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Alt 03.08.2009, 14:43
Stefans Stefans ist offline
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Standard AW: Suizid nach 1. Chemo-Block

Hallo Twinkle,

diesen thread habe ich erst jetzt gelesen, daher so spät...

> Hatte er so eine Angst vor dem natürlichen Tod,
> dass man sich aus dem Fenster stürzt?

Ich weiss nicht, ob man Krebs als einen "natürlichen Tod" bezeichnen kann. Zumindest ist das Sterben mitunter lang und qualvoll. Meine Frau ist Anfang 2009 an BK gestorben. Und in der Rückschau würde ich das nicht "gestorben" nennen, sondern langsam und elendig krepiert. Trotz aller Palliativmedizin und immer höheren Morphium-Dosen. Es war nicht schön, es war nicht friedlich, und "natürlich" war es auch nicht. Es war schlimm, richtig schlimm :-(

Zum Glück konnten meine Frau und ich immer über alles sprechen. Auch über Suizid bzw. aktive Sterbehilfe. Ich habe ihr versprochen, dass ich sie töten werde, falls sie das verlangt und es selbst nicht mehr tun kann. Die nötigen Hilfsmittel dazu lagen schon lange bereit. Zum Glück war das nicht notwendig; sie ist von sich aus gegangen.

Egal, jedenfalls: aus der Erfahrung des langen und qualvollen Sterbens meiner Frau habe ich für mich beschlossen, dass ich nicht so enden werde. Ich werde im Notfall rechtzeitig den Zeitpunkt bestimmen, an dem ich gehe - und mich dann vom Acker machen. Das ist das letzte und wichtigste Selbstbestimmungsrecht des Menschen. Nicht nur über sein Leben, sondern auch über seinen Tod zu entscheiden. Was Christen und Moralphilosophen dazu sagen, ist mir völlig schnurz. Mit denen kann ich darüber im Jenseits diskutieren, falls es eins gibt.

Insofern ist mir das Handeln deines Vaters sehr nachvollziehbar. Und ich finde es sehr mutig. Denn über Suizid zu reden, ist eines. Ihn zu begehen, ist zigtausendmal schwieriger. Da muss der Leidensdruck schon extrem hoch sein.

Für dich gibt es keinen Grund zur Scham. Dein Vater hat sich entschieden, und du hättest daran so oder so nichts ändern können. Wut und Enttäuschung sind verständlich, aber: deinem Vater ging es mit seiner Krankheit sicher nicht besser als dir als Überlebende. Er ist seinen Weg gegangen, wie wir alle unseren Weg gehen müssen.

Viele Grüße,
Stefan
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