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Alt 17.07.2012, 05:17
anjou anjou ist offline
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Standard AW: Dermatofibrosarkom protuberans

Ihr Lieben (insbesondere Schmatte, Lenalie und Annabell, mit denen ich auch auf andere Art Kontakt hatte),

ich erhielt am Wochenende von Schmatte den Hinweis aufs Sarkomzentrum in Höchst und habe mich gleich gestern Morgen ab 8 ans Telefon gehängt. Tatsächlich war die Sekretärin unheimlich nett und ich erhielt einen Termin am Nachmittag (,übrigens ohne Erwähnung meines Privatpatienten"bonusses").
Es gibt also bei einigen Ärzten noch Gerechtigkeit......
Ich nahm meinen Bruder und meine Mutter (wollte sie unbedingt!!!!) mit. Ich fühlte mich schon im Vorfeld so, als würde ich nochmals zum ersten oder zweiten Staatexamen antreten, na ja, es war ja auch eine Art "Prüfung", die ich am gestrigen Tag absolvieren musste. Eigentlich ist diese ganze Krankheit eine einzige Prüfung, zumindest fühlte ich mich seit der Diagnose im Dauerstress......
Dann die Frage auf dem Bogen: "Essen Sie schlechter, seitdem Sie die Krankheit haben?" Da musste ich doch fast grinsen..... Natürlich isst man schlechter, aber erst, wenn man von der Krankheit WEISS!!!!!
Ich hatte mich auf ein längeres Warten eingestellt, darauf hatte mich die Sekretärin vorbereitet.
Dann das Gespräch: Zuerst berichtete ich von meinem Fall, er hörte aufmerksam zu. Dann besah er sich genau den Pathologiebericht und die Narbe. Er fotografierte sie und schallte das Gewebe um die Narbe. Er hat mir gesagt, vor 4-6 Wochen würde er nicht ein zweites Mal schneiden wollen, weil
1. der Gewebsrand jetzt schon tumorzellenfrei war (kleiner als 1mm zwar, aber immerhin)
2. das plastische Ergebnis bei einer jetzigen OP krass schlechter sei. Worauf ich nur sagte, dass mein Rücken mir ziemlich zweitrangig ist......
Wenn sie in Höchst schneiden, wird jedoch nicht während der OP das Gewebe untersucht, da das Ergebnis sowieso "nicht sicher" sei. Bestrahlung schloss er übrigens aus.
Die üblichen CTs und MRTs werde ich - je nach Termin - auf jeden Fall machen; die Wahrscheinlichkeit einer Streuung besteht, aber sie ist bei dem Sarkom wirklich gering.
Am Samstag geht es - wie geplant, für eine Woche - nach Italien. Meine Kinder sind selig, obwohl ich das schlimme Wort mit "K" nicht erwähnt habe. Aber meine Mutter hatte ihnen bereits am Freitag gesagt, dass ich eine schwere Krankheit habe.

Ich habe (wahrscheinlich) ziemliches Glück im Unglück gehabt. Dafür gibt es mehrere Gründe. Zum einen habe ich einen Bruder, der Doktor der Biochemie ist, in der Krebsforschung arbeitet und deshalb einige namhafte Onkologen kennt. So konnte ich an diesem letzten Freitag, dem 13., an dem ich die Diagnose von einem unfassbar inkompetenten Chefazt im Marienkrankenhaus mitgeteilt bekam und mich schon mehr tot als lebendig sah, im Uniklinikum in der Onkologie bereits ein sehr viel differenzierteres Urteil zur Kenntnis nehmen. An dieser Stelle greift mein zweites Glück, beim zweiten Mal gleich ins KH gegangen zu sein, wo der Befund direkt in der Pathologie im Klinikum untersucht wurde. Mein drittes Glück: Ich komme aus der Rhein-Main Region, wo es -durch die Lage bedingt - in der Regel Spezialisten für alles gibt. (Übrigens werde ich mit Sicherheit noch einen offenen Brief an das KH schreiben, in dem ich mich über diesen Privatdozenten beschwere..... Wie kann man jemanden eigentlich für den nächsten Tag einbestellen und dann die Krankheit - wenn man sie schon nicht kennt - nicht zumindestens ein Mal googlen? Wie kann man jemandem tatsächlich sagen, dass diese Form des Sarkoms zu 50% streut und bei einer Bösartigkeitsskala von 1-10 bei 9 angesiedelt ist?????? Und jemandem so eine Angst machen, dass man ihn direkt nach dem Wochenende für drei Tage stationär einweisen lassen möchte, um alle "nötigen" Untersuchungen und im Anschluss eine Strahlenbehandlung zu machen....?)
Mein nächstes wichtiges Glück: Schmatte hat mir die Info über Prof. Schwarzbach gegeben; so bin ich überhaupt nur auf ihn gekommen. Und zu guter letzt (aber nicht am wenigsten wichtig!!!!): Es gibt unglaublich viele Leute hier, die mir privat geschrieben oder mich angerufen haben und mir Mut gemacht haben.
Ich werde weiter schreiben, wie es mir ergeht, denn ich bleibe Krebspatient, auch wenn es momentan nicht so schlecht aussieht. Dieses Forum ist wirklich Gold wert und es gibt unglaublich viele liebe und engagierte Leute hier.
10000 Dank dafür und ganz liebe Grüße
Anjou

P.S. Na ja, mit dem Schlaf klappt es immer noch nicht so gut, aber ich bin zuversichtlich......