010: Kortison abgesetzt, 4 von 10 betr. Gelenken dauerhaft gschädigt, motorisch eingeschränkt.
November 2010: GHVD der Haut, Kortison wieder dazu genommen
Juli 2011: GVHD soweit im Griff, Kortison abgesetzt.
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