Thema: Diagnose
Einzelnen Beitrag anzeigen
  #24  
Alt 01.10.2011, 08:02
Ingrid Ingrid ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 15.08.2005
Beiträge: 86
Standard AW: Diagnose

Liebe Frieda

Die Warterei ist schrecklich, aber bitte bleib gelassen. Es ist gut, dass vor der OP noch Untersuchungen gemacht werden, das kann Dir u.U. eine Nachoperation ersparen. Und denk bitte nicht, der Krebs muss jetzt so schnell wie möglich raus. Ein "normaler" Krebs braucht ca. 10 Jahre, bis er eine Größe von 1 cm erreicht - ein paar Wochen für Untersuchungen und Vorbereitung sind da kein Drama.
Der gesamte Medizinbetrieb ist organisatorisch nicht darauf ausgerichtet, Wartezeiten der Patienten zu optimieren. Sondern darauf, den eigenen Ablauf halbwegs problemlos und störungsfrei hinzubekommen. Du wirst in den nächsten Monaten noch jede Menge Termine und Wartezeiten haben, am besten versuchst Du von Anfang an, das Beste draus zu machen. Wenn Du allein bist, nimm Dir was zu trinken mit, einen MP3-Player oder ein gutes Buch. Zu wichtigen Terminen mit Besprechung sollte, wenn möglich, noch jemand mitkommen. Am besten Dein Mann, wenn das nicht möglich ist, eine Freundin.

Und bitte nimm die Gelegenheit zum Fragen stellen wahr, wenn Du die Möglichkeit hast. Informationen einholen kann viele Ängste mindern! Ein Verwandter mit Krebs ist mal nach einem Arzttermin, bei dem er Chemo bekommen sollte, zu Hause psychisch zusammengebrochen. Seine Blutwerte waren so schlecht, dass keine Chemo gemacht werden konnte. Er hat nichts gefragt, ist heim und hat das als sein baldiges Todesurteil betrachtet, nach dem Motto, jetzt können sie gar nichts mehr für ihn tun. Dabei war das ein völlig normaler Vorgang - man gibt dem Patienten etwas Zeit, damit die Blutwerte wieder besser werden, dann wird die Chemo fortgesetzt. Ich wusste das, er nicht, aber wenn er in der Praxis gefragt hätte, dann hätten sie ihm das dort auch schon gesagt und er hätte sich mehrere Stunden Todesangst erspart. Für die behandelnden Ärzte und Helfer sind viele Sachen so "normal", dass sie gar nicht mehr daran denken, sie extra zu erwähnen.

Und hier ein Buchtip für die Warterei: "Die Leber wächst mit ihren Aufgaben" von Dr. von Hirschhausen, falls Du das noch nicht kennst. Ich habe in der Radiologie gesessen, um mich rum lauter toternste und verkrampfte Leute, vor mich hin gegiggelt und gelegentlich geprustet vor Lachen. Immer, wenn ich dran kam, fand ich es schade, nicht mehr weiter lesen zu können
Mit Zitat antworten