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Alt 01.02.2016, 16:45
Daisy1979 Daisy1979 ist offline
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Standard AW: Mein Freund hat Lungenkrebs - bin am Ende

Hallo!
Versuche es mal so zu sehen: dass dein Freund im Moment keinen Kontakt haben will, muß gar nichts mit dir bzw. mit deiner Person zu tun haben. Wir Menschen neigen schnell dazu, Dinge auf uns zu beziehen, obwohl sie gar nicht so gemeint sind. Versuche einfach, es nicht persönlich zu nehmen! Du kannst ihm das Angebot, wieder Kontakt zu Dir aufzunehmen, ja ab und an machen, und ansonsten versuchen, seinen Wunsch nach Ruhe zu respektieren. Oder einfach ab und an mal ein Lebenszeichen von Dir schicken, nach dem Motto, "ich denke an dich". Das wird ihn vielleicht freuen, und so weiß dein Freund, dass du weiterhin "da" bist.
Das Thema Kontakt halten zum Erkrankten ist kein einfaches Thema. Ich bin selbst Betroffen (Leiomyosarkom seit 01/2014) und in etwa im gleichen Alter wie Dein Freund (bin etwas jünger, 36). Ich kann es sehr, sehr gut nachvollziehen, wie Dein Freund sich verhält. Ich habe eine zeitlang auch nur 1 Person an mich herangelassen (ca. 1 halbes Jahr lang), sonst hatte und wollte ich keinen Kontakt zu anderen, zu niemandem sonst. Auch im Krankenhaus (ich hatte 3 große OP's) wollte ich keinen Besuch (nur von dieser 1 Person (meinem besten Freund, der wie ein Bruder für mich ist)). Das war für einige Leute schwer. Das verstehe ich auch. Meine beste Freundin z.B. war kaum davon abzuhalten, alles stehen und liegen zu lassen, und zu mir herunterzufahren (sie wohnt im Norden, ich im Süden). Der Grund für mich war: ich wollte anfangs nicht, dass mich jemand "so" sieht. Alles war noch so neu für mich und ein ziemlicher Schock. Glaube mir, man brauch erst mal Zeit, um sich an die Krankheit zu gewöhnen. Ich in meinem Fall brauchte auch Zeit, um mich an mein Spiegelbild in der Klinik zu gewöhnen, und auch an den Zustand des Ausgeliefertseins. Du schreibst, dass dein Freund Manager ist, somit scheint er vom Typ wohl eher ein "Macher" zu sein. Ich bin zwar beruflich nicht in der Ecke zu finden, aber vom Typ Mensch ticke ich ähnlich. Die ersten Male im Krankenhaus waren für mich ganz schlimm. Versuche einfach, deinen Freund zu verstehen. So eine Diagnose ist ein ziemlicher Einschnitt ins Leben, da muß man sich erst ganz langsam an das "Ich mit Krebs" gewöhnen. Und gerade zu Beginn denkt man oft: "Das kann doch eigentlich gar nicht sein, da muß doch ein Irrtum vorliegen". Gerade wenn man noch jung ist, und einen die Diagnose aus heiterem Himmel trifft. Die Phase der Akzeptanz tritt nicht so schnell ein. Ich denke, er wird schon wieder auf dich zukommen, das braucht nur Zeit. Falls er in der Klinik Kontakt zu einem Psychoonkologen aufnehmen kann, wäre das natürlich super, allerdings muß ich sagen, dass ich damals keine guten Erfahrungen damit gemacht habe, da diese oft nur ein paar Minuten Zeit pro Patient haben und oft auch zu einem unpassenden Zeitpunkt ins Zimmer kommen (wenn man z.B. gerade Schmerzmittel bekommen hat und somit ziemlich benebelt ist). Aber sobald er aus der Klinik raus ist, sollte er sich einen niedergelassenen Psychotherapeuten suchen, einen, mit dem er richtig gut reden kann (sowas braucht manchmal mehrere Anläufe).
Alles Gute!
Grüße!
Daisy
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