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Alt 23.02.2009, 09:15
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Summer 175 Summer 175 ist offline
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Standard AW: Mundbodenkrebs

Hallo, Iko!
Ich hab deinen Thread grad gefunden, weil ich mich im Angehörigenforum noch nicht so auskenne.
Meine Mama war vor 13 Jahren daran erkrankt.
Zu diesem Zeitpunkt war sie 56 Jahre alt und ansonsten gesund, hat aber Jahrzehnte geraucht. Allerdings ging damals der Verdacht, dass nicht das Rauchen (allein) die Krankheit ausgelöst hat, sondern die 10 Jahre Tätigkeit in einer chemischen Reinigung (damals hat man sich über die Toxizität der Chemikalien noch keinen Kopf gemacht).
Ich weiß nicht, um welche Zellform es sich handelte, damals machte man sich wohl noch nicht solche Gedanken, hatte auch nicht die Informationsmöglichkeiten wie heute. Ich weiß nur, dass es damals hieß: sehr spät entdeckt, Überlebenschancen sehr gering ... Meine Mutter (die ja auch nicht wusste, was alles auf sie zu kam) war total optimistisch.
Sie wurde in der Zahnklinik der Uni Würzburg operiert, und auch wenn unsere Erfahrungen mit der Uni eher nicht so positiv sind, war sie dort wohl sehr gut aufgehoben. Sie hatte auch bei den mehrmals jährlichen Kontrolluntersuchungen bzw. Implantatpflege immer das Gefühl, dass es dort "familiär" zuging, der Patient nicht nur ein "Fall" war.
Der Tumor war damals wohl sehr ausgedehnt. Ihr wurde ein großer Teil des Kiefers und der Speiseröhre entfernt. Der Kiefer wurde mit Material aus dem Beckenkamm wieder aufgebaut (und dummerweise beim Einsetzen der Implantate einige Jahre später gebrochen - also nochmal das Ganze ...). Die Speiseröhre wurde zunächst durch ein Stück Dünndarm ersetzt, der jedoch abgestoßen wurde. Daraufhin wurde ein Stück Brustmuskulatur verwendet, was jedoch zu dauerhaften Problemen mit dem Schlucken führte, weil eben die Schleimhaut fehlte - "Hilfmittel" wie Tepilta o. ä. kannte man damals wohl noch nicht.
Meine Mutter wurde vor der OP bestrahlt (wie ich aus einem späteren Befund ersehen habe, wohl hochdosiert: 20 gy auf 6 oder 8 Einzeldosen) und bekam einen Zyklus Chemo (ich weiß allerdings nicht, welche) - beides hat sie sehr gut vertragen.
Die insgesamt 10 OP's (einige davon von mehr als acht Stunden Dauer) hat sie sehr gut überstanden. Optisch war das Ergebnis nicht ganz so toll - wenn man Haut vom Po auf die Wange verpflanzt, ist das wahrscheinlich nicht das Ideale. Aber damals waren ja auch die Möglichkeiten beschränkter als heute.

Obwohl damals die Prognose so schlecht war - ein Arzt sprach von nur 10 % Überlebenschance - hatte sie (mit Einschränkungen) doch 12 gute Jahre erleben dürfen. Sie ist vor knapp vier Wochen an einer seltenen, sehr aggressiven Form von Lungenkrebs verstorben - der nach Aussage der Ärzte nichts mit der vorigen Krebserkrankung zu tun hatte. Außerdem hatte sie im Laufe der letzten Jahre mehrere schwere Begleiterkrankungen dazubekommen (u. a. Diabetes und drei Herzinfarkte).

Ich kann sehr gut nachvollziehen, dass dein Leben jetzt völlig aus den Fugen geraten ist - auf einmal ist nichts mehr, wie es mal war ... Das war mir damals bei der ersten Erkrankung meiner Mutter noch nicht so klar - man wusste noch nicht so viel, unsere Kinder waren noch kleiner, ich war arbeitsmäßig eingespannter - da kommt man nicht so zum Nachdenken. Aber als letzten Sommer der Lungenkrebs festgestellt wurde, da hat's mir erst mal den Boden unter den Füßen weggezogen - da war dann nur noch die Angst vor dem, was alles noch kommen könnte, die Angst, wie mein Vater mit der Situation klarkommt (diesen August hätten sie Goldene Hochzeit feiern können).

Es tut mir leid, dass ich dir nichts Näheres über das Staging oder die Zellform schreiben kann, es gibt leider keine schriftlichen Befunde aus dieser Zeit - nur die damalige Bestrahlung wurde im jetzigen Abschlussbericht der Strahlentherapie erwähnt. Und meinen Vater möchte ich jetzt im Moment nicht danach fragen - ich bin auch skeptisch, ob er mehr weiß, er ist halt der totale medizinische Laie, versteht davon praktisch gar nicht ...

Schreibst du auch im entsprechenden Betroffenen-Forum? Dort solltest du sicher aktuelle und fundierte Infos finden.

Das Wichtigste in meinen Augen ist auch, dass ihr das Gefühl habt, die richtige Klinik und die richtigen Ärzte zu haben. Nichts ist schlimmer als das Gefühl, dass der Patient nur ein "Fall" ist und man sich als "Versuchskaninchen" fühlt ... Das ist oft ja nur subjektives Empfinden, aber leider nicht immer von der Hand zu weisen. Die Zellform beim Lungenkrebs meiner Mutter ist ausgesprochen selten, so dass einfach viel zu wenig Erfahrungswerte vorliegen - also wird eben probiert.
Bitte hinterfragt alles, was euch irgendwie "komisch" oder nicht ausreichend erklärt vorkommt - ihr habt jedes Recht, zu fragen, um schriftliche Stellungnahmen zu bitten, eine zweite oder dritte Meinung einzuholen.

Ich wünsche dir viel Kraft und Zuversicht - und deinem Mann von Herzen alles Gute !!!
Karin
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"Das Leben ist keine Autobahn von der Wiege bis zum Grab, sondern ein Platz zum Parken in der Sonne."
(Phil Bosmans)
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