[dobbiie]

Liebe Ramona,
der unendliche Schmerz der aus jedem Deiner Worte klingt schneidet mir tief
ins Herz. Mich in einer ähnlichen Situation wie Du befindend weine ich mit Dir.

Tausendmal magst Du gefragt haben: „Warum gerade er?“, „Warum gerade jetzt?“,
„Warum gerade so?“. „Warum?“, „Warum?“, „Warum?“.

Du kannst diese Fragen hinausschreien oder leise flüsternd stellen, Der Himmel
wird die Antwort schuldig bleiben. Nur der Regen der Tränen gleich fällt, könnte
eine Antwort sein.

Oft treibt es mich hinaus und ich wandere ziellos umher. Eine meiner Wanderungen
führte über eine etwas abgelegene Straße. Beiderseits des Weges hoch aufragende
Bäume. Jetzt - im August - tragen sie noch ihren Blattschmuck. Prallgrün waren sie,
die Blätter die an den Zweigen hingen.

Und doch, säumten gefallene Blätter den Weg. Einige noch grün, weil gerade gefal-
len, andere schon welk.
Ich blieb stehen und dachte nach. Was hatte ihr Fallen verursacht? Waren es die hef-
tigen Winde der letzten Tage? Fehlte ihnen die Kraft zum festhalten? Oder war es
doch einfach nur „der Traum vom fliegen“?, wie einst von Alexandra besungen.

In diesem Moment dachte ich an den Baum des Lebens der viele Milliarden Blätter
trägt. Die Blätter deren Zeit gekommen ist, lösen sich und schweben herab. Neue
entstehen und sorgen dafür, dass der Baum des Lebens nie ohne Blattschmuck ist.

Während ich so dastand, schob ein zarter Lufthauch ein leise raschelndes, welkes Blatt
in meine Richtung.
Ich hob es auf und legte es behutsam an einem geschützten Ort ab. Es sollte nicht
im Vergehen noch zum Spielball launischer Winde werden. Ein etwas verrückter
Gedanke, aber in diesem Moment war mir danach zumute.

Liebe Ramona,
ich wünsche Dir von ganzem Herzen, dass Deine Gefühle der tiefen Trauer und Ver-
zweiflung einem Gefühl der dankbaren Erinnerung weichen.
Der dankbaren Erinnerung daran, dass Du Zeit seines Lebens die kleine Prinzessin
Deines Vaters warst.

Dobbiie