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Alt 15.10.2008, 14:51
teich1 teich1 ist offline
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Standard AW: Glioblastom IV - Inoperabel

Liebe Daggi,

vielen lieben Dank für Deine Nachfrage.

Es ist ganz komisch. An manchen Tagen bin ich unbekümmert und fröhlich und manchmal liege ich nachts im Bett und weine und grübel. So richtig Wirklichkeit ist es immer noch nicht. Manchmal fragen mich sogar noch Leute, die ich lange nicht gesehen habe, wie es Papa geht. Das ist dann zwar schlimm, sagen zu müssen: "Er ist schon im Juni verstorben", aber wenn ich das sage, ist es so, als wenn ich das von irgendeinem anderen erzähle. Es berührt mich in dem Moment nicht, ebenso wenig wie das Grab, wenn ich davor stehe. Dann ist es so unwirklich.

Ich muss dann nicht weinen oder so, aber meistens nachts danach kann ich nicht schlafen. Dann ist es wieder alles vor Augen.

Meine Mama sagt nicht so viel darüber, wie sehr sie meinen Papa vermisst, aber ich habe schon öfter gesehen, dass sie vom Weinen geschwollene Augen hatte. Ich mag dann aber nicht nachfragen, ob sie geweint hat. Es ist ja offensichtlich, da will ich sie nicht noch mehr aufwühlen. Aber es wäre ja nicht normal, wenn sie nicht mehr weinen würden.

Ich habe Angst vor Weihnachten. Wir waren immer alle zusammen, es wird schwer werden. Ich glaube nicht, dass man an so einem Tag den Verlust überspielen kann und wir uns so zusammenreißen können, das nicht geweint wird. Für Euch ist dann auch das erste Weihnachten alleine. Hast Du auch Angst davor? Ich bin schon immer froh, wenn Mama nicht in meiner und ich nicht in ihrer Gegenwart weine, denn dann würden wir uns gegenseitig herunterziehen.

Im Moment ist meine Mama mit Wohnwagen an der Mosel. Sie behält die Traditionen bei, die sie mit Papa hatte. Im Frühjahr eine Woche an den Rhein, im Sommer drei Wochen Ostsee, im Herbst eine Woche an die Mosel. Ich hatte Bedenken, ob das wirklich sinnvoll ist, ganz alleine zu fahren, aber sie wollte umbedingt. Vielleicht eine Art, Radikalschock. Erinnerung die schmerzen, damit sie für sich selber feststellt, die Gegend ist immer noch wunderschön und sie kann auch alleine weiterleben. Das hoffe ich jedenfalls.
Am Telefon hört sich sich immer ganz in Ordnung an, das beruhigt mich.

Morgen fahren mein Mann und ich hin und bleiben zwei Tage. Dann fahren wir gemeinsam mit dem Wohnwagen zurück. Das Problem ist nämlich noch, Mama kann den Wohnwagen nicht fahren. Wir müssen sie überall hinbringen und abholen. Das machen wir im Moment, um ihr ihre Wünsche zu erfüllen, aber auf Dauer kann das auch keine Lösung sein. Es ist halt schwierig, für uns alle und in jeder Beziehung.

Alles Liebe für Dich
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In liebevoller Erinnerung
(Foto 17.09.07)
Manfred 10.07.45-07.06.08


Leise kam das Leid zu dir, trat an deine Seite,
schaute still und ernst dich an, blickte dann ins Weite.
Leise nahm es deine Hand, ist mit dir geschritten,
ließ dich niemlas wieder los, du hast viel gelitten.
Leise ging die Wanderung über Tal und Hügel,
und uns war´s, als wüchsen still deiner Seele Flügel.


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