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Alt 12.09.2008, 18:32
Sonnenschein9999 Sonnenschein9999 ist offline
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Standard AW: Mein Papa hat einen Hirntumor!!

Hallo Marion,

es tut mir sehr Leid mit Deinem Papa, ich kann Dich gut verstehen. Mein Dad hat auch einen Hirntumor, aber er wird sein Leid wohl bald überstanden haben...

Es fing letztes Jahr nach Weihnachten an - uns, meiner Mutter, meinem Sohn und mir fiel auf, dass mein Vater sehr vergesslich und auch antriebslos wurde. Er vergass Termine die ihm sehr wichtig waren und sass manchmal tage- und nächtelang vor dem Fernseher. Von einem Arztbesuch wollte er nichts wissen, was wir auch immer an ihm zu meckern hätten. Also kontaktierten wir seinen Hausarzt ohne sein Wissen. Der war gleich sehr hellhörig als wir ihm die Symtome schilderten. Wir selbst befürchteten schon Alzheimer oder Demenz. Der Hausarzt brachte ihn dann doch dazu sich ein paar Tage ins Krankenhaus - in die Neurologie zu begeben. Das war am 29.02.08. Am Dienstag, dem 04.03.08 bekamen wir einen Anruf vom Stationsarzt, wir sollten uns umgehend im KH einfinden. Ja und dann haben wir die Bilder gesehen und ich wusste sofort, dass es nicht gut aussieht. Praktisch das ganze Frontalhirn war ein einziger Tumor, der sich in beide Gehirnhälften ausbreitete und von einem grossen Oedem umgeben war. Die Aerzte machten uns nicht viel Hoffnung, sie sagten uns ganz schonungslos was sie vermuteten: Ein sogenanntes Schmetterlingsgliom. Absolut nicht operabel, voll bösartig und sehr schwer therapierbar. Lebenserwartung ca. 3 -6 Monate. Bumms. Meine Mutter fiel fast vom Stuhl und ich wusste nicht was sagen. Sie wollten dann eine stereotaktische Biopsie machen um herauszufiinden um welche Art Tumor es sich handelt. Mein Vater nahm die Nachricht sehr gelassen auf - er fing sogar an Zeitung zu lesen während der Arzt ihm den Eingriff erklärte. Nun der Eingriff wurde gemacht, mein Vater durfte nach 14 tagen nach Hause und da war immer noch kein Befund da. Nach fast 4 Wochen eröffnete man uns, dass man kein Tumorgewebe in der Probe gefunden hätte, aber der Tumor nach Cortisongabe stark zurückgegangen war. Juhu. Sie vermuteten nun doch kein Glioblastom, sondern ein Lymphom. Das ist auch bösatig aber lange nicht so therapieresistent. Wir fingen nun auf ärztliche Anordnung an das Cortison abzusetzen, da ein Lymphom unter Cortison nicht nachweisbar ist. Es begann eine schwierige Zeit, denn mein Dad war es gewohnt Auto zu fahren und alleine wegzugehen, was er nun nicht mehr durfte. Er meinte wir wollten ihm die Krankheit nur einreden und wurde zunehmend agressiv. Wir mussten ihn mit Medikamenten ruhig stellen - es war schrecklich und wir bekamen einen kleinen Vorgeschmack. Das erste Mal, dass er doch merkte mich ihm stimme etwas nicht was an Ostern. Er ist Elektromeister von Beruf und natürlich für alles Elektrische bei uns zu Hause zuständig. Dann ging eine Leuchtstoffröhre kaputt und er wollte sie auswechseln - er hat es nicht geschafft... Es fiel ihm alles aus der Hand, sobald er kopfüber arbeiten musste. Er wurde dann so wütend, dass er die genze Lampe heruntergerissen hat. Er wurde auch sonst zunehmend konfus, hat Datum, Uhrzeit, Wochentag und dgl. nicht mehr auf die Reihe bekommen. Er fing auch an inkontinent zu werden - es war ihm höchst peinlich. Die Cortisongaben wurden immer geringer und mein Dad immer ruhiger und apathischer - bis am 18.04.08. Da bekam er seinen ersten Krampfanfall und musste notfallmässig ins KH, das er dann für über 2 Monate nicht mehr verliess. Nach dem Anfall war er halbseitig gelähmt, das hat sich aber sehr schnell wieder gebessert. Was viel schlimmer war - im KH mussten sie ihn ans Bett fesseln, er wollte immer gehen und wusste dann nicht mehr wo er war oder er hat sich die Infusionsnadeln selbst gezogen usw. Zum Glück hatten sich meine Eltern letztes Jahr gegenseitig eine Vorsorgevollmacht erteilt, so konnte meine Mutter den Freiheitsentzug erlauben. Es war sehr schlimm zuzuschauen. Die Aerzte machten dann ganz schnell eine offene Biopsie um ganz sicher zu gehen auch Tumorgewebe zu erwischen und der Verdacht auf Lymphom bestätigte sich. Die Neurologen wollten meinen Vater unbedingt in ein Programm nach Freiburg schicken - er wäre dort für 5 Tage stationär aufgenommen worden, hätte Chemotherapie-Cocktail mit Methothrexat erhalten und wäre wieder für 2 Wochen nach Hause entlassen worden, das Ganze 9mal. Nach Rücksprache mit dem betreuenden Onkologen haben wir das abgesagt. Mein Vater hat in der Zwischenzeit geistig und körperlich sehr nachgelassen, er stolperte oft, vergass was er gegessen hatte usw. Er wurde dann KH-intern auf die Onkologie verlegt und dort wurde auch eine Chemotherapie mit Methothrexat gestartet. Es sollten 3 - 6 Zyklen gemacht werden, im Abstand von 10 Tagen. Er vertrug die Chemo sehr schlecht - sein Blutbild veränderte sich stark, er musste Blutplättchen als Transfusion bekommen, verlor sehr an Gewicht und erholte sich von jedem Zyklus schlechter. Der Abstand von 10 Tagen konnte nie eingehalten werden. Parallel dazu verschlechterte sich seine körperliche Verfassung weiter - er konnte nur noch einige Schritte gehen wenn er geführt wurde, er war inkontinent (ganz schrecklich für ihn) und geistig baute er auch immer mehr ab. Sein Kurzzeitgedächtnis war praktisch weg und das Langzeitgedächtnis zeigte ebenfalls Störungen. Dann, Ende Juni 2008 beschlossen die Aerzte, nach 3 Zyklen eine längere Pause. Mein Vater war nun ein Pflegefall. Er konnte nicht mehr laufen, stehen oder nur am Bettrad sitzen, er fiel sofort um. Er hat Zucker durch die hohen Cortisongaben und lagert vermehrt Wasser ein. Alles wegen der Chemo. Er ist kpl. inkontinent. Meine Mutter ist 77 Jahre alt (mein Dad war 68 Jahre alt), ich bin armes Einzelkind und wohne zu allem Unglück 40km entfernt. Also beschlossen wir eine Kurzzeitpflege. Er kam am 24.06.08 ins Heim und am Sonntag, dem 29.06.08 musste er notfallmässig wieder ins KH. Er war ohnmächtig im Bett gefunden worden und die Pfleger haben sofort den Notarzt gerufen. Er kam auf die Intensivstation und der behandelnde Arzt meinte er könne in den nächsten Stunden versterben. Es hat sich dann herausgestellt, dass er eine Sepsis (Blutvergiftung) mit beginnendem Organversagen hatte, wohl ausgelöst durch die Schwächung des Immunsystems durch die Chemo und dem Blasenkatether, den er sich immer mal wieder selbst zog und so ständige Reizungen verursachte. Er schwebte 4 Tage zwischen Himmel und Erde, dann kam er zu uns zurück. Er erholte sich dann ziemlich schnell wieder und die künstliche Ernährung konnte eingestellt werden. Ende Juli 2008 kam er wieder ins Heim - körperlich und geistig hatte er weiter nachgelassen. Er erkannte nur noch die engsten Familienmitglieder, ein Gespräch war schon länger nicht mehr möglich. Jede Woche konnte man seinen körperlichen und geistigen Verfall bemerken. Er konnte nicht mehr selbst essen - seine Hände zitterten so, dass alles herunterfiel, er matschte nur noch im Essen herum oder spielte sonst damit. Sitzen, stehen und laufen absolut unmöglich. Er musste mit einem Lifter aus dem Bett in den Rollstuhl gehoben werden und dort festgeschnallt - er wäre sonst herusgerutscht. Es war schrecklich das alles mitanzuschauen, ich könnte nach viel mehr erzählen... Nun seit Mittwoch dieser Woche verweigert er jede Nahrung und auch das Trinken, gestern hat ihn der Hausarzt ins KH eingewiesen. Er ist absolut apathisch und starrt nur noch einen Punkt an, er reagiert auf nichts mehr, zittert nur noch, die Hände und Füsse sind eiskalt, die Haut wie Pergament. Der Arzt meint er habe aufgegeben... Er bekommt Flüssigkeit und Cortison über die Vene, das Cortison ist die einzige Option, Chemo oder dgl. käme nicht mehr in Frage. Künstlich ernährt wird er nicht - es soll nicht unnötig verlängert werden. Entweder es fällt in die Richtung dass er sterben wird, oder er fängt sich nochmal. Nächste Woche wird ein CT gemacht, ich denke das Sch...ding wächst. Er war nämlich nach den Chemos nicht befundfrei, es war nur kleiner geworden.
So, das war eine lange Geschichte, und ich bin schon längere Zeit stiller Mitleser, aber ich musste sie mir jetzt, da es wohl bald zu Ende geht, mal von der Seele reden. Ich wünsche Dir und Deiner Familie viel Kraft und gebt die Hoffnung nicht auf...

Herzliche Grüsse

Sonnenschein9999


Was man tief in seinem Herzen besitzt,
kann man durch den Tod nicht verlieren.
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