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Alt 02.04.2008, 16:33
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Redaktöse Redaktöse ist offline
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Standard AW: Unzufrieden mit Informationen durch Arzt

Hallo ihr,

ich lese öfter mal vorbei, zum Schreiben kann ich mich kaum aufraffen. Trotz Bestrahlungen sind innerhalb von zwei Wochen erst zwei neue Hirnmetastasen zu den schon zwei vorhandenen, weiterwachsenden entstanden, seit ein paar Tagen wissen wir nun von einer fünften. Bestrahlung und Chemo gehen weiter.

Papa schläft fast 18 Stunden am Tag; er ist nur wach zum Essen oder zum Rumbrüllen, ansonsten sehr schwach und orientierungslos. Seit vier Tagen kann er sich jetzt nicht mehr alleine anziehen. Er atmet wahnsinnig schwer und laut.

Ich weiß nicht, wie lange es noch geht.

Ich habe erst jetzt gemerkt, dass er sich schon verabschiedet hat. Ich habe es nur damals nicht begriffen. Es war Anfang Dezember, als er noch er war. Ich saß am Krankenhausbett und er nahm meine Hand oder ich seine und er sagte: "Jetzt trittst du die Nachfolge an."
An Ostern, als er mit der Fleischgabel rumfuchtelnd tobend in der Küche stand und brüllte, habe ich ihn nur angeschaut und irgendwas aus ihm hat für einen winzigen Moment zurückgeschaut: Dieses etwas war alles, was er uns nie gezeigt hat und nie zeigen wollte - hilflos, verletztlich, einsam, verzweifelt, liebebedürfig. Aber ich, ich habe es wenigstens einmal noch ganz kurz sehen dürfen.

Ich versuche ihn loszulassen. Ich hoffe, dass er sich bald auf den Weg macht.

Regine
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