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Alt 18.12.2007, 12:09
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MichaelaBs MichaelaBs ist offline
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Standard AW: Adenokarzinome

Liebe(r) Sirdanny,

hier habe ich etwas zur Information über Erkrankungen der Pleura. So wird der Raum zwischen Lungenfell und Rippenfell genannt. Normalerweise befinden sich in diesem Bereich wenige ml Flüssigkeit, damit die Lungenbewegung beim Ein- und Ausatmen ungehindert verläuft und sich nicht an den Rippen reibt (bildlich gesprochen).
Aufgrund einer Erkrankung des Lungen- oder Rippenfells, wobei es anfänglich keine Rolle spielt, ob die Erkrankung gut- oder bösartig ist, bildet sich als Reaktion auf die Erkrankung im Pleuraspalt vermehrt Flüssigkeit, umgangssprachlich wird gern von "Wasser in der Lunge" gesprochen, es befindet sich jedoch nicht in der Lunge sondern im Pleuraspalt (es gibt auch gelegentlich Wasser in der Lunge, davon ist hier aber nicht die Rede). Je mehr Flüssigkeit aufgrund eines entzündlichen Prozesses gebildet wird, desto mehr weitet sich dieser ansonsten nur wenige mm breite Spalt und drückt sowohl auf die Lunge als auch gegen die Rippen (Raumforderung).
Eine Punktion bringt häufig Linderung, die Atmung klappt besser, die Stiche in den Rippen lassen nach.

Wenn es sich um eine Tumorerkrankung im Bereich der Lunge/Bronchien handelt und die Pleura mit involviert ist, wird vom malignem Pleuraerguss gesprochen. Es finden sich dann bei der Untersuchung Tumorzellen in dieser Flüssigkeit. Bis zu einem gewissen Grade kann punktiert werden, beim Fortschreiten der Grunderkrankung und des Befalls der Pleura kann es sein, dass nicht mehr punktiert wird um das Risiko der Verschleppung der bösartigen Zellen in andere Bereiche zu minimieren (z. B. im Einstichkanal). Nun gibt es verschiedene Möglichkeiten: die nichtabgezogene Flüssigkeit im Pleuraspalt verändert sich in einer Art Selbstheilungsprozess, Lungen- und Rippenfell verschwarten, an Stelle der Flüssigkeit sind nun die ehemals dünnen Felle dicker und leider auch weniger flexibel, auch sie fordern einen gewissen Raum, die Lungenblätter können sich unter Umständen nicht mehr so gut entfalten bei der Atmung wie zuvor. Bei der zweiten Möglichkeit kommt die Chemo zum Zuge, wie Bettina schon im Auszug von Dr. Gatzemeier schrieb, wirken die Medikamente auf die Pleura genauso wie auf die Lunge, ein Heilungsprozess wird durch eine Therapie initiiert. Darüber hinaus gibt es die Pleurodese, hier wird in der Regel zwischen die beiden Pleurablätter Talkum "gestreut", dies bewirkt eine künstliche Entzündung und als Folge die Verklebung beider Blätter. Es gibt dann keinen Spalt mehr, in dem sich Flüssigkeit ansammeln kann.

Ich spreche auch aus eigener Erfahrung, denn meine Wiedererkrankung im September 05 wurde durch einen Pleuraerguss festgestellt. Aufgrund dessen wurde ich sofort als inoperabel eingestuft. Ich wurde insgesamt dreimal punktiert, leider erfogte unter der Gabe der klassischen Erstlinientherapie eine Befundverschlechterung und ab da wollte mich der Onkologe nicht mehr punktieren (zuvor hatte es der LungenFA getan). Das Gewebe verschwartete (ob mit oder ohne Chemo), bei mir fand sozusagen eine Pleurodese ohne Fremdeinwirkung statt.

Regelmäßige Atemübungen sind sehr nützlich, denn die Verschwartung verhält sich ähnlich wie Narbengewebe, ist starrer, unbeweglicher und neigt zum Zusammenziehen (ein Leben lang). Je mehr Übungen ich also mache, desto besser kann ich gegen die Erstarrung angehen und meiner kranken Lunge eine gewisse Flexibilität erhalten, die sie dringend zum Ein- und Ausatmen braucht.

Nun nehme ich seit dem 30.01.07 Tarceva, eine Tablette statt Chemo, die sowohl im Bereich der befallenen Lungenlappen als auch der befallenen Pleura wirkt, eben wie bei Gatzemeier beschrieben. Zum Vergleich: eine Patienin, die an Brustkrebs erkrankt ist und Metastasen in der Lunge bildet, wird weiter mit Chemos und Medikamenten gegen BK behandelt, denn ihr Tumor, auch in der Lunge, bleibt ein BK-Tumor.

Eine Rippenfelloperation kommt in ganz wenigen Fällen zur Anwendung, hier im Forum habe ich nur in Bezug auf Rippenfellkrebs davon gelesen, es gibt ein Tagebuch von jemandem zum Nachlesen. Beim Bronchialkarzinom mit Befall der Pleura wird von einer Pleurakarzinose gesprochen und die wird m. E. nicht operiert, zumal Lungen- und Rippenfell auch anatomisch wichtige Bestandteile sind.

Hier zur Vertiefung etwas, was ich damals fand, als ich gerade über die Betroffenheit der Pleura mehr wissen wollte.
http://www.mevis-research.de/~hhj/Lu...tml#Metastasen

Ich hoffe, ich konnte mit meinem Beitrag etwas helfen. Sicher sind hier noch andere Betroffene, bei denen die Pleura involviert ist, gelesen habe ich es schon, doch leider merke ich mir auch nicht alles...
Vielleicht meldet sich noch die eine oder der andere?

Herzliche Grüße und alles Gute für Deine Schwiegermutter. Sie ist ja wirklich noch recht jung. Bei der Erstdiagnose war ich noch nicht ganz 49 und jetzt lebe ich mit der Wiedererkrankung schon über zwei Jahre (dazwischen lagen 2 Jahre "Ruhe").

Bitte informiert Euch so genau wie möglich, aber macht Euch nicht verrückt, auch nicht mit Krankheitsverläufen der Vergangenheit.

Michaela

Geändert von MichaelaBs (18.12.2007 um 14:52 Uhr) Grund: muss ml statt mm heissen...
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