Thema: Ein Jahr...
Einzelnen Beitrag anzeigen
  #17  
Alt 14.01.2010, 15:59
Stefans Stefans ist offline
Gesperrt
 
Registriert seit: 27.01.2007
Beiträge: 426
Standard AW: Ein Jahr...

Hallo Birgit,

Zitat:
Zitat von Birgit763 Beitrag anzeigen
zu Hause zu sterben ist so viel wert. Ja, ich beneide dich fast darum.
Mir war es nicht möglich und ich krieg dieses Bild nicht los, als mein
Mann abgeholt wurde, als er sich nochmal umgesehen hat....ich fühlte
mich wie eine Verräterin.
Ja, aber... darüber habe ich in den Foren hier oft mit anderen Hinterbliebenen gesprochen. Meine Frau hat Krankenhaus, Hospiz oder (das Schlimmste für sie) Pflegeheim für sich konsequent abgelehnt. Trotzdem hätte es passieren können. War eher Glück, dass keine Umstände eintraten, die sowas erzwungen hätten. Wenn ich in der Zeit krank geworden wäre, hätte sie ins Hospiz gemusst (angemeldet war sie da schon "vorsichtshalber"). Hätte es medizinische Dinge gegeben, die nicht Zuhause hätten behandelt werden können, hätte sie ins Krankenhaus gemusst. Usw... Wir hatten einfach nur Glück, dass es doch Zuhause ging. (V.a. auch mein Glück, weil mir deswegen ein langfristig schlechtes Gewissen erspart bleibt.).

Ich weiss, es wird dich nicht trösten. Aber im nachhinein, wenn die akute Trauer nachläßt, sagen viele Hinterbliebene: besser gut versorgt im Hospiz oder im Krankenhaus, als völlig überfordert und mit den Nerven am Ende Zuhause. Hier ist das (trotz Pflegedienst) auch nur gegangen, weil wirklich fast immer Freunde da waren, die bei Bedarf Urlaub und das nächste Flugzeug genommen haben. Allein hätte ich das niemals geschafft

Zitat:
Zitat von Birgit763 Beitrag anzeigen
Die Idee mit dem schwäbischen Friedwald, sie gefällt mir.
(...)
Diese Bestattung könnte ich mir für mich tatsächlich auch gut vorstellen
Meine Frau hat sich das recht spät überlegt. Ich hatte schon einen Bestatter ausgeguckt, der die Urne an die Hinterbliebenen aushändigt (obwohl das in D illegal ist). Also habe ich meiner Frau gesagt: "Wenn du nichts festlegst, entscheide ich eben. Dann kommst du hier unter den Kirschbaum im Garten." Dann kam aber zu Weihnachten ihre Schwester zu Besuch, und da haben die beiden das mit dem Friedwald bekakelt. Wurde mir zumindest posthum so gesagt, ich war nicht dabei - aber ich glaub's trotzdem

Also hat meine Frau eine 100-jährige Buche bekommen, wo irgendwann auch ihre Schwester, ihr Schwager und vielleicht ich liegen werden (ihre Mutter nicht, die mag nicht verbrannt werden). Mir ist das völlig egal. Ich bekam die Urne meiner Frau zugestellt, habe sie natürlich rein aus Neugier geöffnet und ein bischen in der Asche rumgerührt (und mich dagegen entschieden, einen Teelöffel Asche als "Andenken" zu behalten). Und bekam bestätigt, was ich schon eine halbe Stunde nach dem Tod meiner Frau wusste: das ist sie nicht mehr. Das sind sterbliche Überreste, allenfalls von symbolischem Wert, mit denen halt irgendwas gemacht werden muss.

Meine Frau wurde hier ihrem Wunsch gemäß 3 Tage aufgebahrt. Ich dachte vorher, dass auch ich diese Zeit zum Abschied nehmen brauche. War aber gar nicht so. Kurz nach ihrem Tod war sie für mich "weg". Deswegen ist mir auch egal, wo sie bestattet ist. Für mich ist sie immer "hier" - da, wo wir zusammen gelebt haben. Und falls es mal jemanden interessiert, wenn ich gestorben bin, wird es auch keine Rolle spielen, wo ich unter die Erde komme. Entweder habe ich einen Platz im Herzen einiger Menschen oder nicht.

Und wo ich dran denke: Achtung, jetzt kommt Stefans schwarzer Humor Als ich meine Frau wieder verschlossen, verpackt, adressiert und frankiert hatte, um sie Richtung Friedwald zu schicken, konnte ich es mir bei der DHL-Filiale im örtlichen Edeka-Markt nicht verkneifen, der Frau am Schalter zu sagen: "Aber bitte pfleglich behandeln. Das ist meine Frau!" Die guckte mich kurz an, registrierte, dass ich keinen Witz gemacht hatte, schluckte und brachte mühsam raus: "Wirklich?" Sach ich: "Wirklich!" So vorsichtig wurde da noch kein Paket behandelt

Zitat:
Zitat von Birgit763 Beitrag anzeigen
Es funktioniert halt - mehr nicht. Freunde und Bekannte sind mir geblieben - der Hund (was wäre ich nur ohne ihn) ist ein treuer Gefährte.
Geht mir doch genau so. Hündchen ist mit Abstand der wichtigste für mich. Und wenn man sieht, wie sich Hündchen freuen kann (ob nun über Schnee oder sonstwas), dann ist das Leben mitunter doch etwas mehr als nur "funktionieren"...

Viele Grüße,
Stefan
Mit Zitat antworten