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Alt 10.09.2002, 17:28
Gast
 
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Standard Ein langer Abschied - Teil 2

Liebe Tina,

ich weiß, daß dieses sich ständig im Kreis zu drehen immer um diesselben Fragen nicht hilft, aber Du siehst, wie Du im Ende Deines Briefes schreibst, selbst in Deinen Träumen "arbeitest" Du eine Art "Schuld"(?) ab.Natürlich sind wir nicht wirklich SCHULD, aber der Gedanken, den geliebten Menschen hätte retten zu können, wenn man nur....Siehst Du, schon wieder! Kannst Du Deine Gedanken abstellen? Wenn ja, verrate mir das Rezept!
Ich hätte eigentlich wirklich merken müssen, daß mein Mann krank ist. Ich habe selbst seit Jahren eine chronische Gastritis und hatte schon Zwölffingerdarmgeschwüre,- aber da fängt das "Geheimnis" an,- wenn es bei mir akut ist bekomme ich Schmerzen und muß aufhören zu essen. Mein Mann hat immer eine Menge gegessen(von seinem Kaffeekonsum ganz zu schweigen), hat dann zwar auch nachts über "Bauchschmerzen" geklagt...aber bei der "Fresserei"...da habe ich immer gesagt, was Wunder, hast Du mal überlegt, was Du heute alles gegessen hast! Dennoch, ich war immer besorgt um ihn (er war mein ganzes Leben), ich hätte ihn trotzdem zum Arzt schicken müssen.
Und Du hast Recht, ER hätte es auch merken müssen, aber entweder wollte er mir keine Sorgen machen oder er dachte, es geht schon wieder weg (er war nicht der große "Arztgeher".)Und doch, ich glaube richtig unbeschwert war seine Zeit nicht,- er MUß bemerkt haben, daß etwas nicht "stimmt"
Auch mit Deinem anderen Argument hast Du Recht, da ich von einigen von der Norm abweichenden Blutwerten wußte, habe ich ihn zum NÄCHTSbesten Arzt geschleppt, der uns dann (wie Du vermutet hast) mit: "das hat man schon mal" abgepeist hat.
Aber weißt Du, Schuld oder nicht, den geliebten Menschen dann so elend vor sich zu sehen, der sich sicher auch insgeheim gewünscht hat zum Arzt gegangen zu sein...der einen mit großen traurigen, verzweifelten Augen anschaut und sagt:"wir müssen etwas TUN"....Er war wie ein hilfloses Tierchen, ich hätte einfach ALLES getan aber ich hatte die "Macht" nicht.
Ich weiß, Du willst mich trösten und das ist sehr lieb von Dir.Andererseits gestehst Du ein, selbst (wie wir alle denke ich,- oder fast alle, die sich so engagiert haben)nicht frei zu sein von diesen Gedanken, die Dich auch in Deinen Träumen heimsuchen....
Wir Beide haben gekämpft für unsere Lieben,- es war ein unfairer Kampf-ganz alleine (denn bei uns haben die Ärzte nicht mitgeKÄMPFT) gegen einen unfairen Gegner.
Ja, mein Mann war auch ein guter Mensch,- für mich der BESTE,- aber auch die "Götter" sind neidisch...
Soll ich Dir jetzt sagen, Du sollst Dich nicht quälen,- auch nicht in Deinen Träumen? Würde das helfen? Wahrscheinlich nicht.
Ich denke stattdessen an Dich und verstehe Deine Gedanken und somit bist Du nicht alleine, vielleicht hilft es einfach ein wenig?
Ich danke Dir für Deinen lieben Brief und versuche Dir ein paar ruhige Nächte "zu schicken".
Alles Liebe, Nadine
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