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Alt 18.10.2006, 00:43
Angi Angi ist offline
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Standard AW: Ärzte- Halbgötter in Weiss

Liebe Kerstin,

ja, das ist sehr schwierig. Eine "Entmündigung" in dem Sinne gibt es ja auch nicht mehr aber ich verstehe was Du meinst. Der Grat ist schmal. Wann und wie entscheidet der Mensch eigenverantwortlich wieviel Wahrheit er ertragen will und Kann? Und hat er das Recht egoistisch, ohne Rücksicht auf sorgende Familienangehörige, zu entscheiden, dass er die WAhrheit nicht wissen will? Wo ist die Grenze wo er die Entscheidung noch bewusst selbst treffen kann, wo nimmt die Krankheit Einfluss und er wäre auf die Hilfe von außen angewiesen? Das frage ich mich zumindest selbst zuweilen und ich kann nur sagen, dass ich für mich selbst Entscheidungen formuliere und treffe solange ich das noch bei vollem Bewusstsein kann, aber ich weiß auch, aus unmittelbarer Umgebung, dass es viele Menschen gibt, die sich darüber keine Gedanken machen oder machen wollen. Manchmal aus dem Missverständnis heraus auch dem geliebten Menschen um sich herum nicht zusätzlich zu belasten, manchmal schlicht aus einem ähnlichen Grund warum zuweilen Kinder sich bei drohender Gefahr/Feuer in einem Schrank verstecken wollen anstatt zu laufen.Und so gibt es noch viele Grauzonen dazwischen. Ich verstehe Dein Dilemma gut. Vielleicht hilft unter Umständen ein ehrliches Gespräch über Deine und seine Gefühle mit Deinem Schwiegervater? Du/Ihr kennt ihn am Besten, aus der Ferne redet/schreibt es sich leicht. Manchmal erzählte mir auch ein Betroffener , dass die erste Reaktion schlicht Schock, dann Verdrängung war bevor weitere Reaktionen und Behandlungen stattfinden konnten. Andere wollten den Ernst der Lage vermeintlich bis zum Schluss nicht wahrhaben. Aber ehrlich , ich bin mir nicht ganz sicher ob das tatsächlich so ist .Als meine Oma den Ernst der Lage mit Lungenkrebs im Endstadium begriff (sie hatte zuvor zweifelhaften, kostspieligen Blutwäschemethoden den Vorzug gegeben und sich scheinbar ein halbes Jahr lang gesund gefühlt) und die Werte eines Befundes auf den Tisch bekam, schwarz auf weiß, war es mit ihrem Lebenswillen schlagartig vorbei. Aber auch das ist nur mein subjektives Empfinden, weil dann der zeitliche ABlauf bis zu ihrem Tod mir wie ein Zeitraffer vorkam.
Es ist auch schwer mit diesen Statistiken und Prognosen...meine Mutter hat die Diagnose "Kleinzelliges Brochialkarzinom " mit viel Glück und OPeration überlebt, sie ist nun seit vier Jahren metastasenfrei. Sie lag aber auch schon auf der Neurointensiv im Koma und mein Vater hatte ihre amtliche Betreuung übernehmen müssen. Der Tumor sorgte indirekt dafür, dass sie ihre Umgebung nicht mehr wahrnehmen konnte. Naja, bin ein rationaler Mensch und lese die Forschungsberichte der Universitäten, las damals die Statsitiken, Behandlungsmethoden, SChäden durch Chemo und Strahlentherapie, Heilung, Verlängerung, Verbesserung der Lebensqualität durch Chemo und Strahlentherapie, und es war doch, in diesem besonderen Fall anders.
Liebe Kerstin, bitte entschuldige, bin ins erzählen gekommen, manchmal holen Bilder und Empfindungen einen wieder ein. Ich habe die Erfahrung bisher gemacht, dass Betroffene Personen zumeist sehr gut über ihren Zustand und die Folgen Bescheid wussten, dass aber bei einigen "Nur" die Angst zu groß war darüber zu sprechen, die Angst die sie selber hatten und die Angst um ihren Lebenspartner/Familienangehörigen und die erst mit einem Aussenstehende /Anonymen darüber sprechen konnten.Ich weiß nicht ob Dir das hilft, aber ich wünsche Dir ,dass Du zu einer Lösung für Euch /Dich kommen kannst,

mit liebem Gruß Angi
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