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Alt 12.04.2011, 13:28
Bianca_78 Bianca_78 ist offline
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Standard AW: Profil: Angehörige stellen sich vor...

Hallo,

mein Name ist Bianca, ich bin vor kurzem 33 Jahre jung geworden und eigentlich von Beruf Kosmetikerin/Masseurin.

Anfang Januar ´09 rief mich meine Mutter an, ob ich mal kurz vorbeikommen könnte. Gegen Abend als mein damaliger Freund (16-jähriger Beziehung) von der Arbeit nach Hause kam fuhren wir hin. Meine Mutter überbrachte mir da die Diagnose das sie an einem bösartigen Nasen-, Hals-, Rachenkarzinom inoperabel erkrankt sei. Für mich brach ein Welt zusammen und meine Mutter und ich fielen uns in die Arme. Mir fehlten jegliche Worte und ich kann bis heute nicht beschreiben was ich dachte oder wie ich mich fühlte. Sie erzählte mir, das eine 70 %-ige Heilungschance gäbe, wenn man gleich mit Chemos und Bestrahlungen anfängt. Jedoch war kein Bett frei und so mussten wir warten bis dies der Fall war. Über einem Monat später bekam sie dann ihren Platz in der Klinik. Das warten bis es endlich los geht und die Angst wurden von Tag zu Tag größer. Ich verbrachte jede Minute bei meiner Mutter bevor sie ins KH kam und auch währenddessen, denn meine Mutter und ich verstehen uns blendend und können über Alles reden. Schon wie beste Freundinen. Meine Mutter kam 1 Woche vor dem Einlieferungstermin rein, da sie das Essen verweigerte. Der Tumor war schon so groß geworden, dass ihr alles kauen im Mund weh tat. So kam sie rein und bekam nach 3 Tagen auch schon eine Magensonde gelegt wodurch sie die künstliche Nahrung bekam. Trinken konnte sie noch wie gewohnt. Die erste Chemo haute richtig rein. Jeden Tag nach der Arbeit und davor (jede freie Minute ging ich zu ihr) nach einigen Tagen kamen die Bestrahlungen hinzu (täglich außer an den Wochenenden und das auf höchster Dosis) Da sie einen Schrittmacher hatte musste darauf Rücksicht genommen werden, da er sich auch hätte verstellen können, was auch der Fall war und so mussten die Ärzte in einer anderen Klinik in wieder neu einstellen. Meine Mutter konnte nach einigen Tagen nicht mehr trinken. Der Hals schwillte zu und so bekam sie Medikamente, Essen, Trinken ... eben alles über Infussionen und die Magensonde. Es war/ist schlimm meine Mutter so zu sehen. Früher war sie so selbstbewußt, streng, man konnte ihr nichts anhaben und dann diese schwere Krankheit. Der Krebs hat meinen Mutter geknackt. Nie machte man sich die Gedanken um Krebs, da nichts aus der Familie oder aus den anderen Generationen bekannt war. Doch jetzt sehen meine Mutter und ich das ganz anderst. Hätte meine Mutter aufgegeben, hätte ich es auch getan. Meine Mutter sagte zu mir, ich habe sie am Leben erhalten. Wäre ich nicht gewesen, hätte sie nie gekämpft. Die Zeit in der Klinik war schlimm. Nachts weinte ich im Bett und war so verzweifelt weil ich nicht helfen konnte, ich konnte nur da sein und sie trösten. Es hat mich sehr verändert und mich auch ein Stück weit gebrochen. Doch wer denkt, das nach der Therapie alles wieder in Ordnung sei, der irrt sich gewaltig. Es ist ein auf und ab. Eine tägliche Angst, wenn sie nur einen Schmerz hat und man nicht helfen kann. Die Angst vor jedem CT,Blutuntersuchung oder HNO Arzt Termin ist immer mit unwohl, Panik oder Angst verbunden. Ich versuche immer Alles zu geben und sie aufzumuntern, ihr ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern und zu aufzuheitern. Doch ich kam/komme an meine Grenzen und das immer mehr. Zu Hause pflegte ich sie und reinigte auch die Magensonde. Ich lernte später zusammen mit ihr, wie sie wieder essen kann. Es war ein langer Weg, da sie keinerlei Geschmack hat und auch die Speichelbildung fehlt. Durch die Bestrahlung hat es viele Nebenwirkungen gegeben und auch das beidseitige Trommelfeld ist kaputt, wobei sie Ständig mit hochgradigen Entzündungen in beiden Ohren zu kämpfen hat. Ich könnte noch Stunden erzählen über diese Dinge, doch das sprengt den Rahmen und Angst möchte man anderen nicht machen.
Wie gesagt Anfang Januar 2009 bekam ich die Diagnose von ihr. Im selben Jahr April (mein Geburtstag) trennte sich mein Freund (nach 16 Jahren von mir) Unter anderem kam er mit mir auch so nicht klar und das ich mich in der schweren Zeit zurückzog, hat er nie verstanden. Ich hatte einfach das Gefühl ich muss da selbst mit meiner Mutter durch. Keiner auch nicht andere Familienangehörigen hatten/haben es auch heute nicht verstanden wie schwer die Zeit für meine Mutter war/ist... nur weil der Krebs zwar nicht ganz weg aber kaputt ist, heißt es nicht...dass wieder Alles in bester Ordnung ist. Im Gegenteil. Keiner weiß wie schwer es ist für den Patienten oder jemand der ihn immer begleitet ist, durch diesen Schicksalsschlag zu gehen. Es ist die Hölle. Nicht mal meinem ärgsten Feinden würde ich das wünschen. Doch ich glaube jeder hier in diesem Forum weiß das.
Nach der Trennung brach für mich eine Welt zusammen. Die Erkrankung die Trennung wurde mir alles zuviel. Ich merkte nicht das ich nichts mehr Esse und so erkrankte ich an Magersucht ect. zuvor auch im Monat April verlor ich angeblich der Wirtschaftskrise wegen meinen Job. Ich weiß so langsam nicht mehr wohin mit. Ich zog zu meinen Eltern, opferte mich auf. Bekam nur berufliche absagen, da ich zu alt sei und jetzt bin ich verzweifelt. Mir fehlt die Kraft. Ich hatte nicht einen Monat Zeit für mich um wieder zu mir zu kommen/zu finden. Ein Problem nach dem anderen. Die Reha wurde mir abgelehnt obwohl der Arzt mein Problem der suizied Gefahr bemerkte. Ich kämpfte immer und bin am Ende. Jetzt macht mir das Amt druck (jetzt nach der Pflegephase meiner Mutter). Ich soll für einen Euro Vollzeit putzen gehn. Ich habe Angst. Ich packe das nicht. Wie soll ich putzen wenn ich es nervlich nicht auf die Reihe bekomme. 1 Euro Toiletten schrubben auf die Stunde. Davon muss ich selbst den Sprit bezahlen. Ich habe Angst. Ich fühle mich von einem Tief in das nächste geschupst und weiß nicht wer mich überhaupt verstehen kann. Ich war bei einem Psychologen der meinte nach der 3. Sitzung ...es läge an mir. Ich solle mich zusammenreisen. Sie ist gesund und das Leben geht weiter. Doch jemand der das nicht selbst erlebt hat, kann dies überhaupt nicht verstehen und schon garnicht beurteilen. Meine Mutter hat so viele Tiefs (was normal ist laut Ärzte). An ein normales leben ist in den ersten 5 Jahren nicht zu denken. Im Gegenteil. Ich lasse mir nie was anmerken, doch meine Mutter merkt, das ich verzweifelt bin. Ich frage mich, worin der Sinn des Lebens ist. Warum lebe ich überhaupt.... mit meiner Mutter kann ich nicht mehr reden, seid ihrer Erkrankung. Sie hat genug Probleme und das würde ich ihr nie antun. Manchmal wünschte ich mir eine gute Freundin oder Freund der da ist und zuhört, doch davon kann ich träumen.

Naja, ich denke vielen hier geht es ähnlich und ich habe vor jedem Respekt der einen Angehörigen/Freund/ Bekannten ect. begleitet und alle Hochachtung an jeden Krebspatient der dem Krebs den Kampf angesagt hat. In der Bestrahlungsabteilung hing an Bild ... ein Frosch der einen Storch am Hals würgte, darauf ein Spruch "Niemals aufgeben" ... das ist zu meinem Motto geworden.

BITTE GEBT AUCH IHR NIEMALS AUF


Liebe Grüße,

Bianca
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