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Alt 01.05.2003, 14:27
Gast
 
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Standard Hoffnung bei BEIDSEITIGEM Nierenzellkarzinom

Liebe Susanne,
Deine Frage bzgl. des Krea-Wertes ist schwer zu beantworten. Natürlich gibt es Grenzwerte und auch Maximalwerte. Der maximale Grenzwert eines "nieren-gesunden" Menschen liegt bei ca. 1,2. Und die Niere hat auch immer noch die Möglichkeit, sich ein wenig zu regenerieren. Aber meine persönliche Meinung ist, daß man weder bei Jürgen noch bei Deiner Mutter von gesunden Nierenwerten ausgehen kann. So lebt Jürgen jetzt z. B. mit Krea-Werten ( außerhalb der Therapie ) von 2,2 bis ca. 2,6. Und meiner Meinung nach ist er damit bestens versorgt. Hier wird mir vermutlich jetzt jeder Nephrologe widersprechen und ich weiß auch, daß man da geteilter Meinung sein kann. Aber ich bin da etwas genügsamer, denn ich weiß auch, daß die Kaliumwerte stimmig sind ( z. Zt. Krea 2,47 und Kalium 5,4 - Kalium steigt bei Niereninsuffizienz auch an, und hier ist ABSOLUTE Vorsicht geboten ),und ein stimmiges Kalium mit Krea-Werten unter ca. 7 sind m. E. weit genug entfernt von der Dialyse!
Ich weiß noch, daß ich auch nicht mit allen Münchner Urologen diesbzgl. einer Meinung war und mit ihnen teilweise gut diskutiert habe. Es war manchem von ihnen schwer beizubringen, daß wir hier über Werte eines Patienten mit Einzelniere ( und auch die noch mit erheblicher Schädigung )geredet haben. Auch bei Jürgen war man nämlich zunächst skeptisch, was den Beginn der Immun-Chemo mit erhöhten Krea-Werten anging. Aber letztendlich hat man sich dann bereiterklärt, bei einem Krea von 2,2 einzusteigen, auf das er sich stabiliert hatte. Auch bei ihm hätte man sich Krea-Werte von erheblich unter 2 gewünscht, und mir war damals schon klar, daß diese Werte für ihn illusorisch waren. Aber da war die Ärzteschaft geteilter Meinung: die einen haben meiner Argumentation zugestimmt, die anderen haben versucht, auf diesen Werten zu beharren. Ich persönlich war froh, daß das Kalium nur leicht erhöht war und das Kreatinin nicht über 4 angestiegen ist. Denn dieser Grenzwert war meine persönliche "Angstbarriere".
Das Kalium ist, wie gesagt, neben dem Krea-Wert sehr wichtig. Ein zu hoher Kalium-Wert kann im Extremfall zu massivsten Herzproblemen führen. Sollte Deine Mutter mit dem Kalium-Wert zu hoch sein, bemühe Dich bitte zunächst um eine kaliumarme Kost. Damit kann schon einiges ausgeglichen werden. Kalimarm heißt u. a. auf viele Obstsorten ( Obestsäfte, Bananen, Weintrauben..... )zu verzichten. Ich erwähne gezielt das Obst, denn so etwas nimmt man ja gerne einem kranken Patienten in die Klinik mit! Und auch die Küche in der Klinik müßte dann kaliumarmes Essen für Deine Mutter zubereiten! Häufig wird an so eine Anordnung während der Arztvisite nicht gedacht. Deshalb bitte die Ärzte mal nach dem Kalium-Wert fragen! Bei Jürgen war damals auch zunächst Kaliumreduktion angesagt, hat sich dann aber wieder von allein reguliert. Er ißt und trinkt heute wieder alles, was sein Herz begehrt.
So, nun zu Deiner Mutter. Daß Du einen Krea-Wert von 1,5 anzweifelst,kann ich ehrlich gesagt verstehen. Ich glaube auch nicht, daß der erreichbar ist, wenn ich die Situation so mit Jürgen vergleiche. Ich nehme an, daß der Wert so angestiegen ist, weil man mit der Embolisation auch schon funktionsfähiges, gesundes Gewebe teilweise mit geschädigt hat ( das ist auch normal ). Frage ist, wieviel größer wird der Bezirk sein, den man mit der Radiofrequenzablation noch erreichen will ( danach würde sich eine weitere Nierenschädigung richten, und man muß ja bis ins gesunde Gewebe vordringen ). Ich weiß nicht, inwieweit man Dir diese Frage beantworten kann. Sprich doch mal die Urologen darauf an.
Und: inwieweit war die Embolisation erfolgreich? Ist schon mal wieder ein Ct oder MRT gemacht worden, um zu konrollieren, ab der Tumor in der Niere komplett durch die Embolisation erreicht worden ist? Man kann in diesen Untersuchungen sehen, ob noch Durchblutung im Tumorgewebe vorhanden ist, oder ob die gesamte Durchblutung des Tumors abgeschnitten wurde. Wenn der Tumor nicht mehr durchblutet wird, ist die Frage, ob man tatsächlich bei den vorhandenen Nierenwerten noch zusätzlich ablatieren sollte oder erst die Immun-Chemo vorschaltet. Beim Beginn der Immun-Chemo ist es nur wichtig, daß so wenig wie eben möglich an Tumorgewebe vorhanden ist. Und wenn die Emboliasation richtig erfolgreich war, stirbt der Tumor an sich durch die Embolisation ab und den Rest könnte die Immun-Chemo evtl. schaffen.
Bzgl. Blutarmut: wie hoch ist der HB Deiner Mutter? Und was bekommt sie jede Woche als "Aufbauspritze" injeziert? Erythropoetin?
Wie ist ihre körperliche Verfassung derzeit? Gibt es außer dem Bluthochdruck ( war der vorher übrigens auch schon hoch? )noch weitere "Herzprobleme"? So oder so wird man eine Immun-Chemo in der Dosierung den Nierenwerten und auch der körperlichen Verfassung anpassen müssen. Denn die Immun-Chemo ist schon "nicht ohne"..... Jürgen habe ich zur Zeit wieder in Erhaltungstherapie ( heute dritter Tag und erster Tag Interleukin - Fieber hat sich schon wieder angemeldet.)
Bzgl. der psychischen Verfassung Deiner Mutter ist es sehr gut und wichtig für sie, daß Du sie immer ein wenig aus dem tiefen Loch heraus holen kannst. Wenn Ihr mögt, rufen wir sie auch gerne mal an und Jürgen kann ihr vielleicht ein wenig Mut machen. Wir sind auch in der nächsten Zeit häufiger in München Großhadern und könnten sie mal besuchen, wenn sie dort stationär ist. Aber zunächst richte ihr doch bitte unbekannterweise unsere Grüße aus und sag ihr von uns, daß sie den Kopf oben behalten soll, auch wenn es machmal sehr, sehr schwer ist. Sie hat in Dir viel Kraft und Stärke und auch wir sind in Gedanken bei ihr und versuchen ihr Kraft zu schicken.

In diesem Sinne,
liebe Grüße und Kopf hoch,

Ulrike

N.B.: Darf ich kurz etwas zu "meiner" Geschichte erzählen:
Nachdem ich die Diagnose gehört hatte, war ich "so gut wie tot -für mich-" . Dann bin ich in das tiefste schwarze Loch meiner Depressionen gefallen (die ich seit rund 9 Jahren kenne). Ich habe nur noch geheult. Geheult. Geheult. Irgendwie muß mir das auch geholfen haben.
Dann "mußte" ich mich immer entscheiden ! Ich konnte es aber nicht. Ich war nicht dazu in der Lage. Meine Zustimmung zur OP der zweiten Niere = Dialyse = das konnte ich einfach nicht. Dann habe ich mich durchgesetzt (meinen Dickkopf) und mit Hilfe meines Arztes eine 6-wöchige Kur angetreten. Und da habe ich die ersten 2-3 Wochen .......... auch nur geheult (steht in meinem Arztbericht. Ehrlich gesagt, stört mich das keinen Deut. Ich habe in Sydney auf dem Parkplatz vom Airport gestanden und .... geheult. Es war einfach so unfassbar für mich).
Ich kann Deiner Mutter nicht helfen. Ich kann ihr keine "guten Ratschläge" geben. Wollte ich nie hören, vielleicht will sie es auch nicht hören. Und wenn wir nur "zusammen heulen" - ich glaube, dass das hilft. Man kann sich nicht "zusammenreißen" - wie viele Angehörige das scheinbar erwarten. Alles braucht seine Zeit. Ich habe über 6 Monate gebraucht, um auf "meinen Weg" zu kommen (und das, wo die Zeit doch so drängte! Ich hatte ja schließlich Krebs!) - aber ich war einfach noch nicht soweit, zu "meiner" Entscheidung zu kommen.
Ruf mich doch einfach mal an, ja?
Ich denke an Euch, liebe Grüße
Jürgen
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