Thema: es tut so weh
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Alt 18.09.2002, 14:07
Gast
 
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Standard es tut so weh

Hallo,
ich verfolge schon seit Tagen Euren Austausch.
Mein Papa ist vor heute genau 6 Wochen von uns gegangen, Bauchspeicheldrüsenkrebs, er hat nur 11 Monate nach der Diagnose überlebt.

Bis zur letzen Woche hatte ich nur gelegentlich das Bedürfnis zu heulen, meistens nur dann, wenn ich wirklich alleine war und "Zeit hatte", über alles nachzudenken.
Die letzten Tage überkommt es mich aber immer häufiger, langsam denke ich fängt mein Verstand an die Situation zu realisieren. Ich vermisse ihn, ich würde ihm noch so gerne so viel sagen, ihn noch einmal in den Arm nehmen usw.
Um das ganze irgendwie verarbeiten zu können, habe mich auch angefangen mit dem Leben nach dem Tod zu beschäftigen und ich bin davon überzeugt, das mein Paps weiterlebt, jedoch nur in einer anderen Welt und das es ihm nun wieder gut geht, keine Schmerzen mehr, keine Qualen.
Neben vielen Büchern habe ich sehr interessante Informationen von meiner Schwägerin erfahren, die selbst schon klinisch tot war und die Verstorbenen (deren Seelen) spüren kann. Seit dem geht es mir um einiges besser, da ich nun weiß, daß er nicht einfach für immereingeschlafen ist, sondern weiterlebt.
Elisabeth Ross-Kübler, die sich sehr mit dem Thema auseinandersetzt meinte: Der Tod ist nur das Umziehen in ein schöneres Haus.

Ich persönlich bin bislang nur auf verständnisvolle Freunde und Mitmenschen gestoßen, sie geben sich besonders viel Mühe und sind sehr einfühlsam. Was die Zeit bringt wird sich noch zeigen.
Jedoch bin ich mir dessen bewußt, daß mein Leben weitergeht und ich mich dem Alltag anpassen muß. Ich schäme mich nicht, wenn ich lache, ich unternehme auch mal was (natürlich keine Disco und Partys) und versuche meine Leben wie vorher weiterzuleben.
Ich bin 28 Jahre alt, mein ganzes Leben liegt noch vor mir, es ist wahr, ein Teil von mir ist wie tot, ich habe auch momentan kein Ziel, worauf ich mich freue. Auch der letzte Woche gebuchte Urlaub nach Mexiko läßt keine Vorfreude aufkommen, obwohl Urlaub für mich alles ist.
Ich denke, daß mein Papa traurig wäre, wenn ich mich jetzt abkaspeln und verkriechen würde, kein Lachen mehr auf meinem Gesicht sichtbar wäre.
Er weiß, daß ich trauere, er weiß, was ich wirklich fühle und er weiß, daß mein Leben weiter geht und es ist selbstverständlich, daß ich weiterlachen muß.
Ich werde ihn mein ganzes restliches Leben vermissen, werde ihn immer in Ehren halten, werde immer an ihn denken, immer mit ihm reden, ihn in mein Leben einbeziehen, aber ich muß auch nach vorne schauen und auch Rücksicht auf meine Umwelt nehmen (auch wenn es sich kraß anhört).
Es ist so, wie Ihr sagtet, bei uns ist der Tod ein Tabuthema und unsere Mitmenschen werden irgendwann nicht mehr verstehen, daß wir immer noch trauern oder es zumindest offen zeigen, von uns wird erwartet, daß wir uns zusammenreißen.
Und da ich sowieso nicht zu denen gehöre, die Ihre Trauer überall zeigen (nicht im Geschäft oder flüchtige Bekannte usw.) bin ich wie ich war, vielleicht etwas stiller, aber sonst die "Alte".
Meinen Schmerz und meine Trauer lasse ich dort raus, wo ich verstanden und akzeptiert werden.

Liebe Grüße
Karin
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