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Alt 24.08.2012, 14:35
El_Desparecido El_Desparecido ist offline
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Standard AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.

Liebe Miriam,

danke, das du dir so viel Zeit für mich nimmst. Das weiß ich sehr zu schätzen.
Wir kommen aus dem Raum Hamburg, genauer gesagt südliches Schleswig-Holstein. Ich denke der von mir gedachte Hausarztwechsel war vielleicht gut gemeint, aber vorschnell. Ich werde jetzt mal das Gespräch mit ihm am Montag abwarten und dann weiter sehen.

Am Montag spreche ich auch mit dem Sozialdienst im Krankenhaus, um zu erfragen, ob bereits jetzt eine Beantragung der Pflegestufe Sinn ergibt und es dann ggfs. sofort in die Wege leiten. Außerdem habe ich gelesen, dass der Sozialdienst eine Beantragung der Pflegestufe auch per Eilverfahren nach Aktenlage durchführen lassen kann. Mal gucken.

Mein Vater ist 69, meine Mutter ein Jahr jünger. Sie ist eine sehr willensstarke und sensible Frau. Früher war sie ein echter heißblütiger spanischer Kampfzwerg, der alles geschafft hat, was sie sich vorgenommen hat. Nach einer Sigmaresektion vor 2 Jahren wegen Divertikulitis hat sie sich eigentlich ganz gut erholt, aber körperlich nicht mehr die Stabilste.
Dennoch, für 68 ist sie ausgesprochen fit und kräftig.

Außerdem wohne ich mit meinen Eltern unter einem Dach, werde also oft da sein und helfen. Ich werde meinen gesamten Jahresurlaub und den Resturlaub vom letzten Jahr so nehmen, dass ich wenn mein Vater nach hause kommt, 3 Monate nur halbtags arbeite. Im Notfall brauche ich vom Büro nach hause ca. 15 Minuten.

Dazu werden wir natürlich von Anfang an jede Hilfe wie Pflegedienst und SAPV in Anspruch nehmen, derer wir habhaft werden können.

Meine Eltern, insbesondere meine Mutter hat auch ein sehr intaktes Netzwerk aus wirklich guten Freundinnen, die - besonders wichtig - Tod, Verlust, Trauer, Schmerzen sehr gut nachempfinden können, weil sie persönlich betroffen gewesen sind.

Vor ungefähr 9 Jahren und einem Monat kam ich gegen 23.00 Uhr mit dem Fahrrad total bekifft nach hause. Ich hatte gerade die Haustür geschlossen und etwas getrunken, da klopfte es an der Tür. Als ich sie öffnete standen zwei Polizisten da und ich dachte" Scheisse, bist du Schlangenlinien gefahren?"
Schön wäre es gewesen.
Sie eröffneten mir, dass mein Bruder bei einem Motorradunfall ums Leben gekommen ist.
Meine Eltern schliefen bereits und ich musste sie wecken und ihnen sagen, dass ihr Sohn tot sei.
Das und alles was folgte war sehr schwer für alle Beteiligten.

Meine Eltern haben in dieser schweren Zeit auf dem Friedhof - sie sind bis vor Kurzem jeden Tag dort gewesen - sehr viele Kontakte mit anderen Trauernden geknüpft und daraus sind einige sehr tiefe Freundschaften entstanden. Das beweist sich gerade jetzt.
Gestern habe ich zu meiner Mutter gesagt, sie habe tolle Freundinnen - besser geht eigentlich nicht.

Ich bin deswegen ganz zuversichtlich, dass wir die Situation gemeinsam meistern können, egal wie es kommt.
Nichtsdestotrotz bin ich mir absolut darüber im Klaren, dass extremste Belastungen auf uns warten und ich werde das sehr gut im Auge behalten und Notfalls gegensteuern.
Außerdem habe ich meinen Cousin gebeten mich zu sagen, wenn er meint, dass die Strapazen zu groß werden und wir das nicht mehr packen, weil man das von außen vermutlich besser erkennt.

Danke fürs Daumendrücken bei der Bronchoskopie.
Bisher hat mein Handy nicht geklingelt - also zumindest auch keine akuten Hiobsbotschaften.
F*cking Handy. Du machst mir Angst.

Ging es dir auch so, dass du deinen ganzen Mut zusammennehmen musstest, wenn du deinen Vater im Krankenhaus besucht hast?
Ich muss mich heute richtiggehend dazu zwingen.

Vielen Dank noch einmal für dein Ohr, deine Augen und deine Zeit.
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