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Alt 19.11.2008, 10:51
Tochter1980 Tochter1980 ist offline
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Standard AW: Wie lange dauert das Begreifen?

Hallo zusammen,

es ist grau, nass und nebelig im Norden.
Jetzt weiß ich was damit gemeint ist "Der November ist der Totenmonat"
Man ist bedrückt, melancholisch und traurig. Es trägt nicht sonderlich gut dazu bei, den Tag einigermaßen heil zu überstehen.
Ich ertappe mich in diesen Tagen immer wieder, wie ich am Schreibtisch sitze, aus dem Fenster schaue und weg bin. Manchmal sind es nur fünf Minuten, war aber auch schon mal eine Stunde abwesend.

@Annika: Danke für Deine lieben Worte. Noch sind alle Wunden offen, aber vielleicht wird es ruhiger, wenn Mama beigesetzt wurde. Dann können wir sie besuchen. Dann haben wir einen Platzund können anfagnen zu verarbeiten. Eine Freundin und Nachbarin war gestern bei uns als ich von Papa kam und hat sich das Foto von Mama angesehen, das in der Schrankwand steht und sagte zu mir, dass ich ihr unheimlich ähnlich sehe, bis auf die Haare (sie schwarz wie die Nacht, ich blond wie der Tag, hab ich von Papa) aber ansonsten, gleich. Ich habe geweint und sie gedrückt und danke gesagt. Nichts tut im Moment besser als zu hören wie ähnlich ich ihr bin, mit Leib und Seele.
Mein Bruder und ich wissen dass Papa alleine ist, aber wir werden alles dafür tun, dass er sich nicht einsam fühlt. Genauso wie unsere Freunde und Nachbarn meiner Eltern. Zusammen machen wir in Mamas Gedenken weiter und halten uns fest.

@Leuchtfeuer: Jeder Tag beginnt mit einem Gedanken an Mama und Papa und so endet auch jeder Tag. Weiß nicht, ob es sich jemals ändern wird. Glaube aber kaum.
Ich liebe meine kleine Cousine für die Worte, die sie mir gegeben hat, denn es macht den Schmerz erträglicher. Wenn mich die Traurigkeit überwältigt und ich nicht mehr ein noch aus weiß, denke ich an ihre Worte und es geht mir ein bisschen besser.
Wir sind eine tolle Familie. Die Familie meiner Mutter kommt vom Land und ist eine alt eingesessene Bauernfamilie, wo das Gut der Familie noch heute sehr hoch gehalten wird und von Generation zu Generation weitergegeben wird. Auch wenn die Jungen inzwischen auf der ganzen Welt verteilt sind und uns nicht so oft sehen, gibt es dennoch nichts was uns trennen kann. Jeder ist für jeden da, egal wann, wo und wie. Papas Familie ist nicht ganz so groß, aber genauso eng verbunden.
Ja, wir können von Glück sagen, wir haben eine tolle Familie.

@Manu: Ist es bei Euch auch so, dass Du automatisch die Sachen machst, die sonst Deine Ma getan hat? Ich habe bemerkt, bei mir ist es so. Ich weiß nicht ob es daran liegt, dass ich jetzt die einzige Frau in unserer kleinen Familie bin oder ob die Natur ist, dass ich jetzt die Aufgaben meiner Mutter übernehme und mich um meinen Papa und Bruder kümmere. Ich koche für sie, helfe Papa am Wochenende mit dem Haushalt und bügel.
Im Moment brauche ich von meinem Papa und meinem Bruder das Gefühl gebraucht zu werden, damit ich mich nicht so nutzlos und hilflos vorkomme.
Auch wir hatten eine tolle Kindheit. Gerade gestern mussten wir wieder alle fast weinen. Ich habe Brathähnchen mit Soße und Pommes gemacht. Das hat Mama immer gemacht wenn mein Bruder und ich Geburtstag hatten und wir uns aussuchen durften was wir essen wollten. Es war jedes Jahr das gleiche, Hähnchen mit Soße und Pommes. Daran mussten wir gestern gerade denken und unter ein paar Tränen aber auch lächeln.
Papa hilft die Arbeit. Er sagt so kommt er über den Tag und ist abends müde, dass er schlafen kann. Er hat mir gestern gesagt, dass er ein wenig Angst vor Montag hat, weil dort die Urnenbeisetzung ist. Es wird noch einmal ein schwerer Gang werden aber dann haben wir Zeit zu verarbeiten und uns zu beruhigen. Er hofft dass dann Ruhe einkehrt. Ich auch...
Mama würde sagen: "Weine nicht, ich bin doch da. Es wird alles wieder gut. Ich habe Euch gut auf das Leben vorbereitet und keine Angst, dass ihr es nicht schafft. Ich liebe Euch und bin immer da, wenn ihr mich braucht."

@Ronnya: Danke für Deine lieben Worte. Ich komme gerne hier vorbei und lass meine Gedanken hier. Nicht nur weil es gut tut, sondern auch weil ich sie so vergessen kann ohne sie zu vergessen. Ich hoffe Du weißt wie ich meine. Es ist wie soll ich sagen, ja, genau, wie das Denkarium von Albus Dumbledore in Harry Potter.
Im Moment nimmt mich die Trauer noch gefangen mit all ihrer Macht, Gewalt und Schmerz. In mir drinn sieht es so aus wie draußen am Himmel. Es ist grau, dunkel und regnet. Aber ganz weit hinten ist ein kleiner heller Schein. Das ist das Licht, welches Mama mir dagelassen hat und das sich langsam durch das dunkel kämpft.
Ich bin froh hier zu ein, bei Menschen die verstehen...

@Esther: Wie viel Wahrheit in Deine Worten steckt. Solange die Mama da ist, kann man immer Kind sein aber wenn sie geht, müssen wir alleine weiter kommen. Versteh mich nicht falsch, ich habe einen ganz tollen Papa, der auch immer für uns da ist und uns genauso bedingungslos liebt wie Mama, aber die Mama ist doch noch etwas anderes. Sind es die uns zurückgelassenen Urinstinkte? Ich weiß es nicht...

@Markus: Es tut mir sehr leid für Dich und Deine Familie das auch ihr vor diesem Schicksal steht. In so einer Situation ist es sehr schwer jemanden aufzumuntern aber gebe niemal sie Hoffnung auf. Ich kann Dir allerdings einen Rat geben. Nutze die Zeit mit Deiner Ma so intensiv wie nur möglich. Sei so oft es geht bei ihr und sei für sie da. Redet über Dinge, die Euch beschäftigen, die unausgesprochen geblieben sind. Über Erinnerungen und Träume. Verbrignt so viel Zeit wie möglich miteinander. Es sind Erinnerungen, die Dich nie wieder verlassen werden und die Dir niemand nehmen. Acuh werden diese Dinge Dich prägen und für den Rest Deines Lebens begleiten. Ihr werdet sehr viel Kraft brauchen, gebt sie Euch gegenseitig und haltet zusammen als Familie. Diesen Rat kann ich Dir geben. Mit ist diese Zeit sehr kostbar kostbar gewesen und ich werde sie bis an mein Lebensende im Herzen tragen.

Am Montag ist die Urnenbeisetzung und Oma und Opa bleiben dann noch ein paar Tage bei Papa. Oma hat mir versprochen mir die Familienrezepte, die ich eigentlich von Mama lernen wollte, beizubringen. ich möchte nicht das diese Dinge verloren gehen. Selten wie jetzt, ist mir bewusst geworden, dass warten nicht immer richtig ist. Dass sagen, "Wir haben noch Zeit" oder "Dass können wir später noch machen" nicht immer stimmt. Was man nicht aufschieben muss sollte getan und gesagt werden, bevor es zu spät ist.

Habt lieben Dank für Euer dasein.

Seid lieb gegrüßt
Susi
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In Erinnerung an unsere geliebte und starke Frau und Mama
*28.02.1958 +18.10.2008
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